20170304 KUBA

empfängt uns kühl.
Nach einer Nacht auf See, die eigentlich keine war, weil wir vom Nord-Nordostwind Wind und kurzen, knackigen Wellen durchgerüttelt wurden, geht die Sonne auf. Eine von blassen, diffusen Streifen durchzogene Morgenröte verheißt nichts Gutes.
Gegen 9.30h kommt Kuba in Sicht. Weiße Wolken schweben – wie ein ausladender Sonnenhut – über den Bergen von Kubas Mitte.
Der Wind lässt plötzlich nach und wir nutzen die Stille, um die PIA von ihrer Salzkruste zu befreien. Vergebliche Liebesmühen wie sich später herausstellen wird, da wir – bei der Einfahrt in die große Bucht von Cienfuegos – noch einmal ordentlich einen auf die Mütze kriegen.

Anlegen zum Einklarieren können wir nicht, da der Steg noch von einem deutschen Katamaran belegt ist. In die zugewiesene Alternativecke können wir uns – wegen des starken Windes – nicht hinein manövrieren. Warten….

Nach ungefähr einer Stunde dürfen wir an den Einklarierungssteg. Die Freundlichkeit der an Bord kommenden Offiziellen nimmt in Potenzschritten ab. Der Arzt, der im weißen Kittel, mit Arztkoffer unterm Arm an Bord kommt, macht noch einen relativ freundlichen Eindruck und hält uns – nach ausgiebiger Befragung – so eine Art Bolzenschussgerät vor die Stirn. Konsterniertes Zurückweichen, bis er erklärt, dass das ein Fieberthermometer sei.
Nach der weniger freundlichen Immigration, die die Pässe kontrolliert und 75,-€/Person für eine einmonatige Aufenthaltsgenehmigung (das Despacho) kassiert, kommen die Zollbeamten an Bord (mit finsterer Miene und absolut bestechungsresistent gegen Espresso und Mandelplätzchen). Sie listen alle Alkoholika und frischen Lebensmittel incl. der tiefgekühlten auf und sind damit – wegen der nur noch geringfügigen Reste – schnell fertig. Das Satellitentelefon, das bis vor Kurzem noch bei Einreise konfisziert und erst bei Ausreise wieder freigegeben wurde, wird nur noch als „vorhanden“ in die Liste eingetragen. Dann springt der Drogenhund an Bord, ein ausgesprochen schöner Jagdhund. Schnüffel, schnüffel…aber er findet – erwartungsgemäß – nichts.

Man erlaubt uns, bis zum nächsten Morgen am Einklarierungssteg liegen zu bleiben und – schwupps – finden sich die Crews der drei anderen, in der Marina liegenden, deutschen Schiffe zum Klönschnack ein. Würde man jetzt ein Foto schießen, sähe der Betrachter ein fröstelndes, im Regen stehendes Personengrüppchen mit windzerzausten Haaren, hochgezogenen Schultern, die Arme vor der Brust verschränkt. Ist das Kuba oder hat man versucht ein frühlingshaftes Nordsee-Hoch zu fotoshoppen?

Kuba scheint irgendwie anders zu sein.

Ein willkommener Nebeneffekt des Regens ist die Befreiung der PIA vom Salz.
Eine inwendige Süßwasser-Reinigung wäre m.E. nicht notwendig gewesen, wird aber unumgänglich, als wir feststellen, dass ein gerissener Wasseranschluss hinter der Duschwand zur Überflutung sämtlicher Kunststoffbehälter in der Bilge geführt hat. 100 Liter Wasser müssen aus der Bilge gepumpt werden, das Wasser aus den Kisten gekippt, die triefenden Pappkartons entfernt, Inhalte säuberlich sortiert, abgewischt und zum Trocknen aufgehängt oder ausgebreitet, neue Plastiktüten beschriftet werden…

Als die La Rossa Crew zum Sundowner kommt, sitzt sie zwischen Ersatzteilen für die Winschen, Nieten, Schrauben, Konserven oder zum Trocknen aufgehängten Stromkabeln, die die Haare kraulen.
Eigentlich der richtige Zeitpunkt für eine Inventur des Ersatzteillagers. Die verschieben wir aber auf später, da wir ja übermorgen nach Havanna wollen.

