20160726 Guadeloupe, Martinique Juni/Juli

Antigua liegt hinter uns, die Garantie-Inspektion der neuen Motoren vor uns und damit ist die Reiseroute vorgegeben. Meile für Meile geht’s nun in den Süden. Nach einem heißen Ritt mit z.T. 35kn Wind erreichen wir (am 19.6.) Deshaies an der NW-Küste von Guadeloupe, das uns nicht gerade freundlich begrüßt.
Im Gewittersturm müssen wir ankern, um anschließend – tropfnass – wenigstens eine Genugtuung zu haben:
Außer uns ist auch die PIA Regenwasser-geduscht und völlig salzfrei.

Vor uns liegen „Jasina“ und „Bona Dea“, die wir ein wenig beneiden, da sie eine der heißbegehrten Bojen erwischt haben.

In der Nähe der Jasina zu liegen bedeutet in der Regel, gutes Internet zu haben, da die beiden – Regina und Matthias – einen untrüglichen Spürsinn für gutes und günstiges WiFi haben und dementsprechend über alle Geschehnisse in der Welt bestens informiert sind. Natürlich kommen wir am nächsten Morgen in den Genuss dieser Annehmlichkeiten und werden zusätzlich von Monica und Toni mit frischen Croissants begrüßt.

Deshaies, ein wunderschönes Örtchen, mit einem grandiosen Strand, einem ebensolchen Botanischen Garten, perfektem WiFi sowie einer prima Bäckerei mit Café verleitet viele Segler weitaus länger zu bleiben, als ursprünglich vorgesehen. Auch wir werden hier 11 Tage „bodenständig“.

Drei Tage später gedenkt Deshaies des schrecklichen Flugzeugabsturzes einer Boing 707 der Air France am 22.Juni 1962. An der Gedenkfeier in den Bergen, oberhalb des Örtchens können wir nicht teilnehmen aber die Bild- und Text-Dokumentation in der Bibliothek (die auch von Einzelschicksalen der Fluggäste berichtet) ist so beeindruckend, dass wir beschließen, zwei Tage später mit einem Mietauto zur Absturzstelle zu fahren.
Die letzten 1000m gehen wir zu Fuß. Die Straße, gesäumt von blühenden Büschen und Regenwald, windet sich den Berg hoch bis zu einer Art Plateau, über dem sich die Baumkronen wie zu einem stillen, feierlichen Gewölbe zu schließen scheinen. Ein einfacher Gedenkstein mit den Namen der 133 Toten erinnert an das schreckliche Geschehen.

Auf dem Sockel des Gedenksteines: zwei Tafeln mit den Namen der 133 Toten…

Der „Friedwald“, der mit der Zeit über die Trümmer der Boing wachsen wird, verleiht der Stätte eine würdevolle und gleichermaßen berührende Ruhe.

Das Gesehene macht nachdenklich…

Ganz anders geartete Gründe, ein wenig länger zu bleiben, heißen: Fußball-EM. Peter schaut schon seit Tagen nach Möglichkeiten, zumindest die wichtigsten Spiele anschauen zu können.
In der „Lagon“, einem beliebten Ausflugslokal am großen Strand von Deshaies findet er den passenden Bildschirm und kann – zu seiner großen Freude – zwei Spiele anschauen.

Ein weiteres Highlight unseres Aufenthaltes in Deshaies ist die Wanderung auf Guadeloupes Vulkan,

„La Soufrière“ (die Schwefelgrube)

Mit seinen knapp 1500m Höhe ist er nicht nur der höchste Berg Guadeloupes, sondern der gesamten Antillen.
Besonders spannend finden wir die Tatsache, dass „La Soufrière immer noch aktiv ist und im Jahr 1977 die letzte Eruption hatte. Werner Herzog, der sich zu dieser Zeit in Basse Terre befand, erlebte die viermonatige Evakuierung der Stadt mit und muss – mit beeindruckendem, authentischem Material – einen großartigen Film produziert haben: „La Soufrière – Warten auf die unausweichliche Kathastrophe“

Mit dem Mietauto schlängeln wir uns an der Westküste entlang, bis Basse Terre, um dort in Richtung St. Claude, dem Zentrum für Vulkanologie und Seismologie, am Fuße der „Soufrière“ abzubiegen. Hier steht die Aktivität des Vulkans unter strenger Beobachtung.
Unsere Wanderung beginnt, an den „Bains Jaunes“ einem Wasserbecken, das von warmen, leicht Schwefel-haltigen Quellen gespeist wird und auf etwa 1000m Höhe liegt.

