Dienstag, 20130910 Porto Santo – Madeira

Porto Santo, eine kleine, Madeira vorgelagerte Insel, hat das, was Madeira fehlt: Strand. Und den nutzen wir. Alles hier wirkt einfach, ehrlich und nicht touristisch, wobei man ehrlicherweise zugeben muss, dass wir – laut Reiseführer – hier angekommen sind NACH dem großen Touristenzustrom, der in seinem Ausmaß nur mit Wallfahrten gen Fatima oder Lourdes zu vergleichen sein soll.
Wir fühlen uns wie die Könige am morgendlich unberührten Strand und hinterlassen erste Fußabdrücke, bevor wir das glasklare, türkis-grün-blau schimmernde Wasser genießen.

Die „Hauptstadt“ Baleira mit ihren 2500 Einwohnern wirkt gepflegt und adrett aber wenig aufregend.
Natürlich treibt unser Spürsinn uns an ein Plätzchen, an dem man den Sonnenuntergang vortrefflich genießen kann, was wir gleich zweimal hintereinander tun; weil’s so schön war!

Den zweiten Tag auf der Insel nutzen wir zu einer Insel-Rundfahrt mit dem Touristenbus. Lediglich die Spitzen der Hügel sind bewaldet, der zur Wasserfront abfallende Teil wirkt – vom Wasser zerfurcht, erodiert, braun und wenig einladend: eine Folge der Abholzung der Wälder.

Am Nachmittag des 10.09. laufen wir (bei NIESELREGEN!!) aus in Richtung Madeira. Trübe Stimmung äußerlich und innerlich (aufgrund fehlender Geschwindigkeit) lässt uns ca. 1 ½ Std. dahin dümpeln. Dann scheint der Wind sich allmählich wieder an seine Pflichten zu erinnern. Gegen 17.00h haben wir 26kn Wind, eine relativ ruhige See, 12kn Fahrt, herrliches Rauschen allüberall – aber nicht nur außen!!!
Auch innen rauscht das Wasser. Das Frischwasserventil der Toilette hat nicht geschlossen. Ergebnis: 120l Wasser, die wir in den Stb.-Tank füllten, sind aus dem Tank heraus in die Bilge hineingepumpt worden. D.h.: 2Std. Pützen, Tunken, Wischen, Fluchen…Reihenfolge ohne Bedeutung…

Die Ankunft in „Quinta do Lorde“ (19.45h)ist wieder total vernieselt. Ist das Madeira?
Auch der Morgen zeigt sich regnerisch.

Wir blicken auf schroffe, steil vor uns aufragende, rot-braune Felswände und befinden uns im Übrigen in einer blitzneuen Marina, die ein wenig „wie aus der Retorte“ wirkt. Als wir die Übernachtung zahlen wollen, um sehr früh nach Calheta weiter segeln zu können, macht man uns ein sehr gutes Angebot, unser Schiff doch für vier Wochen hier zu lassen. Aufgrund der wesentlich günstigeren Anbindung an den Flughafen und der damit verbundenen Zeit- und Kostenersparnis gibt es keinen Grund, Selbiges auszuschlagen.
Man ist auf Touristen- und Yachtie-Fang: Schön für uns! Wir können alle Einrichtungen des angegliederten 4-Sterne-Hotels nutzen und fühlen uns am Meerwasserpool auf komfortablen Rattan-Liegen mit geliehenen Badetüchern wie die Großen.

Nette Leute allüberall: Hamburger, die Henry und Susanne kennen, Belgier, Engländer, Franzosen, die im Senegal und in Gabun leben, mit denen wir auf Porto Santo einen sehr anregenden Abend verbrachten und die nun der Gegeneinladung zu uns folgen… irgendwie kommt so ein bisschen „Große-weite-Welt-Feeling auf“…
Aber nun geht’s nach Hause! Philipp und Lena werden am 21. September heiraten.
Weiter geht’s nach dem 7. Oktober! Bis denne!!!

20130904 Madeira, wir kommen

Mittwoch, der 4.09.’13


10.19h Ausfahrt aus der Lagune Alvor

Der Start ist gut: Wir schlagen den Kopf des Großsegels an, um notfalls auf Genua und Groß wechseln zu können, falls das – für die vorhergesagte Windstärke und -richtung – bevorzugte Segel, der Parasailor, aus irgendeinem Grund nicht funktionieren sollte.
Wie ein balzender Truthahn zieht er uns – mit stolz geschwellter Brust – an Lagos vorbei in Richtung Cabo de Sao Vicente.