Der nächste Tag gilt Cienfuegos. Vor dem Tor der Marina wartet bereits ein Taxi auf Kundschaft. Die Konkurrenz, eine Fahrradrikscha, könnte zwei Personen mitnehmen aber wir möchten die drei Kilometer in die Stadt – an der Uferstraße entlang – zu Fuß zurücklegen.

Herrschaftliche Häuser, die vom Glanz weit zurückliegender Zeiten zeugen, haben das „Verfallsdatum“ deutlich überschritten. Unmittelbar aneinander gebaut, säumen sie die vierspurige Straße, die von einem Bäume-bestandenen Mittelstreifen geteilt wird. Im Schatten der vorgebauten Kolonnaden können wir bis zur Fußgängerzone laufen.

Ein Eiscafé zieht uns magisch an. Neugierig will ich einen Fuß hineinsetzen und werde abrupt vom ausgestreckten Arm des „Platzanweisers“ gebremst. So nicht. „Wieviele Personen?“ „Vier“ Er lässt den Blick über die etwa dreißig unbesetzten Tische dieser gefliesten „Eishalle“ schweifen und platziert uns in die Nähe von drei besetzten Tischen. Kunst an den Wänden, d.h. zu Heroischem geformte Eisenstangen, Bedienungen, denen das Gespräch unter Kollegen offensichtlich wichtiger ist als mögliche Kundschaft und desinteressiertes Werkeln hinter einer Glasscheibe rufen Erinnerungen an „Ostblock“-Zeiten hervor.

Eine dralle Matrone baut sich vor uns auf. „Refrescos“?? „No hay“. Die in der Karte angebotenen Erfrischungsgetränke gibt’s nicht. „Wir haben Eis… Punkt.“ Welches? Papaya, Erdbeer, Banane. Wir möchten alles probieren. Hüftschwingend schlurft sie davon.
Aber: das lange Warten hat sich gelohnt. Alle drei Sorten schmecken vorzüglich!

(Nebenbei bemerkt: Ein Restaurationsbetrieb ohne Toilette wäre in Deutschland unmöglich. Hier nicht. Ich werde zum nächsten, öffentlichen Gebäude geschickt, wo es in der Regel Toiletten gibt aber weder Wasser für die Spülung noch zum anschließenden Händewaschen, ganz zu schweigen von Toilettenpapier oder Seife. In besseren öffentlichen Einrichtungen gibt es eine Toilettenfrau, die gegen ein paar Pesos drei Blättchen Toilettenpapier verteilt, anschließend eine Konservendose frischen Wassers nachspült, ein Stückchen Seife reicht und wieder wegnimmt, um danach die Hände mit einer Tasse Wasser nachzuspülen). Zur diesbezüglichen Ehrenrettung: In fast allen privaten Einrichtungen gibt es mehr oder weniger ordentliche Toiletten.

In der quirligen Fußgängerzone sehen wir die nächste Menschenschlange. Was gibt’s denn da? Ah, richtig! Es ist Montag! Da gibt’s Eier. Die können wir brauchen. Trudi und ich stellen uns geduldig ans Ende der Schlange und benötigen ca. eine Viertelstunde, um einen ersten Blick auf die Eiertürme erhaschen zu können.

20Stck. dieser gigantischen Eiermenge landen für 1CUC = 1€ in einer „MITGEBRACHTEN“ Plastiktüte. Kein Eierkarton, kein schützendes Papier…Drei werden den Transport zum Schiff nicht überleben.
Am Parque Marti, der gesäumt ist von prächtigen Kolonialbauten gönnen wir uns – in einer Café-Bar unter den Kolonnaden- einen sehr kräftigen Espresso und werden dabei von einem älteren – mit allen Frauen schäkernden – Gitarrenspieler unterhalten. Tief in die Augen blickend schmettert er: „Besame, besame mucho…. Guantanamera etc. Super! So langsam kommt ein wenig Stimmung auf.

