20170513 Little Farmers Cay Cut

Wir setzen unseren Weg nach Norden fort. Der nächste Ankerplatz – vor „Little Farmers Cay“ muss wieder von der Exuma-Sound-Seite angefahren werden. Der Wind erweist sich mit 4 BF als ideal für den Parasailor. Also hoch mit dem Teil und ab geht die Fahrt…

Leider schwächelt die Windstärke immer mal wieder, so dass das schöne Rauschen bei 9kn Fahrt nicht durchgängig zu hören ist.

Rechtzeitig vor dem „Cut“ bergen wir den Parasailor ab, um uns bald darauf in ein anderes Rauschen zu schieben. Es ist ablaufendes Wasser und die Wassermassen schießen uns durch die enge Furt mit gewaltiger Strömung entgegen. Mit den alten 28 PS-Motoren hätte das eine Zitterpartie werden können. Auch mit doppelter PS-Zahl muss die Steuerfrau ordentlich Gas geben, während Peter – vor dem Bildschirm sitzend – mit Akribie dirigiert. Aufregend ist das schon!

Ich bin heilfroh, als wir vor Anker liegen aber dennoch ist auch das nicht beruhigend. Wir haben stellenweise nur 1,30m Wassertiefe, Wind und Strömung laufen ziemlich gegeneinander und man weiß nie so genau, in welche Richtung die PIA gerade gedreht wird.

Am Morgen stellen wir fest, dass die PIA Kreise um den Anker gefahren ist, die Ankerkette hat sich um den Anker gelegt.
Dennoch machen wir einen Gang ins verschlafene Örtchen.

Nur ein alter Mann – auf einer Parkbank sitzend – schaut mit stiller Freude den im Wasser spielenden Kindern zu und erklärt uns, dass heute, am Muttertag, alle Dorfbewohner in der Kirche seien.
Eine geschäftstüchtige Mami versteht es dennoch, Peter zum Kauf eines Muschelarmbandes zu überreden und gibt uns zu verstehen, dass das ein kleiner Beitrag sei für ihr neues Haus, das gerade nebenan gezimmert wird. Nun wohl!

Das Anker-Auf-Manöver klappt ziemlich problemlos und wir verlassen Little Farmers Cay durch den brodelnden Cut in Richtung Staniel Cay.

20170502 Adios Kuba – Hello Bahamas

Die Beobachtung von Wind und Wetter sagt uns, dass Dienstag, der 2. Mai der geeignete Tag sein wird, um von Santiago de Cuba in Richtung Bahamas aufzubrechen.
Da die spärlich besiedelten Ragged Islands unsere erste Station in den Bahamas sein werden und die nächste Verproviantierungsmöglichkeit wohl frühestens in einer Woche gegeben sein wird, lassen wir uns von einem Taxifahrer – zielgerichtet – zum Einkaufen noch einmal in die Stadt bringen. Nur wenig mehr als eine Stunde benötigen wir, um mit reichlich Gemüse, Obst, Milchpulver und Eiern wieder an Bord zu sein.

Dann geht’s los. Am frühen Nachmittag legen wir ab. Mit Groß und Genua segeln wir – bei leichtem Wind – an Kubas Küste entlang und passieren um Mitternacht Guantanamo.

Ab 7.00h morgens (Punta de Quemado) haben wir sehr sehr wenig Wind aber den genau auf der Nase, d.h. Groß und Genua festzurren und den Dieselwind einschalten.

Um 11.00h knacken wir die Südostspitze Kubas „Punta Maisí“, um von dort aus die Bahamas anzusteuern.
Spannend wird’s nochmal eine Stunde später, als wir den Funkverkehr zwischen zwei Schiffen hören. Es ist die Rede von einem Unfall, von Kabeln und der Gefahr für ein kleines Schiff, das sich von Punta Maisí in Richtung Nord-Westen bewegt. Damit können nur wir gemeint sein. Das AIS weist die anderen beiden als Kabelleger und Supplier aus. Peter funkt den Kabelleger mehrfach an, wird offensichtlich verstanden und man versucht uns zu antworten. Nach dem Aufruf „PIA“ jedoch bricht der Funkkontakt jedes Mal ab. Offensichtlich versucht die Challenger daraufhin einen kubanischen Hafenmeister zu erreichen, der uns warnen soll. Nichts passiert. Wir lauschen angespannt und nehmen ein wenig Fahrt aus dem Schiff. Nach einer 3/4 Stunde endlich gelingt es dem Kabelleger „Challenger“ uns zu erreichen. Er bittet uns in gebrochenem Englisch mit stark russischem Akzent, die beiden Schiffe im Abstand von 8sm zu umfahren. So nehmen wir ein letztes Mal Kurs auf die Küste Kubas, um dann endgültig das neue Ziel, die Bahamas anzusteuern.