Vom satten Grün des umgebenden Regenwaldes tropft der Regen, der uns nicht im Geringsten stört.

Bäche stürzen über Felsbrocken,

Farne sprießen aus Spalten

Moose und Algen in allen Farben klammern sich an glatte Steine.

Der herrliche Duft des regennassen Waldes wird später, weiter oben, vom Geruch umher wabernder Schwefelschwaden abgelöst werden.

Die große Schlucht, eine 100m tiefe Spalte…

Nach diesem einzigartigen Erlebnis wollen wir uns noch den Botanischen Garten von Deshaies ansehen. Hoch oben über der Bucht angelegt, zeigt er nicht nur tausende, hier heimischer Pflanzen, Bäume und Kakteen, sondern auch einen künstlich angelegten Wasserfall, mehrere Seerosenteiche mit Koi-Karpfen, kleine überbrückte Bäche, Flamingos, Papageien einen Streichelzoo für Kinder und vieles mehr…
Pflanzen und Blütenliebhaber kommen hier voll auf ihre Kosten.

Am Donnerstag, dem 30.6. verlassen wir die schöne Bucht von Deshaies. Ob wir Matthias und Regina noch einmal sehen werden, bevor sie in den Pazifique gehen???

Toni und Monika treffen wir beim nächsten Stopp auf den Iles des Saintes. Zum fünften Mal laufen wir nun diese Inselgruppe an und spüren schon fast ein wenig heimatliche Gefühle. Eine kleine Wanderung mit den beiden zum Schnorcheln vor dem „Pain de Sucre“ bietet eine schöne Abwechslung.

Eine kleine Geschichte am Rande: am Samstagmorgen machen zwei Turteltauben an unserer Nachbarboje fest. Er fährt schwungvoll an die Boje, sie schafft es nicht, anzubinden. Auch der zweite Versuch misslingt. Beim dritten Mal greift er ein.Dann verschwindet man zum Turteln unter Deck.
Als wir von unserem kleinen Ausflug zum „Pain de Sucre“ zurückkehren, können wir ein bedauernswertes Szenario beobachten. Die Yacht hat sich losgerissen, ist abgetrieben, wurde auf die Felsküste der Ilet de Cabrits getrieben, von wo sie gerade abgeborgen wird.

Als gar nicht angenehm erweist sich die neuerliche Reparatur der BB-Toilette. Die scheußlichen Folgen der schweren Haltearbeit in vornüber gebeugter Stellung, stark schwitzend, dem Wind des kühlenden Ventilators ausgesetzt sind: Schlimme Rückenschmerzen mit einer eventuellen Bandscheiben-Protrusion.
Die Wanderung am nächsten Tag auf „Terre de Bas“ müssen wir deswegen abbrechen. Aber es hat Spaß gemacht, mal an Bord einer Fähre zur nächsten Insel zu gelangen.

Die Halbfinal-Spiele der EM: Wales gegen Portugal sowie Frankreich gegen Deutschland erleben wir hier. Zusammengedrängt zwischen Fussball-fanatischen Franzosen und vor allem Französinnen, die die Spieler bei jedem Sturm aufs Tor lautstark anfeuern, in Tröten blasen, das mir fast die Ohren abfallen und ihre üppig geformten Allerwertesten abräumend hin- und her schwingen, sitzt Peter gespannt vor dem Bildschirm, während ich überlege, wie ich meine Ohren am besten vor dem Getöse schützen kann.

Lautstarker Jubel, das Schwenken der Tricolore, sich zuprostende Menschen in den Straßen würden jeden, der das Spiel nicht gesehen hat, sofort erkennen lassen, dass nicht Deutschland der Gewinner war.

