20130904 Madeira, wir kommen

Mittwoch, der 4.09.’13


10.19h Ausfahrt aus der Lagune Alvor

Der Start ist gut: Wir schlagen den Kopf des Großsegels an, um notfalls auf Genua und Groß wechseln zu können, falls das – für die vorhergesagte Windstärke und -richtung – bevorzugte Segel, der Parasailor, aus irgendeinem Grund nicht funktionieren sollte.
Wie ein balzender Truthahn zieht er uns – mit stolz geschwellter Brust – an Lagos vorbei in Richtung Cabo de Sao Vicente.


Kusshand an Lagos und die „Vivenda Miranda“

Bis 12.00h. Dann ist es aus mit der Balz. Der Wind fächelt nur noch matte Lüftchen aus wechselnden Richtungen und lässt den Parasailor aussehen wie ein überdimensioniertes Handtuch, das hier an den Rändern einfällt, um dann an anderer Stelle wieder unförmige Beulen zu bekommen. Die kreuz und quer laufenden Wellen, die die PIA ordentlich schaukeln lassen, tun ihr Übriges.
Wir tun nichts, d.h. wir üben „die Entdeckung der Langsamkeit“.
Das ist hart.
Gegen 17.00h ist Besserung in Sicht. Von zuletzt 1,9kn Speed hangeln wir uns langsam hoch über 3,5 auf ab und zu 4,2kn.
Unversehens sind wir mitten im Verkehrstrennungsgebiet, das man ja zügig und senkrecht zur Fahrtrichtung des Schiffsverkehrs kreuzen sollte. Mit unserer derzeitigen Speedbremse können wir keinen Motor einschalten, da das Segel dann sofort einfallen und sich verheddern würde.
Ein kontrollierender Blick auf das Spinnakerfall macht unsere morgendliche Diskussion, das Segel auch in der Nacht stehen zu lassen, mit einem Schlag obsolet. Der Führungsbogen für das Fall (unterhalb der Mastspitze) ist einseitig ausgerissen und die Führungsöse abgebrochen. Sie baumelt im Fall, unterhalb einer 20cm langen, von der Ummantelung freigescheuerten Stelle.


Das hätte schwer ins Auge gehen können

Unserem Schutzengel sei Dank! Er war im rechten Moment vor Ort und hat uns vor großem Schaden bewahrt. Dank Parasailor sind wir nicht schneller gefahren, als er fliegen konnte!!!

Der Parasailor ist schnell abgeborgen, Groß und Genua gesetzt und es geht mit 8-10kn hurtig aus dem Verkehrstrennungsgebiet hinaus und in die Nacht hinein.
Meine Wache bis 23.00h verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Für Peter (zwischen 23.00h und 3.00h) wird’s leider nicht so gemütlich. Wir hatten die – sich zum Bug hin öffnenden – Fenster in „Lüftungsposition“ eingerastet. Eine, durch das Netz hochschwappende Welle nutzt die Chance, einen kräftigen Schwall Salzwasser durch den schmalen Spalt zu pressen und die Salonpolster mit eben diesem zu tränken. Peter ist zwei Stunden mit der Beseitigung der gröbsten Schäden beschäftigt.

Donnerstag, der 6.09.‘13

Die Stunden zwischen 3.00h und 7.00h verlaufen wieder unspektakulär.
Der Morgen zeigt, dass zwei kleine Oktopusse im Bestreben, ihren Häschern zu entkommen, wohl den falschen Fluchtweg genommen hatten. Sie liegen, uns mit wachen, blauen Augen anschauend, leider schon ein wenig eingetrocknet an Deck.

Nachmittags umspielen Delphine unser Schiff.

Die zweite Nacht auf See ist kohlrabenschwarz: weder Mond noch Sterne sind zu sehen. Selbst die Konturen der Pia lassen sich nur in unmittelbarer Nähe einer Lichtquelle erkennen. Es wäre sehr anstrengend und ermüdend, müsste man – wie die ersten Seefahrer – als Wachhabender ständig in dieses unendliche Schwarz spähen. Heute übernimmt das Radar ganz zuverlässig diese Arbeit. Es zeigt mir, dass ich zweimal großen Frachtern ausweichen sollte, indem ich per Knopfdruck dem Steuerautomaten (der hoffentlich niemals ausfallen wird) befehle, ein paar Grad abzufallen.
Am nächsten Morgen hat sich die See ein wenig beruhigt, so dass wir im Cockpit gemütlich frühstücken können.

