20140120 Las Palmas, Gran Canaria

Montag, 20.01.2014
Eigentlich sollte es erst am Dienstag (21.01.)nach Gran Canaria gehen aber unsere Pläne scheinen in der letzten Zeit gemacht zu sein, um sie schnellstens wieder zu verwerfen.
Das Auto, das wir für 4 Tage mieteten, wird nach 3 Tagen wieder abgegeben. Die geplante Tour zu den „Besenwirtschaften“ in Teneriffas Weinregion wegen Kälte und Regen gestrichen, die für den Freitag vorgesehene Stadtbesichtigung der Universitätsstadt La Laguna (Weltkulturerbe) lassen wir nicht ausfallen, aber sie fällt buchstäblich ins Wasser. Der gesamte Freitag ist dunkelgrau, das Thermometer erreicht gerade mal 10°C und ein unangenehmer, heftiger Wind treibt uns unablässig Regen ins Gesicht. Ein versöhnendes Highlight an diesem trüben Tag ist der urgemütliche, wohlig BEHEIZTE Dorfgasthof in Güimar mit seinem „Sterne“-verdächtigen Menü.
Für den Sonntag ist die Reinigung des Unterwasserschiffes vorgesehen. Aber bei uns beiden ist plötzlich die „Ich hab’s satt-Stimmung“ da. Irgendwie hält uns nichts mehr auf dieser Insel. Wir wollen so schnell wie möglich weg, schauen noch einmal die Wettervorhersage an und sehen, dass die Bedingungen auch am Sonntag gut ein sollen. Nun geht alles ganz schnell. Abmelden und Liegegebühren im Hafenbüro zahlen, Eis und Wasser per Auto herbeischaffen, Auto abgeben, Schiff segelfertig machen, früh schlafen gehen, um dann am Sonntagmorgen – wie geplant – um 8.00h auszulaufen.

Wir sind angekommen!


Am Willkommenssteiger von Las Palmas‘ Yachthafen…

Traditionell navigierend, ohne Elektronik. Das geht auch! Aber seit gestern wissen wir, dass die Entscheidung, (den noch zu installierenden) Ersatz-Steuerautomaten zu kaufen, goldrichtig war. Elf Stunden Rudergehen im Zweistunden-Rhythmus (davon 8h „am Wind“) zeigen, dass wir das zu zweit nicht über einen längeren Zeitraum leisten könnten.
Bei den 2-3m hohen Wellen, die in einem Winkel von etwa 45°auf uns zu rollen, kann man das Steuerrad nicht loslassen. Man spürt den enormen Druck auf die Ruderblätter und – nach getaner Arbeit – den auf die Schulterblätter und Schultern. Der Freigänger hat nicht wirklich frei, da der Rudergänger seinen Platz nicht verlassen kann und er für jede Segeloperation oder jedwede Handlangertätigkeit zur Verfügung stehen muss. Unachtsamkeit (beim Ansteuern der Wellen)wird sofort mit einer Salzwasserdusche bestraft. Auch da muss der Freigänger wieder übernehmen, um dem Tropfnassen das Umkleiden zu ermöglichen.
Die Einfahrt in den Hafen wird noch einmal sehr spannend, da sich eine Hilfsleine unter einen Mastrutscher geschoben und um die Befestigung des Backstags geschlungen hat, um so das Fallen des Großsegels zu verhindern. Nach dem dritten vergeblichen Versuch befürchten wir, vor Anker und in den Mast gehen zu müssen. Dann kommt die rettende Idee: Backstag lösen, Richtung Bug ziehen, rütteln. Es klappt. Segel runter, Fender raus, Festmacher ausgelegt, angelegt am Gästesteiger, Abendessen… und um 21.50h (haben wir bisher jemals so früh im Bett gelegen???)
…seliges Schnarchen.

20140114 Und immer noch: TENERIFFA

Für den Samstag (11.01.) haben wir einen Ausflug geplant. Klaus und Liane, die Peter aus Süba-Zeiten kennt, verbringen die Wintermonate (ihres „Unruhestandes“) hier auf Teneriffa.
Sie laden uns zu einer Inselrundfahrt ein. Im neuen Auto geht’s zunächst in Richtung Teide, dessen schneebedeckte Spitze sich glitzernd vom stahlblauen Himmel abhebt.

Er ist DIE Wochenend-Attraktion!

