20160228 Martinique

Müßiggang ist aller Laster Anfang…

pflegte unsere Mutter immer zu sagen. Wir fragen uns, ob wir gerade „müßig“ gehen oder ob unsere Leser das so sehen könnten, da die PIA sich seit nunmehr fünf Wochen nicht von der Stelle bewegt und der Blog mit keiner Silbe gefüttert wird.

Eins vorweg: Wir sehen es nicht so. Ich mag vielleicht ein wenig von Schreibfaulheit geplagt sein oder von Geistesblitzen weiträumig umgangen werden; aber Müßiggang haben wir nicht.

Seit dem Verlassen von Trinidad – wo Vieles ausgebessert, renoviert, neu konstruiert oder installiert wurde, das die To-Do-Liste ein wenig schrumpfen ließ – sind klammheimlich neue Unzulänglichkeiten aufgetreten, die die Liste der ohnehin noch zu behebenden Mängel auf eine stattliche DinA4-Seite haben anwachsen lassen.

Die schöne, wochenlange Ausrede ‚das machen wir alles auf Martinique‘ muss nun – im Hier und Jetzt – mit Taten gefüllt werden. Theoretisch ist das leicht, da hier europäische Einkaufsmöglichkeiten bestehen, praktisch jedoch brauchen wir für alles sehr viel Zeit, da wir weit ab vom Schuss, in einer sehr geschützten und schönen Bucht liegen, dafür aber mit dem Dinghi 20min brauchen, um in die Marina zu kommen. Was es dort nicht gibt, muss bestellt werden oder mit einem Mietauto (das nur schwerlich zu bekommen ist) in einem der großen ‚Centres Commerciaux‘ selber abgeholt werden.

Wir machen uns also auf die Jagd nach den benötigten Ersatzteilen. Manche Teilchen finden wir – dank Peters akribisch geführter Stauliste – in den Tiefen unserer Backskisten, anderes, das wir besorgen müssen, fällt nicht ganz Wunsch- oder Zweck-gemäß aus und muss dann diskutiert, abgeändert oder umgetauscht werden. Da zerrinnen die Tage wie Sand in den Händen und abends fragen wir uns oft – in Anbetracht des vor uns liegenden Reparatur-Fragmentes – ob das nun das Ergebnis eines ganzen Tages sein kann.

Nicht nur uns ergeht es so. Auch bei Obelixens wird gewerkelt. Als wir hier eintreffen, werden wir von Frank mit einem hervorragend funktionierenden Internet überrascht. Er hat eine Antenne eingebaut, einen Hotspot eingerichtet, ein Datenpaket gekauft und – wir sind zu den „Tagesthemen“ der ARD eingeladen. Toll!
Wir profitieren von seiner diesbezüglichen Erfahrung und nach wenigen Tagen „nicht trivialer“ (O-Ton Frank) Denk-, Planungs- und Installationsarbeit (an der er maßgeblich beteiligt ist) prangt auch an unserem Heck der „Web-Catcher“.

Schlagartig rückt die Heimat in „greifbare“ Nähe. SWR hören, Threema, WhatsApp-Nachrichten, emails empfangen und versenden, Skypen, und manchmal gibt es sogar Gutes aus der Mediathek mit wenigen „fülle Puffer“- Unterbrechungen. Das ist fein. 😉 😉

Das Resumée der fünfwöchigen Segelpause ist eigentlich gar nicht so schlecht:
– Stb.-Flügel der Eingangstür repariert (worauf wir sehr stolz sind, da äußerst knifflig)

Wir schaffen es, den Flügel mit Kugel-gefüllten Schlitten wieder einzubauen…

– Vermutliche Ursache für die geisterhafte Betätigung der Passerelle gefunden (Luftdruckschalter) und Warnsignal zwischengeschaltet (dank Franks Fähigkeit, sich in die kompliziertesten elekto-mechanischen Zusammenhänge hinein zu denken)

– Halterung für den z.Zt. genutzten Reserve-Außenborder in den Stb.-Motorraum eingebaut

– Zwei Relingsstützen neu befestigt

– Zwei Klüsen für die Führung der Leinen beim Liegen an der Boje montiert

– Boden der Gefriertruhe mit 10cm Isoliermaterial verstärkt für bessere Tiefkühlung

– Lichtleiste über dem Schaltpaneel angebracht zur besseren Ausleuchtung desselben

– Doorcaps (eine Art mobiles Schutzzelt) über den beiden großen Luken der Schlafkojen montiert, damit letztere am Ankerplatz immer (auch bei Regen) offen bleiben können und somit für eine perfekte Ventilation der PIA sorgen können.