Danach gönnen wir uns wechselweise ein Nickerchen.
Die Nachtwachen sind inzwischen zu unserer beider Zufriedenheit geregelt; ob der Tagesrhythmus aber auch noch einem strengen Wachschema unterworfen werden soll, wird zur Zeit noch heftig und kontrovers diskutiert.


Ein Ausblick zum Verlieben, oder?

Um 17.00h hebt sich am Horizont eine kleine Seepocke von der Wasseroberfläche ab. Land in Sicht oder genauer: Porto Santo! Laut Navi sind wir noch 40sm entfernt und werden – bei gleichbleibender Windstärke – in ca. 5Std. ankommen.

Peter legt sich hin. Plötzlich: Fischalarm! Die Angelleine rauscht tickernd und knarrend aus, die Angel selber ist deutlich nach unten gebogen. Peter, durch meinen Schrei aufgeweckt, stürzt hinzu und löst die Bremse. Gefühlte 1000m Angelleine rauschen aus, bis wir es schaffen, eine dosierte Bremse hin zu kriegen. Das Motto: „halb zog sie ihn, halb sank er hin“ stimmt nur zur Hälfte. Hinsinken will der fette Brocken überhaupt nicht! Ich kurbele mir die Seele aus dem Leib.
Peter will mir die Arbeit erleichtern, indem er die Segel auffiert, um damit die Geschwindigkeit aus dem Schiff zu nehmen.
Ein markerschütternder Schrei lässt mich zusammenzucken. Peter hat die Fingerspitzen zwischen Leine und Winsch eingeklemmt. Die weißen, gequetschten Fingerglieder scheinen leicht nach oben gebogen zu sein und lassen Schlimmstes vermuten. Aber nach der ersten Schockstarre kann er die Finger wieder bewegen und die Durchblutung setzt ein…und wie!! Ein Cent-großes Stück Haut muss vom Mittelfinger, ein kleineres Stück vom kleinen Finger entfernt werden. Nun könnte man sagen: Operation gelungen…und nicht – Patient tot – sondern … Fisch weg.
Der eingeholte Haken ist stark aufgebogen. Es wäre wohl eine fette Beute gewesen, die wir aber unter den gegebenen Umständen weder töten, noch zerlegen, noch mit Genuss hätten verspeisen können.
Dafür erleben wir eine wunderschöne Dämmerung, in der sich die vor drei Stunden erkannte „Seepocke“ rapide vergrößert.


Noch fünf Minuten bis zum Untergang…

Übrigens lässt sich am Zeitpunkt des Sonnenuntergangs (20.20h) leicht erkennen, dass wir uns 900km weiter nach Westen bewegt haben, da die Sonne in Alvor bereits um 20.03h im Meer versank.
Um 23.15h bergen wir die Segel, schalten die Motoren ein und nähern uns – die vorgelagerte Insel „Ilheu de Cima“ ,(mit dem hohen Gipfel) vorsichtig umschippernd – der stark beleuchteten Strandpromenade von Porto Santo.
Beim ersten Kontakt mit der Marina konnte man uns nicht sagen, ob ein Platz am Gästesteiger frei sein würde oder ob wir ankern müssen. Beim Herantasten erkennen wir aber ein freies Plätzchen an selbigem, binden das Schiff (nach genau 60Std. Fahrt) um 0.10h an und fallen müde und sehr erleichtert – nach einem Bierchen – in die Betten.
Erwähnen möchte ich noch Petrus‘ Geschenk an uns: 2 ½ Tage strahlenden Sonnenschein mit der besonderen Serviceleistung eines kräftigen Regens in der Nacht nach der Ankunft, der die millionenfachen Salzpocken von der PIA abspült.


Zum Wohl! …auf alle Daumendrücker, auf Petrus und auf uns!!!!
(PS.: Eure Daumen haben nun – bis zur nächsten Beanspruchung – viel Zeit, sich von der Quetschung zu erholen!!!!)

20130903 Abschied vom magisch-magnetischen Dreieck

Es ist Dienstagabend, der Vorabend unserer Abfahrt in Richtung Madeira.
Die letzten drei Tage, ein Revival des magisch-magnetischen Dreiecks, verfliegen wie im Zeitraffer. Von Ayamonte nach Westen, der untergehenden Sonne entgegen,

spät abends der Ankerfall in Ferragudo (vor Portimao);

dann Sonntag, der 1. September, ein Tag wie aus dem Urlaubs-Bilderbuch:
Strahlender Sonnenschein, wenig Wind, Hitze, die den wiederholten Sprung ins kühle Nass genießen lässt,
eine Wanderung entlang der Felsenküste

und ein abschließendes Abendessen mit Blick über die Bucht (auf die friedlich schwimmende PIA) in der untergehenden Sonne.


