20130830 Laranjeiras

Nomen est Omen? Beim Klang dieses Namens entsteht in meinem Kopf das Bild eines kleinen, portugiesischen Örtchens, inmitten üppig blühender Orangenhaine an den Ufern des Guadiana.
Die Realität sieht anders aus. Bereits während der Taxifahrt von Faro nach L. müssen wir feststellen, dass die herrlich leuchtenden Farben des Frühlings einem verbrannten Gelb-Braun gewichen sind. Eine schwüle Hitze liegt über dem Land.
Hätten wir Minusgrade, würden wir nun – mit Genuss – in unser kuschelwarmes Schiff steigen.
Jetzt aber wäre ein Sprung in eiskaltes Quellwasser der „Joker“ schlechthin.
Die Alternative, ein „mitternächtliches“ Bad im Fluss, ist uns nicht ganz geheuer.
Donnerstagmorgen (22.08.2012)
Es klopft an der Bordwand. Nein, es ist nicht Paul, der sich während unserer Abwesenheit um die PIA gekümmert hat.
Riesige Nester abgebrochener oder entwurzelter Bambusstauden werden in der starken Strömung flußabwärts getrieben und klopfen dabei an die im Fluss ankernden Schiffe. Auch Baumstämme und großes, belaubtes Geäst treiben in der Flut.
(Für alle Landratten nun ein erstaunliches Phänomen: Hier in Laranjeiras, das ca. 30 km von der Flussmündung entfernt – im Landesinneren liegt – spürt man Ebbe und Flut des Atlantik: Ungefähr sechs Stunden strömt das Wasser FLUSSAUFWÄRTS!!!, um dann – nach kurzem Stillstand wieder von der Ebbe „zurückgesaugt“ zu werden. Da wir im Moment Vollmond haben und damit „Springtide“, ist die Strömung für einige Tage besonders stark und die Wasserstände sind recht hoch. Treibgut, das sich auf dem Weg in Richtung Atlantik nicht irgendwo am Ufer verhaken kann, kommt – in etwa gleicher Formation – ungefähr 6 Std. später wieder an uns vorbei.)
Dazu weht ein heißer „Wüstenwind“. Wie von einer gigantischen Turbine angesaugt, fegt die Luft, die über den ausgetrockneten Hügeln auf etwa 40°C angeheizt wurde, durch das Flusstal.

Auf unserer „Insel der Seligen“ – mitten im Fluss hockend – fällt uns auf, dass der Magen nach ein wenig Arbeit verlangt. In der kleinen Bar gegenüber gibt’s kein Frühstück. Dank Paul, der uns zum Supermarkt nach Vila Real de Santo Antonio fährt, wird der Magen am frühen Nachmittag wohlig gefüllt und Kühlschrank wie Gefriertruhe nehmen – nach 5 Wochen Pause – Schwerstarbeit auf.

Der Plan für die nächsten Tage:
– Schiff an den Steg legen und von Vogelmist und Sand befreien,
– Reparierte Trampolin-Netze wieder einflechten
– Zerrissene Flaggen flicken
– Außenborder (mal wieder) reparieren
Das alles erledigen wir südländisch gemächlich, da man ansonsten mit dem Trinken nicht nachkommen würde. Fast unbemerkt verwandelt sich dieses zunächst so wild und wuchtig wirkende Fleckchen Erde bzw. Fluss in eine friedliche Idylle.


Morgenstimmung am Steg


Senile Bettflucht: Peter vor der Bootsreinigung,
Paul (auf dem Weg zur Quelle, um die Wasserkanister zu füllen)


Hannes musste „durchs Netz“ fallen, um die erschreckende Erkenntnis zu gewinnen, dass der Faden, mit dem das Netz in die Fassung eingesteppt war, nicht UV-beständig war. Paul baute das Trampolin ab und versteppte es neu.


Abendstimmung nach getaner Arbeit


Wochenende: gefühlte 1000 Segelboote treten den Weg zum Seglertreffen in Alcoutim (9km flussaufwärts) an. Heute haben die Optis ganz guten Wind,


in der sonntäglichen Flaute geht’s aber nur im Schlepptau zurück…


Montagmorgen: Punkt 4 der to-do Liste: Außenborder-Reparatur


Die Pforte zur Außenborderklinik


Wird die OP gelingen?
(Ja, aber erst nach dem 2. Eingriff)


Blick zurück auf Laranjeiras


flussabwärts


Regina und Matthias sind angekommen und wir verbringen einen sehr schönen und unterhaltsamen Abend mit ihnen


Der Tag der Abreise ist gekommen. Es heißt mal wieder Abschied nehmen von Menschen, die wir sehr lieb gewonnen haben…


…Paul…


…Regina und Matthias…

Nun steht uns noch eine aufregende Sache ins Haus bzw. Schiff: Die Unterquerung der Autobahnbrücke zwischen Castro-Marim (Portugal) und Ayamonte (Spanien), die bei Normalwasserstand eine Durchfahrtshöhe von 20m hat. Die Höhe unseres Mastes über Wasser ist (incl. Antenne) 21,20m, d.h. wir können die Brücke nur bei Niedrigwasser passieren. Da wir im Moment Nipptide haben, wird das Wasser wahrscheinlich gerade so weit fallen, dass wir mit kratzender Antenne durchschieben können.
Unmittelbar vor der Brücke dreht Peter den Cat um, um notfalls mit Vollgas – gegen die Strömung – vom bedrohlichen Hindernis wegfahren zu können…
Hier die Bilder:

Nach einem sehr heißen Tag in Ayamonte sind wir wieder in den Fluss geschippert, um dort – im sanften Abendwind – den Sonnenuntergang zu erleben und morgen in aller Frühe in Richtung Alvor aufbrechen zu können.