Jose`Martí, Märtyrer des Kubanischen Befreiungskampfes (von den spanischen Kolonialherren) und Volksheld Nr.1, Dichter, Philosoph und Politiker, der sich für Bildung und soziale Gerechtigkeit einsetzte, war das große Vorbild für die spätere Revolution. Sein Denkmal findet man in jedem größeren Ort.

Wir schlendern über die touristische Souveniermeile von Cienfuegos in Richtung Kreuzfahrer-Anlegestelle. Alles was man nicht braucht, wird hier angeboten. In auffallend vielen, kleinen Kunstateliers wird gemalt oder Holz geschnitzt. Niemand wirbt hier aggressiv für seine Produkte. Hat man einmal „Nein“ gesagt, wird man in Ruhe gelassen. Überall liegt Musik in der Luft. Kleine Bands, Gitarrenspieler oder Sänger geben ihr Bestes und Passanten bewegen sich dazu im Takt.

Ein Fiaker bringt uns zurück in Richtung Marina. Stopp beim „Rapido“, einem Hotspot. Hier kann man ETECSA-Karten kaufen, die – je nach Anbieter – für 1.50 – 6.00 CUC eine Stunde Internet bieten. Mir gelingt es, wenigstens die What’sApp Meldungen zu öffnen, Wim bekommt keinen Kontakt.

Es ist inzwischen 18.00h und wir gehen Essen, um beizeiten an Bord zu sein, da wir für morgen früh um 9.00h das Taxi nach Havanna gebucht haben und alle noch ein Köfferchen packen müssen. Trudi und Wim werden von dort aus nach Hause fliegen.
Es kommt anders. Trudi stolpert auf dem Heimweg, stürzt, fällt aufs Gesicht und rammt sich den Brillenbügel in die Augenbraue. Es blutet wie verrückt. An der Marina angekommen, bringt uns der Marinero gleich in die schräg gegenüber liegende Ambulanz. Aus einem Metallbehälter holt die Ärztin sterile????, in braunes Krepppapier gewickelte Tupfer, klebt eine Art Druckpolster auf und überweist uns zum Nähen ins Krankenhaus. Der tiefgekühlte Krankenwagen bringt uns in die Stadt.
Hätten wir nicht so viel Lob über das kubanische Gesundheitswesen gehört, wäre meine Skepsis gegenüber dem, was ich sehen konnte, wahrscheinlich noch sehr viel größer gewesen.
Die Ambulanz – Wände und Boden gefliest – sieht aus, als habe sie eine Granatsplitter-Attacke hinter sich. Überall fehlen kleine Ecken in den Fliesen.
Ich frage nach einer Tetanusspritze, da Trudi glaubt, dass die letzte Impfung weit mehr als 5 Jahre zurückliegt. Tetanusspritze? Haben wir nicht. Da müssen wir im Internationalen Krankenhaus nachfragen aber die haben auch keine.
Trudi wird derweil versorgt. Wunde gereinigt, umliegende Haut und Haare von Blut befreit. Lokalanästhesie. Das Nähen beginnt. Die Sterilität? Auch hier sehr gewöhnungsbedürftig.
Zwei Patientenliegen stehen kopfwärts an der gegenüberliegenden Wand, über ihnen eine rote Banderole mit der Aufschrift:
„Bevor du mich anfasst, wasche dir die Hände!“.
Uiuiui! Wer soll damit angesprochen werden?
Es geht alles gut. Medikamente für die Nachsorge haben wir an Bord. Das sollte man auf jeden Fall haben, denn die Apotheken sehen hier aus, als stünden sie unmittelbar vor dem totalen Ausverkauf.

Um 23.00h sind wir wieder zurück an Bord. Wim und Trudi müssen noch ihre Koffer für den Heimflug packen, wir für einen dreitägigen Aufenthalt in Havanna…

20170227 Jamaika

Hopping on and off… Eine Stippvisite…

Die Insel von Harry Belafonte, Bob Marley und Usain Bolt (Roots, Reggae und Recorde) über die ich sooo viel gelesen hatte, auf die ich mich so gefreut hatte, bleibt ein Streiflicht.