Gott in Frankreich lässt grüßen…

Am Montag geht’s zum Tanken und Verproviantieren nach Lagos, um heute ein letztes Mal Alvor anzulaufen, Tom und Jerry „Auf Wiedersehen“ zu sagen und am Abend das Schiff auf die ca. viertägige Reise vor zu bereiten.


Ein bißchen Wehmut beim „Abschiedsdrink“

Für alle unsere Leser gilt: Daumendrücken, dass der Wettergott nur Gutes mit uns im Schilde führt und dass wir uns am Wochenende – mit einem Glas Sekt zuprostend – an dieser Stelle wieder melden können.

20130830 Laranjeiras

Nomen est Omen? Beim Klang dieses Namens entsteht in meinem Kopf das Bild eines kleinen, portugiesischen Örtchens, inmitten üppig blühender Orangenhaine an den Ufern des Guadiana.
Die Realität sieht anders aus. Bereits während der Taxifahrt von Faro nach L. müssen wir feststellen, dass die herrlich leuchtenden Farben des Frühlings einem verbrannten Gelb-Braun gewichen sind. Eine schwüle Hitze liegt über dem Land.
Hätten wir Minusgrade, würden wir nun – mit Genuss – in unser kuschelwarmes Schiff steigen.
Jetzt aber wäre ein Sprung in eiskaltes Quellwasser der „Joker“ schlechthin.
Die Alternative, ein „mitternächtliches“ Bad im Fluss, ist uns nicht ganz geheuer.
Donnerstagmorgen (22.08.2012)
Es klopft an der Bordwand. Nein, es ist nicht Paul, der sich während unserer Abwesenheit um die PIA gekümmert hat.
Riesige Nester abgebrochener oder entwurzelter Bambusstauden werden in der starken Strömung flußabwärts getrieben und klopfen dabei an die im Fluss ankernden Schiffe. Auch Baumstämme und großes, belaubtes Geäst treiben in der Flut.
(Für alle Landratten nun ein erstaunliches Phänomen: Hier in Laranjeiras, das ca. 30 km von der Flussmündung entfernt – im Landesinneren liegt – spürt man Ebbe und Flut des Atlantik: Ungefähr sechs Stunden strömt das Wasser FLUSSAUFWÄRTS!!!, um dann – nach kurzem Stillstand wieder von der Ebbe „zurückgesaugt“ zu werden. Da wir im Moment Vollmond haben und damit „Springtide“, ist die Strömung für einige Tage besonders stark und die Wasserstände sind recht hoch. Treibgut, das sich auf dem Weg in Richtung Atlantik nicht irgendwo am Ufer verhaken kann, kommt – in etwa gleicher Formation – ungefähr 6 Std. später wieder an uns vorbei.)
Dazu weht ein heißer „Wüstenwind“. Wie von einer gigantischen Turbine angesaugt, fegt die Luft, die über den ausgetrockneten Hügeln auf etwa 40°C angeheizt wurde, durch das Flusstal.

Auf unserer „Insel der Seligen“ – mitten im Fluss hockend – fällt uns auf, dass der Magen nach ein wenig Arbeit verlangt. In der kleinen Bar gegenüber gibt’s kein Frühstück. Dank Paul, der uns zum Supermarkt nach Vila Real de Santo Antonio fährt, wird der Magen am frühen Nachmittag wohlig gefüllt und Kühlschrank wie Gefriertruhe nehmen – nach 5 Wochen Pause – Schwerstarbeit auf.

Der Plan für die nächsten Tage:
– Schiff an den Steg legen und von Vogelmist und Sand befreien,
– Reparierte Trampolin-Netze wieder einflechten
– Zerrissene Flaggen flicken
– Außenborder (mal wieder) reparieren
Das alles erledigen wir südländisch gemächlich, da man ansonsten mit dem Trinken nicht nachkommen würde. Fast unbemerkt verwandelt sich dieses zunächst so wild und wuchtig wirkende Fleckchen Erde bzw. Fluss in eine friedliche Idylle.


Morgenstimmung am Steg


Senile Bettflucht: Peter vor der Bootsreinigung,
Paul (auf dem Weg zur Quelle, um die Wasserkanister zu füllen)


Hannes musste „durchs Netz“ fallen, um die erschreckende Erkenntnis zu gewinnen, dass der Faden, mit dem das Netz in die Fassung eingesteppt war, nicht UV-beständig war. Paul baute das Trampolin ab und versteppte es neu.