Ragged Islands…
Die „zerlumpten Inseln“ kommen am nächsten Morgen um 11.00h in Sicht. Wie ein Band, das jemand zerfetzt hat, um die Lumpenstückchen wieder bogenförmig ins Meer zu schmeißen, sieht diese Inselkette aus. Alle Inseln sind von sehr, sehr flachem Wasser umgeben, was sie aus der Vogelperspektive (bei Sonnenschein!!!)wie dunkle Lumpenfetzen in weitem Türkis erscheinen lässt, dem Skipper und seiner Steuerfrau beim Manövrieren aber volle Konzentration und „Augapfel-Navigation“ abverlangt, um nicht aufzulaufen.

Angekommen im türkisfarbenen Meer….
…meine Lieblingsfarbe…soweit das Auge reicht…

Beim Passieren der ersten Bucht entdecken wir einen ankernden Segler. Wenig später werden wir angefunkt von der Kobold, Jens und Sandra aus Berlin, die uns über AIS erkannt haben und sich am nächsten Tag in unsere Ankerbucht, die Middle Pen Bay mit dem Lobsterhole-Point verholen werden.

Unser Anker fällt dort um 14.15h, genau 47Std. nach der Abfahrt von Santiago de Cuba.

Die Hauptstadt der Ragged Islands, „Duncan Town“, die südlich von uns, jenseits eines riesigen Flachs liegt, fordert uns zum nächsten Abenteuer heraus. Wir wollen uns bei der Polizeistation melden, um nicht des wilden Ankerns oder unrechtmäßigen Betretens einer Insel bezichtigt werden zu können. (sind wir Kuba geschädigt, -geschult oder einfach nur pflichtbewusste Deutsche???)

Also rein ins Dinghi! Haben wir die Seekarte im Kopf? Na klar! Links vor uns das große Flach, rechts davon drei kleine Inseln, die wir umfahren müssen, danach muss die Einfahrt in den Dinghikanal betonnt sein. Ok.


…Vertan, vertan, sprach der Hahn…
…es war erst die zweite kleine Insel, nach der wir abbogen

Wir biegen nach der vermeintlich dritten kleinen Insel ab und fahren in Richtung zweier Stecken, die wie eine Torbegrenzung aus dem Wasser ragen. Was haben wir gelernt? Oberstes Gebot beim Navigieren in den Bahamas: Augapfel- und Wasserfarben-Navigation. Sattes Türkis: ca.7-10m Wassertiefe, Leuchtendes Türkis: ca. 3-5m Wassertiefe, helles Türkis: ca.1.50m Wassertiefe, Türkis mit durchschimmerndem Beige: 0,5-1m, grünliches Beige und Sandfarbe: Achtung Propeller: Sandfassen!!!
Mit untrüglicher Zielgenauigkeit treffen wir den sandfarbenen Bereich zwischen den beiden „Torpfosten“. Aufgewühlter, wallender Sand um uns herum, zwei leicht wallende Gemüter, die bei dem jeweils Anderen die Schuld suchen: Hysterie bei mir oder überhöhte Fahrgeschwindigkeit eines Rot-Grünblinden? Egal wie: stochernd, paddelnd und intensiv nach Furten suchend, können wir uns wieder hinausmanövrieren. Toller Nebeneffekt: Durch die Sandspülung wird die Prostata des Außenborders geweitet. Er pinkelt wieder mit sattem Strahl!!!
Gerade haben wir genügend Wasser unter dem Außenborder, als ein Fischer im Schnellboot an uns vorbei rast. Der muss die Einfahrt in den Kanal kennen. Und so ist es.

Wir düsen hinterher und landen in der Hauptstadt: „Wellcome in Duncan Town“ begrüßt man uns auf bröckelndem Rosa…


Nein, das sind keine Lumpenfetzchen, die hier hängen…
Es ist Dörrfisch!!!