So grün und frisch wie die Insel beim Näherkommen auf uns wirkt, so freundlich sind die Menschen, die uns willkommen heißen. Der Gesundheitsoffizier, in weißem Arztkittel und einem breiten Harry Belafonte-Lächeln im Gesicht nimmt gerne den angebotenen Espresso mit Mandelplätzchen an (Beamtenbestechung???). Er fragt nach Fieber, Ausschlägen, bekannten Vorerkrankungen, will wissen woher wir kommen und verlässt – nachdem er augenscheinlich von unserer Gesundheit überzeugt ist – die PIA mit dem Hinweis, dass wir nun die gelbe Quarantäne-Flagge herunternehmen können, um sie durch die Jamaikaflagge zu ersetzen und dass seine Kollegen von Zoll und Immigration folgen werden.

Die futtern den Rest der guten Plätzchen auf, sind ebenso freundlich und glauben uns einfach, dass wir nichts Verbotenes dabei haben oder einführen wollen.

Zurück an der Boje wird – nach dem Blick auf die Wettervorhersage – unser Besichtigungsprogramm rigoros gekürzt. Keine Fahrt zu den Wasserfällen, keine in die Blue Mountains, weder nach Kingston noch an der Nordküste entlang.

Uns bleibt noch ein einziger Tag auf Jamaika.

Raften auf dem Grand River.

Das Taxi holt uns gegen 13.00h ab. Der Taxifahrer, ein junger Mann, politisch sehr interessiert, diskutiert mit uns über Angela Merkel, Trump und Marine le Penn während er uns durch die betörend wuchtig grüne, blühende Landschaft fährt. Die kurvenreiche Straße, an deren Steilhänge sich kleine Häuser krallen, Schluchten den Blick auf den Fluss freigeben und auf so manches Herrenhaus, das Eigentümern oder betuchten Gästen – vom Plateau aus – einen grandiosen Ausblick gewährt, endet – nach einer halben Stunde – am Startplatz unserer Floßfahrt.

An der Kasse entrichten wir den Obulus und „unser“ Floß mit der Nr. 142 wird vom Ufer in den Fluss geschoben. Wir müssen Rettungswesten anlegen und können dann auf der „Gästebank“ Platz nehmen.

Ab geht die Fahrt durchs rauschende, gurgelnde Wasser. Wir rutschen – vom hohlen Rumpelgeräusch der aneinandergebundenen Bambusrohre begleitet – durch einige, flache Stromschnellen oder gleiten lautlos auf tiefem, grünen Wasser dahin.
Geschickt manövriert der Masterflößer unser Gefährt durch Flussbiegungen, oder Felsfurten hindurch den 13km langen Fluss hinab.

Ein Halbwüchsiger hat vier Blüten zusammengebunden und versucht, seine kleinen Sträuße an die vorbeischwimmenden Touristen zu verkaufen.

Wir wollen ein Bad nehmen in diesem herrlich kühlen, klaren Süßwasser und legen – neben anderen Flößen – an einer breiten Flussbiegung an.

Während wir uns noch im Wasser tummeln, werden Wim und Trudi bereits magisch angezogen vom aufsteigenden Rauch einer sehr originellen Feuerstelle. Aus drei großen Aluminiumtöpfen steigt der Dampf, eine adrette, schlanke Jamaikanerin mit feinen Gesichtszügen verteilt die Köstlichkeiten, die sie offensichtlich gerade frisch zubereitet hat.
An provisorisch zurechtgezimmerten Tischen genießen wir Jamaikanische Flusskrebse mit Reis und schwarzen Bohnen, Dumplings und einer sehr schmackhaften, scharfen Sauce. Auch das Ragout vom Hühnchen ist nicht zu verachten. Dazu gibt’s gut gekühltes Bier, das auch unser Flößer sich schmecken lässt.

Nur noch eine Stunde fahren wir den Fluss hinunter bis zu seiner Mündung ins Meer.