Abendstimmung nach getaner Arbeit


Wochenende: gefühlte 1000 Segelboote treten den Weg zum Seglertreffen in Alcoutim (9km flussaufwärts) an. Heute haben die Optis ganz guten Wind,


in der sonntäglichen Flaute geht’s aber nur im Schlepptau zurück…


Montagmorgen: Punkt 4 der to-do Liste: Außenborder-Reparatur


Die Pforte zur Außenborderklinik


Wird die OP gelingen?
(Ja, aber erst nach dem 2. Eingriff)


Blick zurück auf Laranjeiras


flussabwärts


Regina und Matthias sind angekommen und wir verbringen einen sehr schönen und unterhaltsamen Abend mit ihnen


Der Tag der Abreise ist gekommen. Es heißt mal wieder Abschied nehmen von Menschen, die wir sehr lieb gewonnen haben…


…Paul…


…Regina und Matthias…

Nun steht uns noch eine aufregende Sache ins Haus bzw. Schiff: Die Unterquerung der Autobahnbrücke zwischen Castro-Marim (Portugal) und Ayamonte (Spanien), die bei Normalwasserstand eine Durchfahrtshöhe von 20m hat. Die Höhe unseres Mastes über Wasser ist (incl. Antenne) 21,20m, d.h. wir können die Brücke nur bei Niedrigwasser passieren. Da wir im Moment Nipptide haben, wird das Wasser wahrscheinlich gerade so weit fallen, dass wir mit kratzender Antenne durchschieben können.
Unmittelbar vor der Brücke dreht Peter den Cat um, um notfalls mit Vollgas – gegen die Strömung – vom bedrohlichen Hindernis wegfahren zu können…
Hier die Bilder:

Nach einem sehr heißen Tag in Ayamonte sind wir wieder in den Fluss geschippert, um dort – im sanften Abendwind – den Sonnenuntergang zu erleben und morgen in aller Frühe in Richtung Alvor aufbrechen zu können.

20130821 Alles was uns lieb und teuer ist…oder

Unsere Rückkehr zur PIA
Der um 14 Tage verschobene Abreisetag ist so schnell gekommen, dass wir – trotz des „Zeitgewinns“ – mit den noch unbedingt zu erledigenden Aufgaben (eigentlich wie immer) – in größte Hektik geraten.
Die Abfahrt zum Flughafen Hahn ist für 13.30h festgelegt. Das Mietauto steht – mit geladenem Gepäck – vor der Tür, nur mein Saab soll vor der Abreise noch schnell in die Werkstatt gebracht werden. Gesagt, getan. Peter treibt mich zur Eile an, steigt ins Mietauto und fährt vermeintlich los. Ich, rückwärts aus der Garage herausfahrend und dabei – wie immer – den Begrenzungspfeiler hinten rechts fest im Auge behaltend, übersehe den Mietpolo der „Tarnfarbe Silbergrau“. Es rummst. Die Stoßstange des Polo weist auf der linken Seite eine fette, verkratzte Beule auf und ist dort aus der Halterung gesprungen.
Auf der Autobahn schauen wir in den Mietvertrag. Aufgrund des außergewöhnlich hohen Tagesmietpreises von 90€ gehen wir davon aus, dass die Vollkasko-Versicherung, im Schadensfall, ohne Selbstbeteiligung des Mieters in Kraft tritt. Verflixt!!! Das ist uns bisher noch nie passiert. Wir sind mit 850,-€ Kostenbeteiligung dabei. Ein Tribut an die Hektik?
Das Missgeschick diskutierend, versäumen wir, die Autobahn zu wechseln, müssen einen 20minütigen Umweg in Kauf nehmen und geraten – vor Rheinböllen – in einen Stau. Diesmal wird Ryan-Air wohl auf zwei treue Kunden verzichten müssen…
Nein, mit hängender Zunge erreichen wir den Check in-Schalter. Peter muss aber noch das demolierte Auto wegbringen und den Unfallbericht erstellen.
Zwei der drei Kontrollbänder fürs Bordgepäck schließen. Ich nähere mich auffällig und frage nach, ob ich den Koffer meines Mannes auch kontrollieren lassen könne. Ja, mit Boardingcard, die ich natürlich nicht habe.
In letzter Sekunde kommt Peter angehetzt. Koffer öffnen, Laptops raus, verdächtige Schiffselektronik raus, Kontrolle, alles o.k.
Das Priority-Boarding ist zwar beendet, aber schnellen Schrittes eilen wir dem Ende der „normalen“ Schlange entgegen, bis ein gebieterisches „Stop“ uns halten lässt. „Bitte stellen Sie Ihre Boardcases auf die Waage!“ Ein leicht triumphierender Blick signalisiert uns: „Ertappt“. 13.5 kg und 13,8kg liegen weit jenseits der Toleranzgrenze.
Unerwartetes Nachsehen wird uns zuteil, als die gestrenge Dame uns anbietet, das Übergepäck des einen Koffers in den anderen um zu laden, wodurch wir statt der 60€ pro Gepäckstück nur 70€ für das Übergewicht eines Koffers zahlen müssen.
Die Maschine startet pünktlich, bietet uns drei Stunden lang lautes Kindergeschrei und setzt uns wohlbehalten in Faro ab. Nun aber schnell zum Taxi.
Dem Taxifahrer nennen wir das Ziel. Er schaltet sein Taxameter ein, fährt los, hält wieder mit munter spulendem Gebührenzähler, fragt seine Kollegen, wo das denn sein könne und startet wieder mit unveränderten Fragezeichen im Gesicht.
Hat er eine Landkarte? Nein. Hat er ein GPS? Ja, aber wohl noch nicht sehr oft benutzt. Langsam vorwärts rollend, gibt er den Ortsnamen in verschiedenen Schreibweisen ein, die dem GPS wohl alle spanisch vorkommen. Erst als wir ihm die korrekte Schreibweise nennen, spuckt das Gerät mindestens zehn Vorschläge aus. Nach längerem Abwägen entscheiden wir uns für Laranjeiras in der Nähe von Alcoutim. Das erweist sich als Volltreffer, den wir nach einer Stunde Fahrt für 120,-€ erreichen.