20 Häuser, eine Bar, eine Kirche, ein Convenient-Shop, eine Polizeistation, 127 Einwohner. Der Polizist kommt just in dem Moment, als wir vor der Polizeistation ankommen. Superfreundliche Begrüßung, wir erklären unser Problem, das er als keines betrachtet, fotografiert unsere Reisepässe, die Bootspapiere, sagt uns, dass wir uns frei auf jeder Insel bewegen dürfen und in George Town einklarieren und das „Cruising-Permit“ kaufen sollen.

Wieder angekommen am Dinghisteg schenken uns die „rasenden Fischer“ noch zwei Red Snapper, die am Abend zu einem leckeren Fisch aus dem Ofen werden sollen.
Jens und Sandra kommen zum Kaffeetrinken zu uns und wir erzählen viel über die Erlebnisse des Segelns.

Um 18.00h haben die beiden älteren, amerikanischen Ehepaare, die in der Nachbarbucht ankern, zu einem „Potluck“ in die „Tiki-Bar“, dem einzigen Beitrags-freien Yachtclub der Karibik eingeladen.

Die geschenkten Fische zum Grillen, ein Mango-Chutney von Sandra und ein Bohnen-Mais-Paprika-Salat von mir sollen unsere Mitbringsel sein.
Leider macht Petrus einen Strich durch die Rechnung. Ab 18.00h lässt er ein wahres Getöse an Donner, Regen und Blitzen auf uns niederprasseln, so dass niemand mehr Lust hat, an den Strand zu fahren. Fazit: Potluck auf der PIA und ein sehr netter und angeregter Abend mit den beiden jungen Seglern.

Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von den Amerikanern, die – in der Hoffnung, dass wir doch noch kommen – das Grillfeuer in Gang gehalten hatten, nehmen noch viele gute Tipps mit auf die Reise in den Norden und besichtigen die urige Tiki-Bar, die von Seglerhand geschaffen wurde mit Holztischen aus Baumstämmen und Hockern, Deko-Gegenständen wie Muscheln, Fischerbojen, Netzen und etlichen Holzbrettern, in die die Namen der Boote und ihrer Crew eingeritzt, gebrannt oder gemalt wurde.

Dann legen wir ab. Nach einer sonnenarmen, welligen und windigen Fahrt werfen wir gegen 18.00h den Anker vor Jamaika Cay. Einsam, wild, und schaukelig ist’s hier. Der Ankergrund wenig zuverlässig. Nur ein Fischerboot mit schauriger Neonbeleuchtung teilt sich mit uns diesen unwirtlichen Ankerplatz. Aber: alles wird gut.

Montag, der 8. 5.2017 Ein spannender Tag nimmt seinen Anfang. Heute wollen wir durch den Hog Cay Cut in die Inselgruppe der Exumas segeln. Die sogenannten „Cuts“ sind Durchlässe in der Inselkette, die Schiffen mit wenig Tiefgang erlauben, von der Exuma Bank im Westen der Inseln in den Exuma Sound im Osten (oder vice-versa) zu gelangen. Die eigentlichen Cuts sind sehr schmal und werden durch die reißende Strömung des ab- oder auflaufenden Wassers auch tief genug ausgespült, die Zufahrt zu ihnen ist jedoch breit und äußerst flach. Daher ist es unerlässlich – ab eines gewissen Tiefganges – den Cut bei Hochwasser zu durchfahren.

Da wir heute noch unbedingt nach Georgetown wollen,d.h. nach dem Passieren des Cuts noch 15sm Richtung Nordwest an der Küste entlang, können wir das Hochwasser nicht abwarten, da wir ansonsten erst bei Dunkelheit ankommen würden. Das wäre tödlich für eine Ankerplatzsuche in diesen Flachwasser- und Korallenbereichen.

