20141127 Glückspilze oder Pechvögel?

…wir entscheiden uns für die optimistische Variante…

denn wenn das auf hoher See passiert wäre, säße der Pechvogel möglicherweise nicht mehr am Rande…

Im Sommer des letzten Jahres musste Hannes das Gleiche erfahren. Er montierte das Netz ab und gab es dem Segelmacher zur Reparatur. Der stellte fest, dass das Trampolin nicht mit UV-beständigem Material genäht war und setzte drei zusätzliche Nähte mit dem „richtigen“ Garn in die Einfassung. War das Garn zwar UV-beständig aber zu schwach oder ist das Netz nicht durchgängig erfasst worden? Vor der Reparatur gibt’s nochmal `ne Runde Denksport.

Am gestrigen Abend, vor Peters „Einbruch“, wird mir ein Schrecken eingejagt. Eine Deckenleuchte im Salon schießt mir – mit lautem Knall – die Plexiglas-Abdeckung entgegen und verabschiedet sich mit kleiner Flamme und unsäglichem Schmorgestank.

Ist das ein Randausläufer des Blitzschadens???

Wir stellen uns allmählich die Frage: Reißt das denn nie ab??
Rein verbal gesehen in Sachen „Trampolin“ wohl doch, alles andere müssen wir wohl noch ein Weilchen beobachten, testen oder einfach ersetzen.

20141122 PIA hängt mal wieder in den Seilen…

Mit Sorge beobachten wir die milchige Verfärbung des Getriebeöles der Steuerbordmaschine. Reicht es, bis zur Ankunft in der Karibik, immer wieder das Getriebeöl zu wechseln, um die PIA dort aus dem Wasser zu holen, oder sollten wir das lieber hier machen lassen?
Beim Schnorcheln vor der kleinen Insel Lobos müssen wir auch erkennen, dass unser Unterwasserschiff wieder zum paradiesischen Asyl für Muscheln, Seepocken, Algen und diverse Kalkbärte geworden ist.
Hinzu kommt die schwergängige Rollfockanlage, die sich eigentlich leicht drehen lassen sollte, wenn wir sie – bei der Atlantiküberquerung – mit einem Zwillingssegel fahren wollen.
Also entscheiden wir uns für einen neuerlichen „Landaufenthalt“, als wir von der blitzneuen Marina in Arrecife die Zusage bekommen, die PIA zu einem annehmbaren Preis aus dem Wasser zu holen.
Am 31.10. verlassen wir die schöne Marina Rubicon und damit auch Wolfgang, Gabi, Kalle, Sybille, Uli und Renate, die freundlichen, hilfsbereiten und sympathischen Menschen, die wir dort kennenlernen durften.

Ein zarter Regenbogen wölbt sich zum Abschied von Rubicon über die Marina…

Das Castillo de San José, auch ein Manrique-Bau liegt in der Einfahrt von Arrecife,

von der Landseite betrachtet sieht man es so…

Bereits am frühen Nachmittag laufen wir in Arrecife ein und haben noch genügend Zeit, einen ersten Spaziergang durch die schicke Marina zu machen.
In fieberhafter Eile wird gemalert, geschliffen und gehämmert, Möbelstücke und Geländer werden umhergetragen, um die Rezeption fertig zu stellen und den bald eintrudelnden Teilnehmern der Altlantic-Odyssey – dem kleinen und familiären Pendant zur großen ARC von Las Palmas – einen würdigen Empfang zu bieten.
Ab dem 4.11.’14 können sich die Teilnehmer für dieses Ereignis registrieren. Und dann kommen sie: Ca. 40 Schiffe mit der unverkennbar, groß auswehenden, rechteckigen, blauen Flagge und mit ihnen etwa 30 Kinder. Zwölf Tage lang wird das beschauliche Hafendasein regelrecht aufgemischt:
Munter plappernde, lachende, auf Rollern umher flitzende Kinder, in Grüppchen flanierende 8-12jährige junge Damen, kleine Jungs, denen das Erkunden von so viel Neuem nur im Sauseschritt möglich zu sein scheint, Mütter, die ihre Kinder herbeizitieren und kleine Racker, die auch hin und wieder mal ins Wasser fallen, von den größeren Kindern aber sofort wieder herausgefischt werden.
Es ist herzerfrischend, dieses Treiben vom Café aus zu beobachten. Hier kann man sich nicht vorstellen, dass unser Land allmählich vergreisen soll…
Am 5.11. rollt der 850t-Monster-Travellift über das Wasserbecken und senkt seine roten Gurte ab, um die PIA aus dem Wasser zu holen.