Happy End: Paul, der sich die ganze Zeit um unser Schiff, das im Fluss zwischen Anker und Mooring lag, gekümmert hat, erwartet uns und lädt uns noch zu einem Willkommensbier ein. Er hat unser Dinghi an den Steg gelegt. So schippern wir – nach einem herrlichen Sonnenuntergang – weit nach Einbruch der Dunkelheit über den Fluss zur PIA und fallen – nach dem provisorischen Beziehen der Betten – rechtschaffen müde in dieselben.

Macht Segeln müde?

Offensichtlich! Hier die eindeutigen Beweise…


Morgens, gegen 11.00h, nach dem Frühstück…


Mittags, gegen 13.00h…


Während der automatische Steuermann Kurs hält…


VOR dem Abendessen…

…was aber nicht bedeutet, dass wir des Segelns müde seien…
Dennoch heißt es, für eine Weile Abschied nehmen, einerseits vom Segeln, andererseits von Cadiz, einer Stadt, die uns sehr, sehr gut gefällt und uns mit ihrem quirligen Treiben sehr an La Coruna erinnert.


Das Fort von Cadiz: Zwischen den Continenten


Altstadtgasse


Gummibaum in Ufer-säumender Parkanlage


Stadthaus
Am Mittwoch, dem 26.06.’13, der für Karl und Ursel das Urlaubsende bedeutet, werden wir für sechs Wochen (zum Heimaturlaub) nach Hause fliegen. Dort warten einige zu erledigende Arbeiten auf uns, andererseits aber auch ein paar Highlights, auf die wir uns schon lange freuen.
Vier Wochen wird die PIA unter der Ägide eines anderen Skippers – Hannes Cramer mit seiner Crew – segeln. Er kennt die PIA sehr gut, da er sie bereits von Tunesien nach Deutschland überführt hat. Wir wünschen der neuen Crew herrliche, sonnige und erholsame Tage an der algarvinischen Küste, unseren Lesern einen schönen Sommer (wo auch immer Ihr Euch befinden möget) und sagen einfach „Tschüss“ bis zum 7. August.

Kurzer Bilder-Nachtrag zum fröhlichen Crew-Wechsel


Der künftige Kapitän spielt und schmettert Seemannslieder


Gemeinschaftsproduktion: Ursel zieht, Hannes drückt


Beim Seefahrer-Friseur


Die gutgelaunte neue Crew mit Karl und Ursel
von links nach rechts: Detlef, Hannelore, Irena, Karl, Ursel, Hannes

Das magnetische Dreieck: Lagos, Alvor, Portimao

wird verlassen.


Portimao: Praia da Rocha am Abend

Nach einer Woche weiteren Wartens auf Ersatzteile und den reparierten Außenborder kommen Karl und Ursel mit Schweizer Köstlichkeiten und diversem Delikatessen-Nachschub an. Im Gepäck scheinen sie außerdem den Sommer zu haben, der sich mit ziemlich hohen Temperaturen augenblicklich breit macht.
Wir behalten das Mietauto einen Tag länger und wiederholen die Sightseeing-Tour, die wir mit Fritz und Rosi ins Landesinnere machten: Monchique,


Auf dem Monchique…


Stürmische Westküste…

Carrapateira (dem Top-Wellensurferstrand) und Cabo Sao Vicente, das auch von der Landseite betrachtet nichts von seiner imposanten Schroffheit verliert.