Also versuchen wir uns – mit einem Tiefgang von 1,30m – drei Stunden VOR Hochwasser durch zu schummeln mit – bereits bekanntem – Erfolg. Das Echolot sitzt unter dem linken Schwimmer, zeigt 1,60 cm Wassertiefe an und wir fahren langsam und locker durch das immer gelblicher werdende Wasser. Die Anzeige geht runter auf 1,30m, 1,20m, 1,10m. Dann macht die PIA einen Bückling. Wir stecken mit dem STB- Rumpf im Sand. Peter glaubt mit Vollgas „durchschieben“ zu können. Leider Fehlanzeige. Der STB-Rumpf bohrt sich weiter in den Sand, der BB-Rumpf schiebt auch nach rechts, wir stecken. Der Meeresboden, der eben noch klar zu erkennen war, sieht nun aus, wie brodelnde Sandsuppe. Nur durch abwechselndes Rückwärtsfahren mal mit der STB-Maschine, mal mit der BB-Maschine kann Peter die PIA aus dem Sand heraus manövrieren. Wie ein ungelenker Roboter – mal nach rechts, mal links drehend – wird hier nicht die Kuh vom Eis, sondern die PIA von der Sandbank gezogen.

Uff, das wäre geschafft… bis zum nächsten Bückling etwa 15min. später. Diesmal – um eine Erfahrung reicher – klappt das Manöver besser. Ich bleibe im Bugkorb, dirigiere Peter (mit Augapfel- und Farbnavigation 😉 ;)) in abenteuerlich ausholenden Schlangenlinien und Spitzkehren durch das Flach und wir befinden uns wenig später im eigentlichen tiefen Cut mit enormer Gegenströmung.

Etwa eine Meile – nach der Durchfahrt – müssen wir noch sehr genau auf die Tiefe achten, dann haben wir’s geschafft… George Town, wir kommen!

Um 17.45h fällt der Anker vor Elizabeth Island. Diesen Ankerplatz küren wir zum Schönsten der bisher gesehenen…

Vier Tage leben wir in einem kleinen Paradies, das wir nur zum Einklarieren, Verproviantieren und zum Tanken verlassen…

…was allerdings schlappe zwei Tage und eine ziemliche Menge Geld kostet…

Wichtigster Einkauf: eine Simkarte der BTC, der Bahamian Telecommunication Company (deren hohe Sendetürme das Herz des Nachrichten-hungrigen Seglers höher schlagen lassen…)

Kaum eingelegt in das Tablet, dudelt’s und klingelt’s unablässig…26 neue Nachrichten…Fotos von Familie, Freunden und Enkeln…Wir schweben auf Wolke Nr. 7 in unserem kleinen Paradies…

Auf den Boden der Tatsachen werden wir geholt beim Betreten des Exuma Markets (Supermarkt). Es gibt so viele leckere Dinge, die wir seit Curacao nicht mehr hatten…

Augenzwinkernd könnte man sagen: Auf Kuba gibt es nichts zu kaufen, du hättest aber das Geld dazu, hier gibt es alles zu kaufen aber dir fehlt’s am nötigen Kleingeld.
Fazit: Beim Verlassen des Supermarktes ist der Einkaufswagen zwar voll, aber der Geldbeutel weist gähnende Leere auf.
Einen letzten Sundowner nehmen wir im Chat&Chill, einer urigen Hütte in herrlicher Strandlage, wo jeder Bootsfahrer, der einmal hier war, ein Souvenir hinterlassen kann: Altes T-Shirt, Kappe, zerschlissene Hose o.ä.

Ein Hauscocktail, ein Bier: 22,-USD und mir entfährt ein erstauntes

„Was?“

Die Antwort des Barkeepers:

„Oh, Wellcome to the Bahamas, Mam!”

20170426 Leben auf Kuba

könnte unter dem Motto stehen: Wenn das Leben dir Zitronen schenkt, mache Limonade daraus…