Kusshand an Lagos und die „Vivenda Miranda“

Bis 12.00h. Dann ist es aus mit der Balz. Der Wind fächelt nur noch matte Lüftchen aus wechselnden Richtungen und lässt den Parasailor aussehen wie ein überdimensioniertes Handtuch, das hier an den Rändern einfällt, um dann an anderer Stelle wieder unförmige Beulen zu bekommen. Die kreuz und quer laufenden Wellen, die die PIA ordentlich schaukeln lassen, tun ihr Übriges.
Wir tun nichts, d.h. wir üben „die Entdeckung der Langsamkeit“.
Das ist hart.
Gegen 17.00h ist Besserung in Sicht. Von zuletzt 1,9kn Speed hangeln wir uns langsam hoch über 3,5 auf ab und zu 4,2kn.
Unversehens sind wir mitten im Verkehrstrennungsgebiet, das man ja zügig und senkrecht zur Fahrtrichtung des Schiffsverkehrs kreuzen sollte. Mit unserer derzeitigen Speedbremse können wir keinen Motor einschalten, da das Segel dann sofort einfallen und sich verheddern würde.
Ein kontrollierender Blick auf das Spinnakerfall macht unsere morgendliche Diskussion, das Segel auch in der Nacht stehen zu lassen, mit einem Schlag obsolet. Der Führungsbogen für das Fall (unterhalb der Mastspitze) ist einseitig ausgerissen und die Führungsöse abgebrochen. Sie baumelt im Fall, unterhalb einer 20cm langen, von der Ummantelung freigescheuerten Stelle.


Das hätte schwer ins Auge gehen können

Unserem Schutzengel sei Dank! Er war im rechten Moment vor Ort und hat uns vor großem Schaden bewahrt. Dank Parasailor sind wir nicht schneller gefahren, als er fliegen konnte!!!

Der Parasailor ist schnell abgeborgen, Groß und Genua gesetzt und es geht mit 8-10kn hurtig aus dem Verkehrstrennungsgebiet hinaus und in die Nacht hinein.
Meine Wache bis 23.00h verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Für Peter (zwischen 23.00h und 3.00h) wird’s leider nicht so gemütlich. Wir hatten die – sich zum Bug hin öffnenden – Fenster in „Lüftungsposition“ eingerastet. Eine, durch das Netz hochschwappende Welle nutzt die Chance, einen kräftigen Schwall Salzwasser durch den schmalen Spalt zu pressen und die Salonpolster mit eben diesem zu tränken. Peter ist zwei Stunden mit der Beseitigung der gröbsten Schäden beschäftigt.

Donnerstag, der 6.09.‘13

Die Stunden zwischen 3.00h und 7.00h verlaufen wieder unspektakulär.
Der Morgen zeigt, dass zwei kleine Oktopusse im Bestreben, ihren Häschern zu entkommen, wohl den falschen Fluchtweg genommen hatten. Sie liegen, uns mit wachen, blauen Augen anschauend, leider schon ein wenig eingetrocknet an Deck.

Nachmittags umspielen Delphine unser Schiff.

Die zweite Nacht auf See ist kohlrabenschwarz: weder Mond noch Sterne sind zu sehen. Selbst die Konturen der Pia lassen sich nur in unmittelbarer Nähe einer Lichtquelle erkennen. Es wäre sehr anstrengend und ermüdend, müsste man – wie die ersten Seefahrer – als Wachhabender ständig in dieses unendliche Schwarz spähen. Heute übernimmt das Radar ganz zuverlässig diese Arbeit. Es zeigt mir, dass ich zweimal großen Frachtern ausweichen sollte, indem ich per Knopfdruck dem Steuerautomaten (der hoffentlich niemals ausfallen wird) befehle, ein paar Grad abzufallen.
Am nächsten Morgen hat sich die See ein wenig beruhigt, so dass wir im Cockpit gemütlich frühstücken können.

Danach gönnen wir uns wechselweise ein Nickerchen.
Die Nachtwachen sind inzwischen zu unserer beider Zufriedenheit geregelt; ob der Tagesrhythmus aber auch noch einem strengen Wachschema unterworfen werden soll, wird zur Zeit noch heftig und kontrovers diskutiert.


Ein Ausblick zum Verlieben, oder?

Um 17.00h hebt sich am Horizont eine kleine Seepocke von der Wasseroberfläche ab. Land in Sicht oder genauer: Porto Santo! Laut Navi sind wir noch 40sm entfernt und werden – bei gleichbleibender Windstärke – in ca. 5Std. ankommen.