Thronbesteigung

Erste Amtshandlung am nächsten Morgen: Beschattung der Salonfenster. Es ist gleich merklich kühler im Salon aber wir befinden uns damit auch – im wahrsten Sinne des Wortes – auf der Schattenseite des Lebens: Alles wirkt dunkler und das Leben draußen zieht ungesehen an uns vorbei..
Gegen Mittag brechen wir auf, um die östliche Algarve Stück für Stück zu erobern, nicht ohne einen Ankerstopp vor den Grotten von Armacao de Pera einzulegen.

Diesmal wird die kleine Pia – mit Peter, Karl und Ursel an Bord – von einem zuverlässig schnurrenden Außenborder durch die Grotten geschoben.
Abends machen wir in Albufeira fest.
Freitag, 14.06.13 In der von allen Seiten windgeschützten Marina entwickelt sich ein Brutklima, das uns orientalisches Feeling vermittelt. Das Szenario in der Mittagszeit: Eine sengende Sonne von oben, nicht die Spur eines Windhauches, Bauchtanzgedudel vom Nachbarschiff, zwei Männer, Peter und Karl, die sich in den schattigen Bauch des Schiffes verzogen haben, Ursel und ich – Zank-Patience spielend – unter dem Schatten des Bimini im Cockpit…

Nur mit viel Überwindung können wir uns aufraffen, gegen 16.00h einen Spaziergang ins sehr touristische Städtchen zu machen, der bald in einem Café enden und einen sehr schönen ausgedehnten Ausklang bei Apero und Abendessen hoch über dem Atlantik finden wird.

Am Samstag geht’s weiter in Richtung Faro (herrliches Parasailor-Segeln)nach Culatra, einer kleinen Insel, die eine weitläufige Lagune zum Atlantik hin begrenzt. Hier wollen wir den Watermaker in Betrieb nehmen. Das wird spannend…


Nach dem Ankerfall: das obligatorische Ankerbier…

20130606 PIA schwimmt wieder

Donnerstagmorgen, 30.05.‘13
Der Travellift rollt nicht – wie uns zugesagt – um 10.00h, sondern erst um 14.00h an. So haben wir noch Zeit für ein erstes Frühstück mit Martin und Anna. Während des Transportes darf niemand an Bord der PIA sein aber unmittelbar vor dem Einsetzen ins Wasser werden Skipper und Gäste von einem Gabelstaplerlift auf unser Schiff gehievt.

Catamaran und Mannschaft werden behutsam ins Wasser gesetzt, während ich das verwaiste Dinghi abhole…
Beruhigendes Schnurren der Motoren, kein Widerstand beim Einlegen der Gänge, rohe Gewalt ist überflüssig. Das tut gut. Wir legen in der Marina Portimao an und gönnen unseren Turteltäubchen einen Spaziergang am Strand.
Am Freitag tuckern wir an der Felsenküste entlang – Richtung Albufeira – werfen Anker hinter dem Leuchtturm von Alfanzina, um dort – in den Wellen schaukelnd – ein kleines Mittagsmahl zu nehmen, das von einem Teil der Mannschaft später zu Fischfutter recycelt werden soll.
Ja, der Rückweg nach Alvor, unserem geliebten Ankerplatz in der Lagune, muss hart erkämpft werden. Der ungemütliche Amwindkurs bei konstanter Windstärke 6 (Böen 7), mit gerefftem Groß und kleiner Fock, lässt bei 10-11kn Fahrt so manches Gesicht nicht mehr rosig erscheinen. Um 21.00h erreichen wir die Lagune, d.h. Ankermanöver mit Hilfe von Satellitennavigation, Decksbeleuchtung und viel Gefühl!
1. Versuch: Anker rutscht
2. Versuch: Anker befördert Reuse ans Tages- bzw. Nachtlicht
3. Versuch: Endlich! Er hält!
Samstagmorgen: Wir würden unseren Gästen gerne die Düne und den schönen Strand von Alvor zeigen. Aber: Der Außenborder will nicht. Gutes Zureden, Schimpfen, Benzin pumpen – nichts hilft. Alle Versuche, ihn nach dem Starten am Laufen zu halten, scheitern.
Ist er beleidigt, weil seinem großen Bruder so viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, während er verwaist an einem verlassenen Ponton herum dümpeln musste?
Wir beschließen, die Lagune zu verlassen, nach Lagos zurück zu gehen und von dort aus – mit einem besser gelaunten Außenborder – einen Ausflug in die Grotten zu machen.
Gesagt, getan. Der Anker ist frei, aber Pustekuchen! Ich versuche Gas zu geben aber wir bewegen uns kaum von der Stelle. Rückwärtsfahrt, gefährliche Nähe zur Sandbank. Noch einmal Ankerfall, Drehung in die andere Richtung….die Ankerwinde ackert enorm und …fördert ein äußerst stabiles Fischernetz mitsamt Geäst zu Tage.