Jeder Kubaner versucht, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, so gut wie möglich zu leben. Und das ist nicht leicht, denn der durchschnittliche Monatsverdienst liegt bei 20,-CUC, das entspricht 20,-€, dem Gehalt von Lehrern, Rechtsanwälten, Köchen, Kellnern und anderen staatlich Bediensteten. Der Tankwart in der Marina von Santiago de Cuba bekommt für seine Arbeit ganze 12,-CUC/Mon. und strahlt wie ein Honigkuchenpferd, als er 5,-CUC Trinkgeld bekommt, eine Ärztin im Krankenhaus wird für ihre Arbeit mit 30 – 80,-CUC entlohnt. Da ist es nicht verwunderlich, dass man nach Möglichkeiten für kleine oder größere Nebeneinkünfte sucht. Relativ leicht ist das in Gegenden mit bestehendem oder aufkeimendem Tourismus.
Haus- oder Wohnungsbesitzer z.B. können einen Antrag stellen auf Genehmigung zum Betreiben einer „Casa Particulara“. Damit dürfen sie Privatzimmer an Touristen vermieten, die dann auf dem Land zwischen 20,- und 30,- CUC/Nacht/Raum kosten, in der Stadt zwischen 30,- und 40,-CUC und ein Frühstück für 3 -5 CUC/Pers. offerieren. Das Genehmigungsverfahren ist – wie wir häufiger hören – langwierig und steinig, wird aber dennoch mit Zähigkeit verfolgt, da solche Nebeneinkünfte schon ein weitaus besseres Leben in Aussicht stellen. Ist die Genehmigung einmal da, greift die staatliche Kontrolle: minutiöses Registrieren der Gäste mit Passkontrolle, wöchentliches Abführen der Steuer, Aufklären der Touristen darüber, dass man auf gar keinen Fall Kubaner in die Pension bringen darf und stichprobenartige Kontrollen…

Kubaner haben das Leben und Überleben in Zeiten der Mangelwirtschaft gelernt und wissen, dass man zugreifen muss, wenn es etwas gibt, nicht erst dann, wenn man es braucht.

Der seitl. Text beschreibt sehr treffend die in der Zeit der Mangelwirtschaft entstandene Fähigkeit der Kubaner, alles Alte und Gebrauchte zu recyclen, um es neuem Gebrauch zuzuführen.
Hier zwei Männer, die alte Leinen zu neuen zusammendrehen…

So kann man ihre Neigung zum Sammeln, Horten und Bevorraten all dessen – was kein kurzfristiges Verfallsdatum hat – verstehen. Bester Hort sind – offensichtlich – die Flachdächer. Hier findet man alles, was man im Moment nicht benötigt, was sich aber irgendwann, in irgendeiner Form noch recyclen lässt. Baumaterialien, Schläuche, Leinen, Wasserleitungen, Styropor-Platten, Plastikbehälter aller Art…

Sie sind Meister in der „Limonaden-Herstellung“…(s.Titel)

Nehme ein Fahrrad und mache ein Mofa daraus, indem du den Motor einer „Stihl“-Kettensäge anbringst…

Hast du ein Auto, das noch irgendwie zusammenhält und rollt, setze ein Taxi-Schild darauf und biete Chauffeurdienste an…Kannst deine Fahrgäste ja – wenn sie zu einer schicken Bar oder einem Hotel gebracht werden wollen – eine Ecke vorher absetzen…Dann müssen sie sich nicht schämen und du wirst vom Portier nicht mit Schimpf und Schande davongejagt.
Ist deine Schrottkiste wie ausgebrannt, hast du immer noch die Möglichkeit, die Seitenfenster ganz herauszuschlagen (Fensterkurbeln werden dadurch obsolet), die Innenseite der Türen mit Filz zu bekleben und den Autohimmel – ganz geschickt – mit den bereits erwähnten Styropor-Platten vom Flachdach verkleiden.

Die fehlenden Stoßdämpfer und die ausgeleierten Sprungfedern der Passagierbank stauchen den Fahrgast zwar beim Einsteigen bereits auf den Boden der Tatsachen, werden sein Kreuz aber hoffentlich nicht ad hoc ruinieren…
…und der Blick – an der Lenksäule entlang (durch ein kreisrundes Loch im Chassy) auf den fliehenden Straßenbelag – wird ihn nicht gleich in Ohnmacht fallen lassen. Dabei wird er aber erkennen können, dass deine Taxifahrten so einträglich waren, dass du dir bereits ein Paar schicke, blitzneue Puma-Sneaker leisten konntest…

Hast du ein großes Auto, mache ein „Collectivo“ daraus und befördere mit einem Schlag 8 Personen. Wen stört’s schon, dass da mal ein Kotflügel fehlt oder wenn die drei – Holzklasse-Hinterbänkler – bei jeder Bodenwelle den Kopf einziehen müssen….

Ja, Taxifahrer haben in Zeiten und an Orten mit boomendem Tourismus das große Los gezogen. Sie können mit ihrem privaten Beförderungsdienst das 50 – 100fache eines Lehrergehaltes verdienen. Wir fragen uns, ob da in Kuba nicht so einiges aus dem Ruder läuft, wenn promovierte Akademiker, Lehrer und Rechtsanwälte als Taxifahrer ihr Gehalt aufbessern oder nur noch als solcher arbeiten, statt – im Sinne der Revolution – ihr Wissen und ihr berufliches Wirken dem Volk zukommen zu lassen.