Die Vorbereitungen zur Abfahrt nach Martinique verlaufen diesmal ein wenig anders. Da Peter stark gehandycapt ist, muss ich die schweren Arbeiten übernehmen, während Peter mir assistiert. Nun ja!! Es würde auch in dieser Aufstellung funktionieren.

95sm bis zur Grande Anse d’Arlet, weitere 15sm bis zum Ankern vor St. Anne und wir haben, trotz vieler Segelstunden – statt der geforderten 50 Motorstunden bis zur Garantie-Inspektion – nun 100 Stunden auf dem Zählwerk. Aber das ist kein Problem.

Ab Dienstag, dem 12.7. werden die Motoren inspiziert, Änderungswünsche von Peters Seite erfüllt, eine zusätzliche Beschattung in Auftrag gegeben und diverse Dinge von uns überholt, gereinigt oder entrostet. Um nicht immer am heißen, windstillen Ponton liegen zu müssen, ziehen wir es vor – wie die Nomaden – morgens „anzureisen“ und abends wieder in „unserer“ Bucht vor Anker zu gehen.

Voraussichtlich wird die heutige Nacht unsere letzte auf diesem schönen Ankerplatz sein, da wir morgen, nach dem Tanken, nach St. Anne fahren werden, um dort die PIA auf die 400sm Reise nach Bonaire vorzubereiten.

Man darf uns für die Überfahrt die Daumen drücken und den Wettergott um seine Gunst bitten…

Also: Bis demnächst!!!

20160715 Antigua im Juni

Nach wunderschönen erholsamen Tagen zwischen den Iles de la Petite Terre machen wir uns auf nach Antigua, der nördlichsten Insel unseres diesjährigen Karibik-Aufenthaltes.
Hier findet alljährlich die Antigua-Week statt, DAS Regatta-Highlight der Karibik, das am letzten Sonntag im April beginnt und nicht nur die internationale Spitze des Regatta-Sports anzieht, sondern ebenso alle, die sehen und gesehen werden wollen.

Wir erfahren von diesen, Millionen-schweren, schwimmenden Prachtstücken nur aus der Presse. Als wir am 13.Juni dort ankommen, wirkt Antigua wie ausgestorben. Die Hurrican-Saison hat begonnen und die Super-Megayachten sind – entweder auf eigenem Kiel oder – huckepack – auf einem dieser gigantischen Yacht-Transporter unterwegs ins Mittelmeer.

Der Yachttransporter „Superservant 4“, hier auf Martinique.
170m lang, 32m breit, 12642t schwer. Er kann die gesamte Ladefläche absenken, um die Yachten einfahren zu lassen…
Gigantisch! Für weitere Informationen: Google fragen.

Lediglich eine nicht ganz so große, blitzneue Motoryacht wartet – vor unserer Nase liegend – auf ihren Eigner, während die 10-köpfige Crew von morgens bis abends mit Putzen und Polieren beschäftigt ist.

Einklarieren werden wir im historischen „English Harbour“, der mit „Nelsons Dockyard“ zum Schönsten gehört, was die Insel zu bieten hat. 1745 erbaut, wurden die Werft-Anlagen zum bedeutendsten Marine-Stützpunkt Großbritanniens in der Karibik und zu Ehren ihres Volkshelden, des Admirals Lord Nelson, nach ihm benannt.

Die Staatsangestellten der Immigrations- und Zollbehörde – die uns als sehr penibel die Etikette wahrend und auf strenge Einhaltung der Anmeldeformalitäten achtend – beschrieben wurden, empfangen Peter um 15.50h betont lässig und bitten ihn, doch morgen wieder zu kommen, da man nun in den wohlverdienten Feierabend gehen möchte. Und selbstverständlich dürften wir uns – auch ohne einklariert zu haben – in Nelsons Dockyard frei bewegen. (Normalerweise kann das Betreten von Festland, ohne einklariert zu haben, strafrechtlich verfolgt werden).

Wir genießen den abendlichen Spaziergang durch Nelsons Dockyard.