Peter und Martin machen das Dinghi bereit, um – mit Messern bewaffnet – das Netz ab zu schneiden. Ein Fischer, der unser Manövrieren wohl beobachtet hatte, eilt herbei und bietet seine Hilfe an. Ja, prima, danke!!! Endlich können wir den „Haftgrund“ von Alvor verlassen und ich weiß, dass ich ein weiteres Ankern in der Lagune aufs Heftigste boykottieren werde.
Den Sonntag verbringen wir – bei herrlichen Temperaturen und Sonne – in Lagos und mieten uns für die Grottenfahrt in einem der vielen Touristenboote ein.
Von den Profis werden wir äußerst geschickt durch die bizarren Felsformationen geschippert.

Der Tag findet einen wunderschönen Ausklang im Restaurant „Café do Mar“, in das die Beiden uns – zum Abschluss ihres Aufenthaltes auf der PIA – zum Essen einladen.

Diesseits und jenseits vom Aperitif

Montag bedeutet Abschied nehmen. Martin und Anna durchstreifen ein letztes Mal die Altstadt von Alvor, holen sich Gänsehaut im erfrischend kühlen (17°C) Wasser des Atlantik, eine leicht gerötete Nase beim anschließenden Aufwärmen in der Sonne und nehmen den 17.00h Zug nach Faro. Von dort werden sie morgen wieder ins regnerische Deutschland zurückkehren.

Für uns geht die Arbeit weiter. Peters Bereich, das äußere Schiff, muss von Salz befreit werden und der Reserve-Dieseltank sollte eine Grundreinigung bekommen. Die „Innenhygiene“ fällt in meinen Bereich und bedeutet Putzen und Wäschewaschen. Dafür sollten wir genügend Zeit haben, da der zur Reparatur gebrachte Außenborder erst am Freitag abgeholt werden kann.
Aber wie war das noch mit dem Loben des Tages VOR dem Abend?
Die Reinigung des Reservetanks und das anschließende Entlüften der Dieselleitungen rauben uns den letzten Nerv und unendlich viel Zeit. Erst am Mittwochnachmittag können wir wieder in eine Ankerbucht vor Portimao rauschen. Dort fetzt die aus der Hand gerutschte Bodenplatte des Bades ein Loch in die Seitenwand und in meine gute Laune. Habe ich nicht gerade genug gespachtelt und gemalt? Wenigstens funktioniert Peters Wasserfilterwechsel.
Zum Glück gibt es nach solch frustrierenden Ereignissen doch immer wieder den Silberrand an der dunklen Wolke, diesmal in der Gestalt von Gabi und Rolf, mit denen wir einen sehr aufmunternden und lustigen Abend – vor ihrer Abreise in Richtung Cadiz verbringen.

20130530 Eine Woche Arbeitslager

Es gibt viel zu tun: Packen wir’s an…
Wir machen uns an das „Abarbeiten“ der to-do-Liste, gönnen uns – abgesehen vom Sonntag – keine Pause und arbeiten emsig wie die Bienen.
Hier ein paar Fotos…


Ein wunderschöner Sonntag mit unseren Schweizer Segelfreunden, Hans und Danielle, die nach Portimao gekommen sind, um von hier aus die nächste größere Segelreise (5 Tage) nach Madeira anzutreten.


Sunchaser: Begutachtung der Mastspitze und des Führungsringes für das Spi-Fall…


Suchbild: Wo ist Peter? …………………Er befindet sich 4m über dem Boden.


Reinigung der Unterseite des Spoilers
Wenn das der Arbeitsschutz sähe!!! Wo ist die Sicherung? …die muss die „Missstände“ gerade fotografisch dokumentieren…


Aufarbeiten der alten Propeller für den Notfalleinsatz…

Kein Bild von der Ausbesserung der Schandmale „anstößiger“ Annäherungen an fremde Stege. Sie sind gespachtelt, geschliffen und übermalt. Es bleibt der Phantasie des Lesers überlassen, ob er sich eine Verschlimmbesserung oder kosmetisches Lifting vorstellt.
PIAs Rümpfe bieten halt eine ausladende Angriffsfläche für weitere Herz-zerfetzende Manöver dieser Art!