Leider schlecht zu erkennen: Unter dem Kennzeichen das Metallschild mit der Aufschrift: „MAFIA“

Einkaufen für den täglichen Bedarf…

ist weder für Kubaner, noch für Touristen ganz leicht. Kubaner haben den Vorteil, dass sie wissen, wo es etwas gibt, haben aber häufig nicht das nötige Geld, um sich die Dinge leisten zu können. Touristen hingegen haben (im Allgemeinen) Geld, wissen aber nicht, wo es etwas zu kaufen gibt.
Das gilt in ganz besonderem Maße für Segler, die ja darauf angewiesen sind, sich für längere Zeiten auf See sehr gut verproviantieren zu müssen, da sie
1. nicht überall da an Land gehen dürfen, wo sie möchten und es
2. in den kleinen Fischerdörfern absolut nichts zu kaufen gibt.

Daher die Regel: Siehst du eine wartende Menschenschlange auf einer Straße, an der sich nicht gerade eine Bushaltestelle oder ein (staatliches) „Coppelia“-Eiscafé befindet, dann stellst du dich am besten mal an. Möglicherweise gibt es da etwas zu kaufen, was du demnächst brauchen könntest.

Supermärkte: die gibt’s und sie sehen alle ähnlich aus. Senkrecht zum Ausgangs- und Kassenbereich gibt es zwei bis drei 4m-lange Regale (beidseitig bestückt), die mit 4m Nudeln, 4m Mehl, 4m Tomatensauce, 4m Windeln, 4m Keksen und Kräckern, 4m Softgetränken und Bier und mindestens 4m Hochprozentigem, vor allem Rum gefüllt sind. Fakultativ findet man (übrigens ausgezeichnetes!!!) Milchpulver und in der Kühltheke Butter, eine scheußliche Wurst und manchmal einen essbaren Käse….

In größeren Städten lohnt es sich, seine Nase hinter jede der hohen Gittertüren zu stecken, da man dort doch das eine oder andere essbare Kleinod finden kann.

Bauernmärkte, auf denen Obst, Gemüse, Schweine- und Hühnerfleisch verkauft werden, findet man in Städten in sehr, sehr unterschiedlicher Größe und Qualität.

Rindfleisch ist Mangelware. Wir fragen uns, was mit den Rinderherden, die wir im Tal von Vignales sehen, passiert. So viele Bullen können nicht als Ochsen vor den Pflug gespannt werden, offensichtlich landen aber auch nur wenige beim Metzger.
Und Milchkühe sehen wir gar nicht. Kein Wunder also, dass Milch nur selten zu kaufen und Milchpulver für Kubaner fast unerschwinglich ist, falls sie keine kleinen Kinder haben (und damit die entsprechenden Bezugsscheine).

Bäcker sind rar und (gutes ?) Brot ist schnell ausverkauft.

Ich verirre mich in einen dunklen Laden, in dem ich Eier auf der Theke erkennen kann. Meinen Eierkarton präsentierend, höre ich nur ein barsches „No“. Der Verkäufer erkennt wohl meinen erstaunt fragenden Gesichtsausdruck und sagt dann – fast entschuldigend mit dem „Libretto“ (dem Bezugsscheinheftchen) wedelnd – dass man hier nur mit den Bezugsscheinen einkaufen kann…

Auch das gibt’s auf Kuba noch. Verhungern muss hier niemand.

20170425 Lobster

der bei gekonnter Zubereitung ein regelrechtes Flimmern auf der Zunge auslöst, beschert uns ein bemerkenswertes und ein sehr, sehr spontanes und ausgesprochen lustiges Erlebnis.
Die Delikatesse mit ihren langen, pieksigen Beinen und Fühlern, die sich – noch lebendig – in Kubas vorgelagerten Riffen zu Hause fühlt und sich dort kräftig vermehrt, wird des Öfteren von Fischern angeboten.