Kleiner Mann dreht großes Rad über Fernsteuerung…


Was für eine Farben- und Formenvielfalt taucht da auf…

Noch während die PIA in den Gurten hängt, werden tausende von Seepockenbewohnern ihres gemütlichen Heimes beraubt: Krebse, Garnelen, Schnecken…von Hochdruckreiniger und Spatel mitleidlos ausgerottet.
Schlimmer noch: Ein neues Antifouling soll das Heranwachsen nachfolgender Generationen verhindern…

Der Volvo-Monteur nimmt die Welle ab, bestellt eine neue, dichtet alles ab und setzt sie fünf Tage später wieder ein.

Henning kommt, um unsere neue Rollfockanlage zu montieren.

Die Wanten und Backstagen sollen auch ausgewechselt werden. Beim Demontieren müssen wir leider erkennen, dass sich ein Terminal nicht mehr lösen lässt. Ein neuer muss bestellt werden. Erstaunlicherweise erfolgt die Lieferung – selbst aus dem Ausland – sehr schnell. Zu einigen Auffrischungsarbeiten reichts aber noch…

So können wir unseren einsamen „Hochstand“ auf dem Werftgelände nach einer Woche wieder gegen einen Liegeplatz- mitten im Leben – im Hafenbecken eintauschen.

Vierzehn Tage werden hoffentlich ausreichen, gründliche Putzaktionen, Malerarbeiten und die restlichen Montage-, Kontroll- und Eistellungsarbeiten zu erledigen…
Da es im Moment recht viele Deutsche hier gibt, findet ein reger Austausch statt. Kaffeeklatsch, Diskussionen über das Segeln, die nächsten Reiseziele, gemeinsames Fernsehen oder die allesamt neuen Restaurants der Marina testen sind ein angenehmer Zeitvertreib.
Am Sonntag, dem 16.11.2014, 12.00h ist es dann soweit. Vierzig Schiffe brechen auf zur Atlantik-Odyssey. Einige der deutschen Familien, die im Rahmen eines Sabaticals mit ihren schulpflichtigen Kindern unterwegs sind, lernen wir näher kennen. Ich höre, staune und bin voller Bewunderung für die jungen Frauen, denn ihnen obliegt ja in der Regel das „sich Kümmern“ um die Kinder, Kochen und Haushalt…und ganz nebenbei werden die Nachtwachen meist recht gleichmäßig auf beide Eltern verteilt…
In manchen Gesichtern liest man nicht nur freudige Erregung, auch Besorgnis schmuggelt sich hier und dort durch. Der gemeinsame Start vermittelt da schon eine gewisse Sicherheit und vor allem das Gefühl, nicht mutterseelenallein auf dem riesigen Atlantik unterwegs zu sein, bei widrigen Bedingungen Mitkämpfer zu haben und die Freude über schöne Tage – per Funkrunde – teilen zu können.

Bis zur Startlinie begleiten wir sie hinaus und tröten ihnen laute Grüße und viel, viel Glück entgegen…


…und man rauscht auf die Startlinie zu.


…da gibts ein ziemliches Gedränge


und sie ziehen von dannen…

Wir werden in den kommenden drei Wochen häufig an sie denken und wünschen allen, dass sie wohlbehalten auf der anderen Seite des Atlantiks ankommen.

Hier ist wieder absolute Stille eingekehrt und der Himmel scheint sich seit Tagen ausschütten zu wollen über das Verschwinden dieser fröhlichen Kinder…