Die immer mal wieder anfallende Grundreinigung von Fendern, Festmacherleinen, Scheuerleiste und Teakdeck sei hier nur am Rande erwähnt, erklärt aber vielleicht, wo die Zeit geblieben ist.

Der zunächst von uns „in Eigenleistung geplante“ Antifowling-Anstrich des Unterwasserschiffes mit „Höherlegen“ des Wasserpasses wird – wegen des geringfügigen Preisunterschiedes an die Werft vergeben.
Der eigentliche Grund für den Landausflug der PIA, das defekte Getriebe, ist fachmännisch, schnell und im gesetzten Zeitrahmen repariert worden und hört und fühlt sich – nach der heutigen Wasserung – sehr gut an.
So können wir mit unseren, gestern angereisten Gästen, Martin und Anna, fast pünktlich in See stechen.

20130522 „Hoch und Trocken“…

liegt die PIA mal wieder auf dem Gelände einer Schiffswerft in Portimao. Und das hat seine Gründe. Dreimal hakte das BB-Getriebe, dreimal kamen wir mit flatternden Nerven und mäßigen Schäden an der Außenhaut davon; es muss kein viertes Mal geben.
Nach erster Überprüfung in Lagos ist man davon überzeugt, dass der Fehler im Saildrive liegt. Um den herausnehmen zu können, muss die PIA allerdings an Land, was – wegen ihrer Breite – jedoch nur in Portimao möglich ist.
Also machen wir uns auf den Weg nach Portimao. Pünktlich um 14.00h wird die PIA von einem gewaltigen Travellift an Land gehievt.

Nach der Reinigung des Unterwasserschiffes ist auch schon der Monteur zur Stelle.

Fleißig, schnell, mit gekonnten Handgriffen und – wie uns scheint – mit viel Sachverstand baut er den schweren Saildrive aus und nimmt ihn mit, um das defekte Ersatzteil auszubauen und ein neues bestellen zu können.


Blick in den Motorraum: Auf dem rechteckigen, weißen Loch saß einmal ein Saildrive…

Nach dem Demontieren des Propellers kommt ein rotes „Gewölle“ zum Vorschein. Angelschnur!!! Wollten wir – statt Fischen – den eigenen Propeller ködern? Liegt darin vielleicht auch zum Teil die Ursache für das „Haken“?

Nun sitzen wir auf der „Veranda“ unseres aufgebockten „Hausbootes“, überblicken ca. 100 „Nebenlieger“, schauen nach hinten auf Auto- und Bahnbrücke und über den Bug – sehnsüchtig – in Richtung Bucht, ohne jedoch Wasser erkennen zu können.

Beobachtungen am Rande:


Ein „niedliches“ Detail des neben uns liegenden Schattenspenders..
(Motoryacht: L 34m, H 10m, B 8m)

20130518 Die Lachnummer

Yes, I can…Ich kann mit dem Außenborder umgehen! Und wie!
Es ist Samstagmorgen. Wir brausen zum Joggen an Land…oder auf Land?
Ich sitze an der Ruderpinne und chauffiere meinen Göttergatten mit Vollgas Richtung Anlege-Ponton. Plötzlich: Motorversagen?
„Hilfe, Peter, der Motor ist wieder kaputt!“
„Ich hab‘ Dir gesagt, bleib weg von der Sandbank!“
Ein letzter Motorseufzer, dann steckt die Schraube im Sand. Führerwechsel. Peter geht an die Pinne, ich schnappe mir ein Paddel. Das Dinghi mutiert zum Stocherkahn.
Drei „Leichtgewichte“ im Heck, d.h. Peter, Außenborder und Benzintank erzeugen ein gewaltiges Gefälle vom Bug zum Heck und wirken wie ein Sandbagger.
Im Bug (der sich inzwischen 20 cm über der Wasseroberfläche befindet) stehend, versuche ich, rechts und links stochernd, das Boot von der Sandbank zu bewegen, bewirke allerdings nur ein klägliches Hin- und Herpendeln der Bugspitze.
Hab‘ ich mich da verhört? Aus dem schweren Heck brummelt da so etwas wie: „Lachnummer“!!!!
Wenn Augenblitze töten könnten…

Anmerkung des Autors: Die Ungleichgewichtigen sitzen gerade in harmonischer Ausgewogenheit beim Frühstück…