– Kleinere aber zeitaufwändige Bastel- und Malerarbeiten etc…

Momentan warten wir auf Fehlerdiagnose und Instandsetzung unseres Außenborders, den wir (zu Wasser und zu Lande) nach Fort de France transportierten, um dort vom Werkstattleiter zu hören: „Mon Dieu! Was ist denn das??? Da ist ja alles kaputt!“
Vier Tage treten wir ihm telefonisch auf die Füße, um dann, am Freitag zu erfahren, dass das Diagnosegerät frühestens am Montag kommen wird. Am Montag meldet sich dann der Techniker krank. Dienstags erfahren wir, dass die Einspritzpumpe defekt sein soll und repariert werden müsste, da kein Ersatzteil zu bekommen ist. Kann man eine Einspritzpumpe reparieren?
Am Mittwoch wundere ich mich über eine laute, in recht flüssigem Französisch über die Lippen kommende Schimpftirade aus Peters Mund, als er von Monsieur Daire (Suzuki) erfährt, dass man die Reparatur wohl keineswegs auf Garantie machen könne…
Am Donnerstag meldet sich der Techniker, der alle Bauteiledurch die eines eines neuen Suzuki-Motors ersetzt hat aber der Motor springt nicht an.
Am Freitag erfahren wir nebenbei, dass die Werkstatt gar kein Diagnosegerät hat und dass wir vielleicht doch noch nach Guadeloupe müssen.
Morgen, am Montag wird es die Fortsetzung der Odyssee geben.

Man übe sich also in Geduld, die man – falls noch nicht bis zur Perfektion ausgereift – als Fahrtensegler unweigerlich lernt.

Der Wassermacher stellt uns auf die zweite Geduldsprobe. Er hat an der Antriebswelle Öl verloren. Der Hersteller vermutet Bedienungsfehler, die wir mit Sicherheit ausschließen können, empfiehlt aber dennoch, die Dichtungsringe auszuwechseln. Die werden per Fed-ex von Trinidad nach Martinique geschickt und sollen – nach Ankunft – von einem Mitarbeiter des Vertragshändlers eingebaut werden. Die Ersatzteile sind inzwischen eingetroffen aber der Monteur ist weder telefonisch noch in seinem Büro zu erreichen. Als Peter ihn endlich – nach 3 vergeblichen Anläufen -einmal in seinem Büro antrifft, wird der Plan kurzerhand umgeschmissen. Nein, er wird nicht zu uns kommen, um die Dichtungen auszuwechseln; wir müssen den Motor ausbauen, zur Reparatur in sein Büro bringen und später wieder selber einbauen.

Dennoch: Es gibt Schlimmeres als Wartezeiten auf dem hiesigen Ankerplatz, da das Ankerfeld – neben Dauerliegern, die bereits 8, 10 oder 15 Jahre ihren „Stammplatz“ bewohnen – ständig von neuen Booten aufgesucht wird, die auf vielfältige Weise interessieren können: Mono, Kat oder Tri, blitzeneu und schick aussehend, heruntergekommen, zusammen gebastelt oder schmuddelig, gekonntes oder chaotisches Ankermanöver und die Crews: Einhandsegler, Paare oder Ehepaare aber selten Charterschiffe (oder „Affenfelsen“- O-Ton Frank) mit 8-12 Chartergästen an Bord.

Möchte man Kontakt aufnehmen, fährt man mit dem Dinghi auf einen Smalltalk vorbei, der bei Sympathie schnell Fortsetzung findet durch gegenseitige Einladungen auf dem einen oder anderen Schiff.
Eine Möglichkeit, deutschsprachige Segler kennen zu lernen bietet der „Seglerhock“ am Freitagabend in der „MangoBay“; einem urigen, über das Wasser gebauten Lokal, das zu jeder Tageszeit eine gewisse Attraktivität besitzt.
So lernt man viele und sehr interessante Menschen kennen. Die meisten Fahrtensegler kommen nicht aus Berufen, die ohnehin mit der Seefahrt zu tun haben. Man trifft viele Ingenieure aber auch Richter, Techniker, Musiker, Filmemacher, Ärzte, Krankenschwestern, Ex-Kapitäne, Piloten und jedes Mal ist es wieder spannend, aus dem Leben dieser Menschen zu hören, was sie dazu veranlasste, auf große Fahrt zu gehen und etwas über die Regionen zu erfahren, die von ihnen bereits besegelt wurden und möglicherweise zu den Reisezielen gehören, die man selber anpeilt.