Kaum haben wir den Fuß an Land gesetzt, tauchen wir ein in die alt-ehrwürdige Atmosphäre dieser stilvoll restaurierten Anlage. „Very british“, gediegen und irgendwie heimelig wirken die Backstein- und Natursteinbauten auf uns. Antike Schilder über oder neben dem Eingangsportal weisen auf die frühere Verwendung der Gebäude hin…

“Copper and Lumber Store“

„Engeneers‘ Offices with Pitch and Tar Store below“

„The Dockyard Bakery“ etc.…

Eine rote Telefonzelle erinnert wohl eher an die neuere Vergangenheit.

Zwei Tage mieten wir ein Auto, um einmal die Westküste mit hübschen Stränden und den beiden Yachthäfen Falmouth-Harbour und Yolly Harbour, sowie den Kreuzfahrerhafen von St. John zu besuchen und am zweiten Tag die Ostküste mit ein paar Abstechern ins Landesinnere zu machen.

Kaum haben wir Nelsons Dockyard verlassen, stehen wir vor dem ersten Hindernis: Mitten auf der Straße wird eine Autopanne behoben. Zwei Möglichkeiten bieten sich uns: Entweder wir nehmen einen etwa 10km langen Umweg in Kauf oder wir warten, bis die Panne (in karibisch zielstrebiger Manier) behoben sein wird.

Da wir heute noch ein wenig von der Insel sehen möchten, entscheiden wir uns für die erste Variante.

Begeisterung kann das Inselinnere – mit seiner eher trockenen Vegetation – nicht hervorrufen.

Die umgebenden Traumstrände sind nicht für jedermann zugänglich. Sie befinden sich zu 90% in der Hand von Ressorts. Die herrlichen Ankerplätze der Ostküste sind – durch vorgelagerte Riffe – zwar gut vor der Atlantikwelle geschützt, können aber teilweise nur über trickige, schmale Durchfahrten von See her erreicht werden.

Berührend ist der Besuch von „Bettys Hope“, einer ehemaligen Zuckerrohrplantage, mit der einzigen, noch funktionsfähigen Windmühle der Karibik (die zum Quetschen des Zuckerrohres betrieben wurde).

Zur Zeit der Sklaverei lebten hier 310 Sklaven, über deren Leben und Arbeit in der Plantage in Schautafeln berichtet wird.

Heute sprießt das Gras aus den Überresten der Gebäude und ein leichter Wind des Vergessens streicht über diese schöne Anhöhe.

Leider will die Sonne an diesem Tag nicht spektakulär im Meer versinken. Wir hätten von den „Shirley Heights“, den zum Dockyard gehörenden militärischen Anlagen – hoch über dem „English Harbour“- einen fantastischen Ausblick gehabt. Dennoch ist der Blick über die „Freemans Bay“ im Vordergrund und den dahinter liegenden „Falmouth-Harbour“ irgendwie dramatisch beeindruckend.

Wir ankern in der Freemans Bay und staunen nicht schlecht, dass sich – beim Blick aus der Tür – mehrmals täglich eine andere Kulisse bietet und unsere ankernden Nachbarn anscheinend hin und wieder auf Tuchfühlung gehen wollen.
Schuld daran sind die wechseln Winde und Strömungen, die aus unterschiedlichen Richtungen kommen und die Boote gegeneinander drehen.
Wie schön, dass wir nur vier Nachbarn haben! Nicht auszudenken, was für ein Ankerwooling entstehen muss, wenn – wie zur Antigua-Week – hier 30-40 Boote ankern!
Wahrscheinlich wird man dann den seltenen Anblick ankernder Yachten haben, an deren Seiten – zum Schutz vor unliebsamen Berührungen – alle zur Verfügung stehenden Fender baumeln.

Manche Bereiche dieser Bucht sollte man beim Ein- oder Ausfahren tunlichst meiden, da es unter Wasser so aussieht:

Nach sechs Tagen verlassen wir Antigua, um nun endlich (mit längeren Wartungs-bedingten Zwischenstopps auf Guadeloupe und Martinique) die Reise in den Süden anzutreten.