Nach 16 Tagen in der schmutzigen Lagune von Cienfuegos sehnen wir uns nach dem unwiderstehlich türkisfarbenen, glasklaren Wasser VOR Kubas Küsten. Wir legen ab in Richtung Cayo largo, einer langgezogenen, schmalen Insel vor der Südwestküste Kubas.
Gleich „um die Ecke“ von Cienfuegos, in der klaren, einsamen Ankerbucht von Arimao, muss die PIA zunächst mal von der glitschigen, hellgrünen Algenpracht befreit werden, die sich wie eine Langhaarmähne an der Wasserlinie angesetzt hat und als Geschwindigkeitsbremse wirkt.
Eine zweistündige, kräftezehrende Schabearbeit für den Skipper.

Da wir Cayo largo, das – wie die gesamte Westküste von Kuba – umgeben ist von Flachwasser und Riffen, nicht bei Nacht anlaufen wollen, müssen wir unterwegs noch einen Stopp einlegen. Ein Ankerplatz vor dem Leuchtturm von Cayo del Este wird empfohlen. Wir lesen, dass es vor Cayo Sal, einem winzigen Inselchen westlich das Leuchtturms noch viel schöner sein soll und hören – zum Glück – erst sehr viel später, dass es hier – wie an einigen anderen Küstenstreifen Kubas – Krokodile geben soll.

Dunkelgrau, felsig, mit niedrigem Gesträuch bewachsen, schaut die Insel nur wenige Meter aus der dem Meer heraus.
Ein gestrandeter Katamaran glotzt uns hohläugig entgegen.

Heimelig wirkt diese Szenerie keineswegs. Der Ankergrund sieht felsig aus, das Wasser ist sehr bewegt und dunkel, der Wind nimmt beständig zu. Kurz vor Sonnenuntergang lassen wir den Anker fallen. Die Lage des Ankers bleibt unkontrolliert, weil Peter – wegen diverser Schürfwunden – nicht ins Salzwasser möchte und ich mich hier nicht traue.

Trotz des unangenehmen Schaukelns setzen wir uns zum Sundowner an den Bug. Was ist das? Ein Knattern ist zu hören. Um die Inselspitze schiebt sich ein Boot. Alles, was ich über Piraterie gehört habe und von Überfällen weiß, schießt mir durch den Kopf. Ich höre meinen Puls in den Adern und traue mich nicht, nach hinten zu schauen.
Das Knattern kommt kontinuierlich näher.
Peter fasst sich ein Herz, steht auf und geht an die Reling.
Ich bin zu Stein erstarrt. Wo bleibt der Angriff?

Das „Unheil“ verlangsamt die Fahrt, bleibt in respektvollem Abstand zur PIA und wird von Peter bereits begrüßt. Keine Piraten! Einer von drei sehr ärmlich wirkenden Fischern hält bereits einen Lobster hoch. Peter nickt. „Wie viele wollt ihr“? „Einen“. „No, No!“ Er hält drei große hoch.
„Was kosten die?“ Achselzucken. Der jüngste, dünnste und Hohlwangigste wiederholt mehrfach: „Comer, comer“, also etwas zu essen. Wir stehen – ich immer noch ganz zittrig – komplett auf der Leitung, da wir gehört haben, dass die Fischer ihren Lobster gerne gegen Rum, Bier oder Seife eintauschen. Die Bedeutung von „comer“ (Essen) passt da gerade so gar nicht ins Denkschema. Also fragt Peter: „Ron?“ Verhaltenes Nicken. Ich hole eine Flasche Rum, die gegen drei Lobster das Boot wechselt. Als Peter noch drei Dosen kaltes Bier holt, kommen sie zurück, drücken uns noch zwei Lobster in die Hand und fahren, noch eine Ehrenrunde drehend, freundlich winkend davon.

Puh, war das ein Schrecken!

Ich schäme mich ein wenig, diesen harmlosen, ehrlichen Fischern böse Absichten unterstellt und dabei nicht erkannt zu haben, dass dieser dünne junge Mann und seine Kollegen einfach nur Hunger hatten. Mit Reis, Kartoffeln oder Brot hätten wir ihnen vielleicht eine größere Freude bereiten können…

Ein herrlicher Sonnenuntergang NACH einem aufregenden Tauschgeschäft und VOR einer sehr windigen, welligen und schaukeligen Nacht…

Die nächsten Lobster gibt’s vor einer kleinen Insel in den „Jardines de la Reina“.