Am Sonntag vor Karneval werden wir von Ilka, einer Bekannten von Frank und Brigitte, eingeladen, den Karnevalszug in St. Luce anzuschauen. Es ist einer der vielen, VOR dem eigentlichen Karnevalstermin stattfindenden Züge, in dem sich Gruppen und Vereine präsentieren, um sich für den Großen Umzug in Fort de France zu qualifizieren. Es soll ein erlebnisreicher Tag werden.
Ilka holt uns um 13.30h ab, da wir vor Beginn des Zuges noch in einem der urigen Lokale – direkt am Strand – zu Mittag essen wollen. „Les pieds dans l’eau“ ist das Attribut solcher Lokale und unsere Füße werden tatsächlich beinahe vom auflaufenden Meerwasser umspült.

Und: Wir haben Kino vom Feinsten, denn in Le Marin ist am Vormittag die Regatta der „Yoles“ gestartet, die einen Wendepunkt nicht weit von unserem Restaurant hat. Die „Yoles“, traditionelle, etwa 11m lange Segelboote (mit quadratischem Segel, diagonal durchgeführtem Baum und ohne Kiel) sind besonders schwer zu manövrieren. Sie werden von einer 9 -11 köpfigen Crew (ein Steuermann) in der Balance gehalten, indem sich die allesamt durchtrainierten Männer mit halsbrecherischen Ausreitmanövern an langen Stangen, mal Backbord, mal Steuerbord übers Wasser hängen, um möglichst schnell und ohne zu kentern vom Segel vorangezogen zu werden.

Just zur Vorspeise passiert es. Die Wende an der Boje misslingt, das Segel killt, die jungen Männer versuchen das Boot mit heftigen Ausgleichsbewegungen wieder auf Kurs zu bringen aber scheitern. Einige fallen ins Wasser, machen Klimmzüge an den langen Auslegern, um wenigstens das Boot in der Balance zu halten, müssen aber schlussendlich aufgeben und landen unmittelbar vor unserer Nase am Strand. Enttäuschte Gesichter bei den Sportlern beim Abriggen ihres Regattabootes aber (gemeinerweise) Kamerafutter für die Touristen.

Der Karnevalszug

Die am Zug teilnehmenden Gruppen haben alle ein bestimmtes Motto und werden in der Regel von sehr attraktiven, das Motiv verkörpernden, jungen Frauen angeführt.

Knallbunt geht es zu, mit sehr lauten Schlagzeugen und Rasseln, die alle mit Inbrunst und Begeisterung geschlagen werden.
Ein kräftiger Regenschauer scheint den Teilnehmern überhaupt nichts auszumachen. Lediglich die „Palm-Königin“, deren Kostüm und Kopfbedeckung aus kunstvoll aufgefädelten und arrangierten Palmblättern besteht, fürchtet – glaube ich – ein wenig um das Zusammenfallen ihrer schicken Creation.

Der Zug ist zu Ende, wir wollen nach Hause. Ilka möchte das Auto starten aber nichts tut sich. Peter und Frank schieben an…Nichts…Es lässt sich kein Gang einlegen. Die Vermutung: Kupplung kaputt. Richtig. Kupplungsöl läuft in dünnem Strahl aus. Was nun? Der Autovermieter hat kein Ersatzfahrzeug, das er Ilka zur Verfügung stellen könnte. Ein Taxi ist nicht zu bekommen und der Parkplatz liegt an einer großen Umgehungsstraße, auf der die Autos ziemlich schnell daher brausen und es lebensgefährlich wäre, den Daumen herauszuhalten.
Einige Franzosen, die auch ihr Auto abholen wollen, bemerken unsere Ratlosigkeit. Sofort bieten sie ihre Hilfe an. Ilka wird von einer Frau mitgenommen, die in ihrer Nähe wohnt, uns bietet ein Ehepaar seine Chauffeur-Dienste an. Während der Mann das Auto holt, erklärt uns seine Frau, dass es eventuell Probleme mit der Polizei geben könne, wenn wir in dem 5-Sitzer zu Sechst erwischt würden. Nein, es wird keine Probleme geben, da die „Lösung“, der nicht unbedingt kleinste und zarteste von uns, dafür aber in alle Himmelsrichtungen faltbare Frank, bereits dabei ist, in den Kofferraum zu klettern. Und los geht’s. Alleine die Vorstellung, mich in ein solches Gefängnis hinein begeben zu müssen, löst bei mir claustrophobische Gefühle aus. So nehme ich die Abdeckplatte weg, um Frank ein wenig Licht und Luft zu verschaffen. Der Schuss geht leider nach hinten los. Luft und Licht (das ohnehin nicht mehr da war)hätte er nicht gebraucht, aber durch das seitliche, senkrechte Hineinstopfen der Abdeckplatte verkleinere ich sein Versteck dermaßen, dass er nur noch äußerst unbequem und Hämatom-fördernd die 10km lange Fahrt überstehen kann.
Ein „mea culpa“ wird – nach dem Zurechtschütteln der Gliedmaßen – vom Held der Stunde angenommen und wir alle bedanken uns bei den überaus freundlichen und hilfsbereiten Martiniquais, die uns zurück nach Le Marin brachten.