20130821 Alles was uns lieb und teuer ist…oder

Unsere Rückkehr zur PIA
Der um 14 Tage verschobene Abreisetag ist so schnell gekommen, dass wir – trotz des „Zeitgewinns“ – mit den noch unbedingt zu erledigenden Aufgaben (eigentlich wie immer) – in größte Hektik geraten.
Die Abfahrt zum Flughafen Hahn ist für 13.30h festgelegt. Das Mietauto steht – mit geladenem Gepäck – vor der Tür, nur mein Saab soll vor der Abreise noch schnell in die Werkstatt gebracht werden. Gesagt, getan. Peter treibt mich zur Eile an, steigt ins Mietauto und fährt vermeintlich los. Ich, rückwärts aus der Garage herausfahrend und dabei – wie immer – den Begrenzungspfeiler hinten rechts fest im Auge behaltend, übersehe den Mietpolo der „Tarnfarbe Silbergrau“. Es rummst. Die Stoßstange des Polo weist auf der linken Seite eine fette, verkratzte Beule auf und ist dort aus der Halterung gesprungen.
Auf der Autobahn schauen wir in den Mietvertrag. Aufgrund des außergewöhnlich hohen Tagesmietpreises von 90€ gehen wir davon aus, dass die Vollkasko-Versicherung, im Schadensfall, ohne Selbstbeteiligung des Mieters in Kraft tritt. Verflixt!!! Das ist uns bisher noch nie passiert. Wir sind mit 850,-€ Kostenbeteiligung dabei. Ein Tribut an die Hektik?
Das Missgeschick diskutierend, versäumen wir, die Autobahn zu wechseln, müssen einen 20minütigen Umweg in Kauf nehmen und geraten – vor Rheinböllen – in einen Stau. Diesmal wird Ryan-Air wohl auf zwei treue Kunden verzichten müssen…
Nein, mit hängender Zunge erreichen wir den Check in-Schalter. Peter muss aber noch das demolierte Auto wegbringen und den Unfallbericht erstellen.
Zwei der drei Kontrollbänder fürs Bordgepäck schließen. Ich nähere mich auffällig und frage nach, ob ich den Koffer meines Mannes auch kontrollieren lassen könne. Ja, mit Boardingcard, die ich natürlich nicht habe.
In letzter Sekunde kommt Peter angehetzt. Koffer öffnen, Laptops raus, verdächtige Schiffselektronik raus, Kontrolle, alles o.k.
Das Priority-Boarding ist zwar beendet, aber schnellen Schrittes eilen wir dem Ende der „normalen“ Schlange entgegen, bis ein gebieterisches „Stop“ uns halten lässt. „Bitte stellen Sie Ihre Boardcases auf die Waage!“ Ein leicht triumphierender Blick signalisiert uns: „Ertappt“. 13.5 kg und 13,8kg liegen weit jenseits der Toleranzgrenze.
Unerwartetes Nachsehen wird uns zuteil, als die gestrenge Dame uns anbietet, das Übergepäck des einen Koffers in den anderen um zu laden, wodurch wir statt der 60€ pro Gepäckstück nur 70€ für das Übergewicht eines Koffers zahlen müssen.
Die Maschine startet pünktlich, bietet uns drei Stunden lang lautes Kindergeschrei und setzt uns wohlbehalten in Faro ab. Nun aber schnell zum Taxi.
Dem Taxifahrer nennen wir das Ziel. Er schaltet sein Taxameter ein, fährt los, hält wieder mit munter spulendem Gebührenzähler, fragt seine Kollegen, wo das denn sein könne und startet wieder mit unveränderten Fragezeichen im Gesicht.
Hat er eine Landkarte? Nein. Hat er ein GPS? Ja, aber wohl noch nicht sehr oft benutzt. Langsam vorwärts rollend, gibt er den Ortsnamen in verschiedenen Schreibweisen ein, die dem GPS wohl alle spanisch vorkommen. Erst als wir ihm die korrekte Schreibweise nennen, spuckt das Gerät mindestens zehn Vorschläge aus. Nach längerem Abwägen entscheiden wir uns für Laranjeiras in der Nähe von Alcoutim. Das erweist sich als Volltreffer, den wir nach einer Stunde Fahrt für 120,-€ erreichen.

Happy End: Paul, der sich die ganze Zeit um unser Schiff, das im Fluss zwischen Anker und Mooring lag, gekümmert hat, erwartet uns und lädt uns noch zu einem Willkommensbier ein. Er hat unser Dinghi an den Steg gelegt. So schippern wir – nach einem herrlichen Sonnenuntergang – weit nach Einbruch der Dunkelheit über den Fluss zur PIA und fallen – nach dem provisorischen Beziehen der Betten – rechtschaffen müde in dieselben.