20170426 Leben auf Kuba

könnte unter dem Motto stehen: Wenn das Leben dir Zitronen schenkt, mache Limonade daraus…

Jeder Kubaner versucht, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, so gut wie möglich zu leben. Und das ist nicht leicht, denn der durchschnittliche Monatsverdienst liegt bei 20,-CUC, das entspricht 20,-€, dem Gehalt von Lehrern, Rechtsanwälten, Köchen, Kellnern und anderen staatlich Bediensteten. Der Tankwart in der Marina von Santiago de Cuba bekommt für seine Arbeit ganze 12,-CUC/Mon. und strahlt wie ein Honigkuchenpferd, als er 5,-CUC Trinkgeld bekommt, eine Ärztin im Krankenhaus wird für ihre Arbeit mit 30 – 80,-CUC entlohnt. Da ist es nicht verwunderlich, dass man nach Möglichkeiten für kleine oder größere Nebeneinkünfte sucht. Relativ leicht ist das in Gegenden mit bestehendem oder aufkeimendem Tourismus.
Haus- oder Wohnungsbesitzer z.B. können einen Antrag stellen auf Genehmigung zum Betreiben einer „Casa Particulara“. Damit dürfen sie Privatzimmer an Touristen vermieten, die dann auf dem Land zwischen 20,- und 30,- CUC/Nacht/Raum kosten, in der Stadt zwischen 30,- und 40,-CUC und ein Frühstück für 3 -5 CUC/Pers. offerieren. Das Genehmigungsverfahren ist – wie wir häufiger hören – langwierig und steinig, wird aber dennoch mit Zähigkeit verfolgt, da solche Nebeneinkünfte schon ein weitaus besseres Leben in Aussicht stellen. Ist die Genehmigung einmal da, greift die staatliche Kontrolle: minutiöses Registrieren der Gäste mit Passkontrolle, wöchentliches Abführen der Steuer, Aufklären der Touristen darüber, dass man auf gar keinen Fall Kubaner in die Pension bringen darf und stichprobenartige Kontrollen…

Kubaner haben das Leben und Überleben in Zeiten der Mangelwirtschaft gelernt und wissen, dass man zugreifen muss, wenn es etwas gibt, nicht erst dann, wenn man es braucht.

Der seitl. Text beschreibt sehr treffend die in der Zeit der Mangelwirtschaft entstandene Fähigkeit der Kubaner, alles Alte und Gebrauchte zu recyclen, um es neuem Gebrauch zuzuführen.
Hier zwei Männer, die alte Leinen zu neuen zusammendrehen…

So kann man ihre Neigung zum Sammeln, Horten und Bevorraten all dessen – was kein kurzfristiges Verfallsdatum hat – verstehen. Bester Hort sind – offensichtlich – die Flachdächer. Hier findet man alles, was man im Moment nicht benötigt, was sich aber irgendwann, in irgendeiner Form noch recyclen lässt. Baumaterialien, Schläuche, Leinen, Wasserleitungen, Styropor-Platten, Plastikbehälter aller Art…

Sie sind Meister in der „Limonaden-Herstellung“…(s.Titel)

Nehme ein Fahrrad und mache ein Mofa daraus, indem du den Motor einer „Stihl“-Kettensäge anbringst…

Hast du ein Auto, das noch irgendwie zusammenhält und rollt, setze ein Taxi-Schild darauf und biete Chauffeurdienste an…Kannst deine Fahrgäste ja – wenn sie zu einer schicken Bar oder einem Hotel gebracht werden wollen – eine Ecke vorher absetzen…Dann müssen sie sich nicht schämen und du wirst vom Portier nicht mit Schimpf und Schande davongejagt.
Ist deine Schrottkiste wie ausgebrannt, hast du immer noch die Möglichkeit, die Seitenfenster ganz herauszuschlagen (Fensterkurbeln werden dadurch obsolet), die Innenseite der Türen mit Filz zu bekleben und den Autohimmel – ganz geschickt – mit den bereits erwähnten Styropor-Platten vom Flachdach verkleiden.