Bilder von schönen Tagen hier

Ein kleiner Sonntags-Spaziergang nach St.Anne…

Viele kommen per Dinghi hierher…

Nicht allzu oft aber wenn, dann doch sehr, sehr schön und stimmungsvoll sehen wir den Sonnenuntergang von unserem Ankerplatz aus.

Das flapsige, geflügelte Wort der letzten Tage ist: „Wer fertig ist, fährt früher los“, will heißen, dass derjenige, der mit seinen Reparaturen zuerst fertig ist, auch losfährt. Dem entgegen stehen die guten Versorgungs- und Reparaturmöglichkeiten hier auf Martinique und so findet – mal die PIA, mal die Obelix – immer wieder Dinge, die verbessert werden können.
Dennoch:Die Obelix hat die Nase vorn.

Der vorerst letzte gemeinsame Abend. Peter bekommt – da wir seinen Geburtstag sicherlich nicht zusammen feiern werden – ein pfiffiges und sehr nützliches Geschenk im Voraus.

Am Samstag (gestern)segelt die Obelix davon in Richtung Norden.

Nichts an der Wasseroberfläche lässt erkennen, dass hier – 15m neben uns – fünf Wochen lang ein Schiff lag, mit dessen Besatzung wir viele schöne gemeinsame Erlebnisse hatten, lustige Stunden verbrachten und es uns kulinarisch mal hier, mal dort gut gehen ließen.

Ob wir sie nochmal einholen?

20160226 Bequia und St. Lucia…

liegen bereits eine Weile hinter uns. Eine kleine, wenig kommentierte Fotostrecke soll an die schönen zehn Tage dort erinnern.

Auf dem Weg von der Friendshipbay in die Admirality-Bay auf Bequia.

So etwas passiert, wenn man die Abkürzung nimmt…

Die gespenstig wirkenden Moonholes, die weder von der Land- noch von der Wasserseite leicht zu erreichen sind.
Ein amerikanischer Architekt baute das erste dieser Häuser in eine natürliche Stein-Arkade. Nachdem ein riesiger Felsbrocken aus dem Bogen heraus fiel, um im Bett des Hauses zu landen, werden diese Domozile nur noch an absolut Unerschrockene vermietet. Hin und wieder kann der Neugierige sich allerdings einer Führung durch das extravagante Dorf anschließen.

Die „Club Med 2“ und die „Windstar“ liegen bereits in der Admirality Bay

Das sind Dimensionen!!!

Schon mal gesehen??? Hier, auf Bequia gekauft und treue Dienste am Heck unseres Dinghis leistend…

In unserem Lieblingscafé lauschen wir den beiden Oldies, die echt tolle Oldies zu Gehör bringen…

Nach einem ordentlichen Platzregen:
Blick von der Markthalle auf die Ankerbucht

Abendstimmung in der Bucht…

Nach erholsamen fünf Tagen im glasklaren Wasser der Admirality-Bay geht’s weiter nach St. Lucia.

St. Vincent, das wir lediglich passieren, sieht von der Seeseite sehr, sehr schön aus, wird aber von den meisten Seglern gemieden, da man wenig Gutes über den Umgang mit Fahrtenseglern hört. So entscheiden auch wir uns gegen Neugier und Mut und lassen die Insel unbesichtigt.

Schöne Begegnung auf See

Die „SeaCloud“ kreuzt unser Fahrwasser

St. Lucia

Die beiden Pitons, Wahrzeichen auch in der Nationalflagge von St. Lucia. Oft wünsche ich mir, ein besserer Fotograf zu sein…

Die Anfahrt auf Souffriere…

Länderwechsel bedeutet Flaggenwechsel. Immer das gleiche Gehuddel…

Ein Regenbogen über der Bucht begüßt uns…

Unser Boatboy: Ein Europa-Fetischist… Die Schweiz auf der Brust, die Deutschlandflagge (ein Geschenk von uns) schwenkend, braust er stolz davon…

Blick von unserer Boje auf den kleinen Piton

Blick von der Poolbar des Hotels „Hummingbird“

Weiter geht’s in die Anse Chastanet, in der wir an der Bar eines wunderschönen Resorts einen Sundowner nehmen.

und anschließend – in mondloser Nacht – ziemliche Probleme haben – zu Fuß, am Strand entlang – zu unserem Schiff zurück zu finden und die Nacht mutterseelenallein an einer Boje verbringen.