Als Wim den Flößer fragt, ob die Flöße mit einem LKW-Transporter wieder an den Ausgangsort zurückgebracht würden, schaut der ihn an, als habe er ein Mondkalb vor sich. Ein LKW Transporter???? Unerschwinglich und überhaupt: auf welchen Straßen denn??? Nein, die Flöße werden von Lehrlings-Flößern – die sich erst die Sporen verdienen müssen – gegen den Strom zurückgezogen. Dreizehn lange, harte, Kräfte zehrende Kilometer gegen den Strom!!!
Er – als alter, erfahrener „Masterflößer“ – habe nun das Recht, diese Arbeit dem Nachwuchs zu überlassen.

Unser Taxi wartet bereits an der Anlegestelle.

Es wird allmählich dunkel, als wir in Port Antonio ankommen. Wir benötigen noch einige Lebensmittel. Die Regale des Supermarktes sind gut gefüllt, das Sortiment eher bescheiden. Obst und Gemüse an den Straßenständen sehen nur zum Teil gut aus.

Im Vergleich zum Vortag (der heutige Aschermittwoch ist ein Feiertag, an dem Banken und Behörden geschlossen sind) geht es recht ruhig zu. Keine Dancehall Music wummert aus riesigen Lautsprechertürmen, keine Reggae-Band auf dem Dorfplatz, die hunderte von Fans zum Tanzen und Mitsingen bringt, kein Marihuanageruch aus dem kleinen Park, in dem sich etliche Rastafari zum gemeinsamen Rauchen treffen, keine Straßenmusiker die – mit aufgestellter Blechdose fürs Trinkgeld – die relaxten Bob Marley Songs zum Besten geben…

Im Rheinland singt man zum Karneval: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei…“

Genau das gilt für unseren Jamaika Besuch. Kaum angekommen, verlassen wir diese landschaftlich so wunderschöne und kulturell äußerst interessante Insel, ohne auch nur ansatzweise einmal hinter die Kulissen geschaut zu haben. Schade…

20170222 Oh, Island in the Sun…

Noch liegen zwischen der – von Harry Belafonte so schön besungenen – Insel und uns ganze 600 Seemeilen.

JAMAIKA…

muss wahrscheinlich noch ein paar Tage warten, denn das seglerische akademische Viertel orientiert sich – wegen Wetter, Wind, Welle und anderer Imponderabilien – eher an der Woche als an der Stunde.

Die PIA, vermeintlich perfekt vorbereitet, mit neuen Borddurchlässen, reparierter und lackierter Passerelle, nachgenähten Segeln, einer neuen Abdeckung für den Steuerstand, geputzt und poliert, scheint nur noch auf die Gäste zu warten, um dann lossegeln zu können.

Wim und Trudi kommen am 11.Februar an, erleben mit uns Curacao im Schnelldurchgang, fliegen drei Tage später zur Beerdigung ihres Schwagers wieder nach Hause und sind am 19.2. wieder an Bord. Spätestens am 22.2. wollen wir ablegen.

Während Peter und Wim noch die Genua anschlagen und einen kontrollierenden Blick über stehendes und laufendes Gut werfen, machen Trudi und ich den Großeinkauf.

Zwei Einkaufswagen, randvoll mit Lebensmitteln, Getränken, Tiefkühlkost werden flott im Auto verstaut. Als wir jedoch losfahren wollen, ist das Schloss verriegelt. Ein falscher Knopfdruck und nicht enden wollender, höllischer Alarm bricht los. Wir drücken diverse Tasten, um daraufhin die gesamte Palette des Jaulens, Heulens und Tutens zu Gehör zu bekommen. Niemand kann uns helfen, die Türen bleiben verschlossen. Peter ist über mein Handy nicht zu erreichen, die Notrufnummer der Vermietung und Trudis Handy im Auto eingeschlossen. Mit gestressten Ohren müssen wir zusehen, wie die TK-Kost – unter der Heckscheibe, bei ca. 50°C im Auto – wahrscheinlich allmählich die Form verlieren wird. Endlich, nach 20min. der Malträtion naht Hilfe in Gestalt einer älteren Dame, die die Fernbedienung in die Hand nimmt, die RICHTIGEN Knöpfe drückt und uns auffordert, einzusteigen und loszufahren. Geschafft! Die Fracht kommt – wider Erwarten – einigermaßen intakt an Bord.