Myriaden und Hekatomben von Tenerfenos sind auf den Berg gepilgert, um sich – mit Schneebrocken in der Hand – fotografieren zu lassen oder sie in Tüten oder Taschen herum zu tragen. Kleine Kinder, vermummt wie Eskimos, stecken ihre Händchen in den Schnee oder quietschen vor Freude, wenn sie auf dem Schlitten über die holprigen, nur zum Teil mit Schnee bedeckten Steinfelder gezogen werden. Schneespaß auf Teneriffa!

Die Beiden zeigen uns wunderschöne Orte, die wir bisher nicht gesehen haben.

Beeindruckt sind wir von einer alten Klosteranlage in der Nähe von Orotava. Mit wenigen, architektonisch sehr geschickten Änderungen hat man die Klosteranlage in eine touristische Attraktion verwandelt. Wie zu Klosterzeiten wirkt der gesamte Komplex autark, heute mit diversen Restaurants, Bodegas, Terrassen-Café unter Arkaden und einer Delikatessen-Boutique mit Produkten aus (größtenteils)eigener Herstellung.
Verschüttetes Gourmetfeeling ist augenblicklich wieder da bei dem, was sich dem Auge des Betrachters bietet: Dunkles Brot mit Körnern und Nüssen, Torten, nach deutschen Rezepten hergestellt, Florentiner, diverse Öle und Essige, Weine, Käse, iberischer Schinken, Hochprozentiges von Morand;
Hm, da flimmert es auf der Zunge…
Schnell haben wir Etliches in Tüten und Taschen gefüllt, um die Schätze ins Auto zu tragen.
Zum späten Mittagessen bewirtet uns die Bodega mit Deftigem, äußerst Schmackhaftem und einer herrlichen Erdbertorte zum Dessert. Und die begleitende Show zu unserem Essen: Rad schlagende Pfauen, eifrig pickende Hühner – unter und zwischen den Tischen – und ein gebieterisch krähender Hahn, der seinen Harem in Schach zu halten versucht.
Wir schlendern noch eine Weile durch die schöne Anlage, müssen uns dann aber auf den Heimweg machen, da die Sonne um 18.20h untergeht und wir noch ein paar Ausblicke auf die Nordküste genießen wollen.

Angekommen in Los Gigantes, an der Westküste Teneriffas, beschließen wir den herrlichen Tag mit einem Gläschen Wein im Appartement von Klaus und Liane und werden anschließend von den beiden zurück gebracht zu unserem Schiff, das immer noch in San Miguel, an der Südspitze Teneriffas liegt.

Es liegt und liegt und liegt…allerdings inzwischen wieder in der Mitte des Hafenbeckens, an der Stelle, wo es vom Überspannungsschaden erwischt wurde.

Und wir??? Peter telefoniert mit der Versicherung, den Yachtelektrikern, prüft hier, kontrolliert dort, poliert manches, schmiert und ölt anderes und macht die letzten Tauchgänge zur Erlangung des Open- Water-Diver-Certificates.

Und ich bin nicht neidisch! Im Gegenteil! Ich genieße das unkomplizierte Atmen über Wasser, Sonne und Wärme und erledige die Arbeiten, die zu Hause oder in einem Ferienappartement auch anfallen würden: Einkaufen, Waschen, Nähen, Ausbessern und Putzen.
Nur, dass es hier im Moment nicht ganz so komfortabel zugeht.

Der nächste Supermarkt liegt etwa 5km entfernt, jenseits der Hotelburgen und Golfplätze, auf ungefähr 300m ü.N. Die Bevorratung frischer Lebensmittel ist bei nicht funktionierenden Kühlgeräten stark eingeschränkt und der Transport von 10kg Eiswürfeln im Gepäckträger unserer wackeligen Klappfahrräder jedesmal eine schlingernde Herausforderung.

Da auch der Wassermacher nicht funktioniert und Frischwasser nur am Steg zu bekommen ist, gehen wir mit unseren Wasservorräten ein wenig sorgsamer um.

Dennoch ist das alles – aus der Sicht eines wahren Seefahrers – Jammern auf hohem Niveau.

Vor 100 Jahren gab es weder Kühlschränke noch komfortable Herde und Backöfen auf Segelschiffen. Man ernährte sich von Lebensmitteln, die getrocknet, gesalzen oder in anderer Form konserviert werden konnten.
Und was das Segeln betrifft sah die Situation nicht sehr viel anders aus. Es gab zwar bereits Seekarten und Sextanten für die Astronavigation aber weder Steuerautomaten noch Satelliten-Navigation.