Peter legt sich hin. Plötzlich: Fischalarm! Die Angelleine rauscht tickernd und knarrend aus, die Angel selber ist deutlich nach unten gebogen. Peter, durch meinen Schrei aufgeweckt, stürzt hinzu und löst die Bremse. Gefühlte 1000m Angelleine rauschen aus, bis wir es schaffen, eine dosierte Bremse hin zu kriegen. Das Motto: „halb zog sie ihn, halb sank er hin“ stimmt nur zur Hälfte. Hinsinken will der fette Brocken überhaupt nicht! Ich kurbele mir die Seele aus dem Leib.
Peter will mir die Arbeit erleichtern, indem er die Segel auffiert, um damit die Geschwindigkeit aus dem Schiff zu nehmen.
Ein markerschütternder Schrei lässt mich zusammenzucken. Peter hat die Fingerspitzen zwischen Leine und Winsch eingeklemmt. Die weißen, gequetschten Fingerglieder scheinen leicht nach oben gebogen zu sein und lassen Schlimmstes vermuten. Aber nach der ersten Schockstarre kann er die Finger wieder bewegen und die Durchblutung setzt ein…und wie!! Ein Cent-großes Stück Haut muss vom Mittelfinger, ein kleineres Stück vom kleinen Finger entfernt werden. Nun könnte man sagen: Operation gelungen…und nicht – Patient tot – sondern … Fisch weg.
Der eingeholte Haken ist stark aufgebogen. Es wäre wohl eine fette Beute gewesen, die wir aber unter den gegebenen Umständen weder töten, noch zerlegen, noch mit Genuss hätten verspeisen können.
Dafür erleben wir eine wunderschöne Dämmerung, in der sich die vor drei Stunden erkannte „Seepocke“ rapide vergrößert.


Noch fünf Minuten bis zum Untergang…

Übrigens lässt sich am Zeitpunkt des Sonnenuntergangs (20.20h) leicht erkennen, dass wir uns 900km weiter nach Westen bewegt haben, da die Sonne in Alvor bereits um 20.03h im Meer versank.
Um 23.15h bergen wir die Segel, schalten die Motoren ein und nähern uns – die vorgelagerte Insel „Ilheu de Cima“ ,(mit dem hohen Gipfel) vorsichtig umschippernd – der stark beleuchteten Strandpromenade von Porto Santo.
Beim ersten Kontakt mit der Marina konnte man uns nicht sagen, ob ein Platz am Gästesteiger frei sein würde oder ob wir ankern müssen. Beim Herantasten erkennen wir aber ein freies Plätzchen an selbigem, binden das Schiff (nach genau 60Std. Fahrt) um 0.10h an und fallen müde und sehr erleichtert – nach einem Bierchen – in die Betten.
Erwähnen möchte ich noch Petrus‘ Geschenk an uns: 2 ½ Tage strahlenden Sonnenschein mit der besonderen Serviceleistung eines kräftigen Regens in der Nacht nach der Ankunft, der die millionenfachen Salzpocken von der PIA abspült.


Zum Wohl! …auf alle Daumendrücker, auf Petrus und auf uns!!!!
(PS.: Eure Daumen haben nun – bis zur nächsten Beanspruchung – viel Zeit, sich von der Quetschung zu erholen!!!!)

20130903 Abschied vom magisch-magnetischen Dreieck

Es ist Dienstagabend, der Vorabend unserer Abfahrt in Richtung Madeira.
Die letzten drei Tage, ein Revival des magisch-magnetischen Dreiecks, verfliegen wie im Zeitraffer. Von Ayamonte nach Westen, der untergehenden Sonne entgegen,

spät abends der Ankerfall in Ferragudo (vor Portimao);

dann Sonntag, der 1. September, ein Tag wie aus dem Urlaubs-Bilderbuch:
Strahlender Sonnenschein, wenig Wind, Hitze, die den wiederholten Sprung ins kühle Nass genießen lässt,
eine Wanderung entlang der Felsenküste

und ein abschließendes Abendessen mit Blick über die Bucht (auf die friedlich schwimmende PIA) in der untergehenden Sonne.


Gott in Frankreich lässt grüßen…

Am Montag geht’s zum Tanken und Verproviantieren nach Lagos, um heute ein letztes Mal Alvor anzulaufen, Tom und Jerry „Auf Wiedersehen“ zu sagen und am Abend das Schiff auf die ca. viertägige Reise vor zu bereiten.


Ein bißchen Wehmut beim „Abschiedsdrink“

Für alle unsere Leser gilt: Daumendrücken, dass der Wettergott nur Gutes mit uns im Schilde führt und dass wir uns am Wochenende – mit einem Glas Sekt zuprostend – an dieser Stelle wieder melden können.