Peter bringt den Mietwagen zurück und wir haben ein letztes Abendessen am Ponton der Marina Curacao.

Am Morgen des 21.2. gibt’s ein Sekt-Frühstück. Wim und Trudi sind heute 49 Jahre verheiratet und –wie man sieht – immer noch sehr glücklich miteinander.

Danach geht’s los. Raus aus dem Schottegat und Warten auf das Öffnen der Konigin Emma Brug. Ein sehr netter Plausch mit Kapitän Cramer (Hannes‘ Sohn) von der neben uns liegenden Aida Diva verkürzt auf angenehme Weise die Wartezeit.

Nach einer Stunde öffnet die Brücke und wenig später ist die PIA – nach fast einem halben Jahr auf dem Trockenen – wieder in offenem Wasser.
Im glasklaren Wasser von Santa Barbara wollen wir den Wassermacher wieder in Betrieb nehmen.
Am schwimmenden Ponton, vor dem 5Sterne-Luxus-Golf-Resort von Santa Barbara, lässt man sich die „Luxusaussicht“ – ohne Strom und Wasser!!!! – vergolden. (10 Tage in der Curacao-Marine entsprechen 2 Nächten hier).

Aber gefallen tut’s uns schon… Abends laden Wim und Trudi uns ins „Boca 19“, dem Restaurant des Golfclubs ein. Es wird ein vergnüglichen Abend bei vorzüglichem Essen.

Der 22. ist da. Wir haben ein letztes Mal unsere Lieblings-Morgensportmeile durchkrault, gefrühstückt und wollen ablegen.
Peter schaltet die Navigation ein. Black, black, black but not beautiful zeigt sich der Plotter. Die einzige Meldung, die von oben nach unten ruckt:—
Ich fühle mich erinnert an das Störbild des Fernsehers in den 60er Jahren. Bitte haben Sie ein wenig Geduld. Die Störung wird gleich behoben. Der Unterschied zu damals und jetzt: Die Störung wird nicht von Zauberhand behoben, sondern durch Peters schweißtreibender Arbeit in der Hundehütte. Hatten wir das nicht schon einmal? (Blitzschaden: Las Palmas?)
Zum Glück sind wir – seit der Hamburger Bootsmesse – im Besitz eines neuen Programmes, das auf dem Laptop gefahren werden kann. Es braucht zwei Tage, ungeheure Konzentration beim Studieren der Installationsanweisungen, viel Schweiß und etliche Telefonate mit Furuno bis das Radar angefahren werden kann und alles installiert ist. Höchstes Lob an den Kapitän, Dank an Furuno und Herrn Feldbinder!

Freitag, 24.2.2017

Um 14.07h legen wir ab. Es ist ein strahlender Tag. Blauer Himmel, Sonne, wenig Welle. Ein leichter Wind schiebt uns an Curacaos Küste entlang in nordwestliche Richtung. Ein tolles Gefühl!!!
Spitzengeschwindigkeiten werden wir bei dieser Windstärke nicht erreichen, dafür ist es herrliches Kaffeesegeln. Wir diskutieren die Wacheinteilung und entscheiden uns für einen Vierstundenrhythmus. Wim und Trudi übernehmen die Wache von 23.00h – 3.00h morgens, wir wachen von 3.00h – 7.00h. Peter lässt mich freundlicherweise immer mindestens eine Stunde länger schlafen, was ich gerne annehme und ausnutze. Dafür genieße ich – ganz alleine – den Sonnenaufgang. Ab 6.30h hebt sich ganz allmählich die Horizontlinie vom dunklen Wasser ab und Wolkengebilde lassen erste Umrisse erkennen.