Die fehlenden Stoßdämpfer und die ausgeleierten Sprungfedern der Passagierbank stauchen den Fahrgast zwar beim Einsteigen bereits auf den Boden der Tatsachen, werden sein Kreuz aber hoffentlich nicht ad hoc ruinieren…
…und der Blick – an der Lenksäule entlang (durch ein kreisrundes Loch im Chassy) auf den fliehenden Straßenbelag – wird ihn nicht gleich in Ohnmacht fallen lassen. Dabei wird er aber erkennen können, dass deine Taxifahrten so einträglich waren, dass du dir bereits ein Paar schicke, blitzneue Puma-Sneaker leisten konntest…

Hast du ein großes Auto, mache ein „Collectivo“ daraus und befördere mit einem Schlag 8 Personen. Wen stört’s schon, dass da mal ein Kotflügel fehlt oder wenn die drei – Holzklasse-Hinterbänkler – bei jeder Bodenwelle den Kopf einziehen müssen….

Ja, Taxifahrer haben in Zeiten und an Orten mit boomendem Tourismus das große Los gezogen. Sie können mit ihrem privaten Beförderungsdienst das 50 – 100fache eines Lehrergehaltes verdienen. Wir fragen uns, ob da in Kuba nicht so einiges aus dem Ruder läuft, wenn promovierte Akademiker, Lehrer und Rechtsanwälte als Taxifahrer ihr Gehalt aufbessern oder nur noch als solcher arbeiten, statt – im Sinne der Revolution – ihr Wissen und ihr berufliches Wirken dem Volk zukommen zu lassen.


Leider schlecht zu erkennen: Unter dem Kennzeichen das Metallschild mit der Aufschrift: „MAFIA“

Einkaufen für den täglichen Bedarf…

ist weder für Kubaner, noch für Touristen ganz leicht. Kubaner haben den Vorteil, dass sie wissen, wo es etwas gibt, haben aber häufig nicht das nötige Geld, um sich die Dinge leisten zu können. Touristen hingegen haben (im Allgemeinen) Geld, wissen aber nicht, wo es etwas zu kaufen gibt.
Das gilt in ganz besonderem Maße für Segler, die ja darauf angewiesen sind, sich für längere Zeiten auf See sehr gut verproviantieren zu müssen, da sie
1. nicht überall da an Land gehen dürfen, wo sie möchten und es
2. in den kleinen Fischerdörfern absolut nichts zu kaufen gibt.

Daher die Regel: Siehst du eine wartende Menschenschlange auf einer Straße, an der sich nicht gerade eine Bushaltestelle oder ein (staatliches) „Coppelia“-Eiscafé befindet, dann stellst du dich am besten mal an. Möglicherweise gibt es da etwas zu kaufen, was du demnächst brauchen könntest.

Supermärkte: die gibt’s und sie sehen alle ähnlich aus. Senkrecht zum Ausgangs- und Kassenbereich gibt es zwei bis drei 4m-lange Regale (beidseitig bestückt), die mit 4m Nudeln, 4m Mehl, 4m Tomatensauce, 4m Windeln, 4m Keksen und Kräckern, 4m Softgetränken und Bier und mindestens 4m Hochprozentigem, vor allem Rum gefüllt sind. Fakultativ findet man (übrigens ausgezeichnetes!!!) Milchpulver und in der Kühltheke Butter, eine scheußliche Wurst und manchmal einen essbaren Käse….

In größeren Städten lohnt es sich, seine Nase hinter jede der hohen Gittertüren zu stecken, da man dort doch das eine oder andere essbare Kleinod finden kann.

Bauernmärkte, auf denen Obst, Gemüse, Schweine- und Hühnerfleisch verkauft werden, findet man in Städten in sehr, sehr unterschiedlicher Größe und Qualität.

Rindfleisch ist Mangelware. Wir fragen uns, was mit den Rinderherden, die wir im Tal von Vignales sehen, passiert. So viele Bullen können nicht als Ochsen vor den Pflug gespannt werden, offensichtlich landen aber auch nur wenige beim Metzger.
Und Milchkühe sehen wir gar nicht. Kein Wunder also, dass Milch nur selten zu kaufen und Milchpulver für Kubaner fast unerschwinglich ist, falls sie keine kleinen Kinder haben (und damit die entsprechenden Bezugsscheine).

Bäcker sind rar und (gutes ?) Brot ist schnell ausverkauft.

Ich verirre mich in einen dunklen Laden, in dem ich Eier auf der Theke erkennen kann. Meinen Eierkarton präsentierend, höre ich nur ein barsches „No“. Der Verkäufer erkennt wohl meinen erstaunt fragenden Gesichtsausdruck und sagt dann – fast entschuldigend mit dem „Libretto“ (dem Bezugsscheinheftchen) wedelnd – dass man hier nur mit den Bezugsscheinen einkaufen kann…

Auch das gibt’s auf Kuba noch. Verhungern muss hier niemand.

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