Wolfgang und Chris (von der „Libertina“), mit denen wir seit einigen Tagen zusammen segeln, waren schon einmal hier und erzählen von ihrem netten Kontakt zu den Fischern.
Das Ankermanöver ist gerade abgeschlossen, als bereits die ersten Fischer heranfahren, um ihre Lobster zu präsentieren.

Wir fragen über Funk, ob die Libertina auch an Langusten interessiert sei. Natürlich! Peter holt die beiden mit dem Dinghi ab. Freudiges Hallo, als die Fischer den „LOBO“ = „Wolf“-gang erkennen. Peter bittet die beiden Kapitäne und den Lobstertaucher zu einem Bier an Bord und es beginnt eine fröhliche, ziemlich lautstarke Unterhaltung, die letztendlich zum Auftakt eines unvergesslichen Abends wird.

Die Fischer holen ihre drei Kollegen, die noch auf dem Mutterboot sind, ab und kommen mit allen Zutaten zu einem leckeren Abendessen wieder. Fünfzehn Lobster werden vorher noch in meinen größten Topf gesteckt mit der Anweisung, sie 10min kochen zu lassen…

Dann steigen sechs Männer an Bord, eben noch in Stiefeln und Fischerklamotten, nun im adretten Ausgehzwirn. Eine große Schüssel Krautsalat und ein Topf mit dampfendem Reis und roten Bohnen wird auf den Cockpittisch gestellt.

Koch und Atlatus machen sich an die Arbeit. Während ich in Olivenöl und Butter den Knoblauch glasig dünste, zerhackt der Koch – sehr geschickt – die Langusten.

Mit der Fleischseite in die Pfanne gedrückt ist der Schmaus schnell fertig und ebenso flott verzehrt. Köstlich!!!

Niemals hätte ich den vermeintlich rauen Männern so viel Umsicht zugetraut. Es wird gespült, aufgeräumt, der Boden gewischt, die Töpfe zusammengestellt.

Alle haben ihre Handys dabei und freuen sich, die Akkus bei uns laden zu können. Im Cockpit herrscht eine Bombenstimmung. Ein Musikwürfel sorgt für fetzige Musik, man lacht, diskutiert und erzählt, unterhält sich in einem gestikulierenden Gemisch aus Spanisch und Englisch und … beginnt schließlich zu tanzen. Chris und ich werden abwechselnd von vier Tänzern auf die „Tanzfläche“ gebeten. Ein Super-Tänzer ist dabei, der sich redlich Mühe gibt, unserem Tanzstil ein wenig mehr Geschmeidigkeit zu entlocken. Hm, wie finden wir denn das??? Es ist jedenfalls nicht unnett!!!

Der Abend verfliegt im Nu und wir merken nicht, dass die Fischer – wie die Heinzelmännchen von Köln – Töpfe und Geschirr spülen und den Boden aufwischen. Donnerwetter!
Lediglich Wegräumen müssen wir noch.

Als sie um Mitternacht unser Boot verlassen – mit einer herzlichen Umarmung für jeden – und ein bisschen angetüdelt (nach 68 Dosen Bier!!!)… versprechen sie, am nächsten Morgen mit einem Frühstück für uns wiederzukommen.

Pünktlich um 8.30h kommt der „Lieferservice“ und bringt feinste Fischfilets, umhüllt von einer Panade aus gemahlenen Langusten, Ei und Mehl, ausgebacken und heiß…
Keine Frage: zum Apero oder Sundowner eine Delikatesse; aber zum Frühstück treibt unser westeuropäischer Magen doch deutliche Fragezeichen in die Gesichter. Dennoch verspeist jeder einen Fisch mit genussvollem Gesichtsausdruck und niemand muss es bereuen.

Eine Stunde später holen wir noch einmal Lobster und dürfen dabei ihr Schiff anschauen. In Puncto Sauberkeit und Ordnung könnte sich da so mancher eine Scheibe abschneiden…

Da der Tag sehr grau, regnerisch und windig ist, können sie heute nicht fischen. Sie drehen um unsere beiden Schiffe noch eine Ehrenrunde und fahren dann zurück nach Casilda, ihrem Heimathafen…


Cuba – Alemania – Amigos… Die Sympathie, Wärme und Herzlichkeit dieser Männer wird uns allen in schöner Erinnerung bleiben.