Nur einmal steigt die Sonne wie ein glutroter Ball aus dem Meer. An den beiden anderen Tagen schiebt sie sich hinter einem dicken, dunkelvioletten Wolkenband nach oben und bildet die dramatisch orange-rote Kulisse für die sich ablösenden, dunklen Blumenkohlwolken.

Ein ausgiebiges Frühstück um 9.00h bringt alle müden Geister wieder auf die Beine.

Drei Tage auf See lassen keine Langeweile aufkommen. Das neue Navigationsprogramm hält Peter auf Trab, da es erstens viel Neues zu entdecken gibt und zweitens Manches noch nicht so läuft, wie beabsichtigt.
Täglich wird ein Brot gebacken und abends zaubern wir mit den Curacao-Köstlichkeiten aus Kühlschrank und Gefriertruhe kleine, culinarische Highlights.
Am zweiten Tag auf See wird der Speiseplan durch einen Tuna bereichert. Aktion ist angesagt.

Wim kurbelt ihn sachte heran, Trudi holt ihn mit dem Fangnetz in Peters Reichweite, der ihn dann – mit einem kräftigen Schlag auf den Kopf – tötet und dem Koch obliegt schlussendlich das Ausnehmen und Filetieren. (…der hat – nach so viel Sauerei – das dringende Bedürfnis, eine Dusche zu nehmen…)

Das Prachtexemplar langt für zwei Mahlzeiten. Am ersten Abend gibt’s Sashimi mit einer Art frischen Mangochutneys und Koriander plus Sherry-Soja-Sauce…

am nächsten Tag Tataki vom Tuna (dicke Filets rundherum kurz anbraten, in geröstetem Sesam wälzen, mit Sherry-Soyasauce servieren)
Am letzten Morgen auf See werden wir Zuschauer eines sich auf uns zu bewegenden Squalls. Beeindruckend ist es, zu sehen, wie die riesige Wolkenwalze sich nähert, um mit enormen Windböen das Wasser flach zu fegen und gewaltige Wassermassen auszuschütten. Auf dem Radarbild lässt sich sehr deutlich erkennen, dass der Squall uns lediglich mit seiner Flanke gestreift hat aber das genügt, um die PIA einmal gründlich mit Süßwasser zu duschen.

27.Februar 15.00h.

Jamaika kommt in Sicht.

Herrlich, wie die dunkle Silhouette sich immer deutlicher vom Horizont abhebt. Wir peilen den östlichsten Punkt Jamaikas an, um nach seiner Umrundung in Port Antonio an die Boje zu gehen.

Um 17.45h, nach 75Stunden und 40min. auf See, machen wir an der Boje fest.
Ein Vogel setzt sich auf die Saling und trällert uns zur Begrüßung ein fröhliches Ständchen. Alles sieht so frisch und grün und blühend aus.

Wir sind angekommen und fühlen uns – von der ersten Sekunde an – einfach wohl.
Die gelbe Flagge wird gehisst. Von anderen Seglern haben wir gehört, dass man es, hier auf Jamaika, sehr genau nimmt mit dem Einklarieren und man nicht gleichzeitig die gelbe Quarantäne- oder Einklarierungsflagge UND die Landesflagge setzen kann. (Für Nichtsegler: Quarantäneflagge, die normalerweise besagt, dass man einklarieren möchte, um das Land betreten zu dürfen, hier auf Jamaika aber im ursprünglichen Sinne anzeigt, dass die Crew bereit ist, sich der Gesundheitskontrolle durch einen Gesundheitsoffizier, der an Bord kommt, zu unterziehen.)
In manchen Ländern wird verlangt, dass man unmittelbar nach der Ankunft bei der Immigration zu erscheinen hat, wo man, wenn man außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten ankommt, teilweise nicht unerhebliche „Overtime“-Zuschläge zahlen muss.
Peter rudert an Land, wo man ihm sagt, dass wir die Nacht getrost an der Boje verbringen können, wir sollen lediglich Kanal 16 einschalten, um morgen früh von den Offizieren aufgerufen werden zu können.