Heute genügt ein Blick aufs Display, um in Sekundenschnelle zu erfassen, wie der Kurs durchs Wasser oder über Grund ist, wie hoch die Geschwindigkeit durchs Wasser oder über Grund ist, die Windgeschwindigkeit, die zurückgelegten Meilen, die – mit der augenblicklichen Segelgeschwindigkeit – errechnete, voraussichtliche Ankunftszeit am Ziel…und eine leichte Knopfdrehung, um dem Steuerautomaten die Richtung vorzugeben.

Fazit: Segeln wie vor 100 Jahren könnten wir heute mit unserer PIA auch… Aber ohne Elektronik ist alles soooo unkomfortabel!!!

„Was für Weicheier“ sagt da der gestandene Seefahrer.

Um diesem Image nicht ganz zu entsprechen werden wir in der kommenden Woche – so Wind und Wetter das zulassen – nach Gran Canaria segeln…
…handgesteuert und handgekoppelt…

20140107 Die Lage…

ist ernst aber nicht hoffnungslos. Das Stimmungsbarometer, das zwischen den Jahren immer weiter Richtung Null sinkt, zeigt seit dem 3.01.2014 wieder eine zarte Tendenz nach oben.
Herr Linke, der von der Versicherung geschickte Sachverständige, reißt uns aus Lethargie und trüben Gedanken heraus, indem er uns aktiv mit einbezieht in die Suche nach der Schadenursache.
Die Inspektion der Schiffshaut lässt keine Spuren eines Blitzeintrittes erkennen. Auch die akribische Betrachtung der Borddurchlässe innerhalb des Schiffes lässt nicht auf ein solches Ereignis schließen. Peter inspiziert und fotografiert alle Borddurchlässe von der Unterwasserseite, kann aber auch hier keinen Beweis für den eventuellen Austritt eines Blitzes finden.
Dennoch stellt sich heraus, dass die Steuerbordseite stärker geschädigt wurde als die Backbordseite, da hier weder Heizung, noch Tankanzeige, noch Kühl- und Gefrierbox, noch Lichtmaschine funktionieren. Ein kleiner Lichtblick im Dilemma ist das Wieder-Aufleben der Lichtmaschine nach einem Sicherungswechsel.
Der 4.01.2014 bestätigt unsere schlimmen Vermutungen. Ein Überspannungsschaden hat die gesamte Bordelektrik zerstört. Herr Linke tröstet uns mit der Aussage, dass wir nun unsere Weiterreise evtl. um zwei Monate verschieben müssen, dass wir uns aber – bei einem direkten Blitzeinschlag – mit einer Teil-Zerstörung des Schiffskörpers sicherlich ein ganzes Jahr hätten gedulden müssen.
Hatte ich nicht schon einmal erwähnt, dass Geduld nicht zu unseren Stärken gehört? Ab sofort heißt es: Üben, üben, üben… denn nur das macht bekanntermaßen den Meister.

Unser Übungsprogramm für die nächsten Tage (Wochen, Monate???):
-Warten auf das Gutachten des Sachverständigen
-Warten auf die Stellungnahme der Versicherung
-Warten auf die Genehmigung zur Bestellung neuer Geräte und deren Lieferung bei Zusage
-Warten auf die Bordelektriker, die hoffentlich aus Hooksiel anreisen dürfen
-Warten auf die Wiederherstellung des Urzustandes…

Unser Zeitvertreib zwischendurch:
-Zentnerweise Eiswürfel herbei schleppen für die defekten Kühler
-PIA wieder auf Hochglanz bringen, Fender reinigen und Edelstahlteile polieren, den Bart am Unterwasserschiff beseitigen, knarrende Scharniere ölen
-Ab und zu einen Ausflug in die Unterwasserwelt machen, um anschließend – wegen der doch recht
niedrigen Wassertemperatur – einen Aufwärmtag zu benötigen. (Anmerkung: Unsere Tauchlehrerin
Marimar hat mich doch noch überreden können, den Basic-Kurs abzuschließen)

-Leute treffen, Schwätzchen halten, um dabei zu erfahren, dass auch andere Segler ihre Reisepläne wegen langwieriger Reparaturarbeiten verschieben müssen

-Und das Wichtigste überhaupt: Telefonieren mit Oma und unseren Kindern, Philipp und Isabel, die redlich bemüht sind, unsere Stimmung aufzuhellen. Das tut gut! Manchmal gelingt es sogar, trotz der hier üblichen, sehr schlechten Internetverbindung mit Philipp und Lena zu skypen und unseren prächtig gedeihenden Enkel zu sehen…

Die bei alledem neu gewonnene Erkenntnis: Wir sind vor Heimweh absolut nicht gefeit.

Abschließend möchten wir Euch mit großer Verspätung ein gutes, gesundes und rundherum glückliches Neues Jahr wünschen!