Neun schöne Tage mit Isabel und Klaus liegen hinter uns, vor uns die Ausreise aus Canada und Einreise in die USA.
Canada verabschiedet uns mit einer Bilderbuchfahrt durch klares, blaues Wasser mit hineingesprenkelten Felseninseln, deren rosa Granit in der Abendsonne leuchtet.
Der Herbst nähert sich mit Riesenschritten… Nicht allein der Farbwechsel der Laubbäume vom saftigen Grün ins warme Gelb-Rot kündigt ihn an, auch Nebel steigen auf. In ein Meer von undurchdringlicher Watte gehüllt fragt man sich an manchem Morgen, wo das stimmungsvolle Bild geblieben ist, das die untergehende Sonne an den Abendhimmel zauberte.
Die Zeit drängt. Ab November kann es hier oben bitterkalt werden und der Lake Michigan, den wir passieren müssen, um Chicago zu erreichen, soll sich zu dieser Jahreszeit in ein unberechenbares stürmisches Meer verwandeln.
Good bye Canada, hello USA heißt es am 17.9.2019 in Drummond Island. Im Marina Shop des kleinen Yachthafens stellt man sich vor den Einklarierungsautomaten der CBP (mit Camera und Scanner), meldet sich an und wird über akkustische Befehle weitergeleitet. Endlich, nach 1 1/2 Stunden, sind wir wieder legal in die USA eingereist.
Mackinac Island
Herrlich ist der Anblick dieser Insel, die man – ähnlich wie Helgoland -nur per Flugzeug oder Fähre erreichen kann.
Gleich nach dem kniffligen Anlegemanöver im sehr engen Hafenbecken brechen wir auf zum ersten Stadtbummel.
Prächtige Villen säumen die Uferstraße.
Ein recht interessantes Duftkonglomerat steigt uns in die Nase. Pferdemist und Toffeeduft??? Richtig!!!
Auf Mackinac Island sind keine Autos zugelassen. Stattdessen gibt es unzählige Pferdekutschen!
Die flüssigen Hinterlassenschaften der Pferde sammeln sich in einer Ablaufrinne, Pferdeäpfel werden von Pferdeäpfelfegern beseitigt.
Über alles hinweg zieht der Duft von Fudge (Buttertoffee), der über Ventilatoren aus den vielen Läden in die Mainstreet gepustet wird, um Heerscharen von Touristen zum Kauf dieser Mackinac-Spezialität anzuregen.
Der Blick nach oben fällt auf das gut erhaltene Fort, das – zum perfekten Museum ausgebaut – anschaulich das angenehme Leben der Soldaten und der Offiziere (mit ihren Familien) zeigt, die nach dem Bürgerkrieg hierher versetzt wurden.
Zu sehen ist hier auch die Bedeutung der Insel für den Pelzhandel, da sie als Sommerdepot und zentraler Umschlagplatz für die Pelze aus den nördlichen Regionen galt. Über die Straits von Mackinac betrieben britische Pelzhändler einen florierenden Handel.
Ein anderer majestätischer Gigant, das Grand Hotel lockt vor allem die Regierungschefs der Welt sowie bereits ein wenig betagte, wohlhabende Touristen an, vornehmlich Briten und Amerikaner, die sich gerne zum „Five o’clock Tea“ hier versammeln. In perfekter Attitüde wird der Tee serviert und weitere Delikatessen können vom Buffet geordert werden. Mit unserem Eintrittsticket für 10USD fühlen wir uns ein wenig wie Voyeure bei einer aus der Zeit gefallenen Zeremonie.
Über die längste Terrasse der Welt verlassen wir den Prachtbau,
um uns
– durch den Hotelpark – in die Niederungen des gewöhnlichen Touristen zu begeben,
Wir wollen selber in die Pedale treten, mieten zwei Drahtesel und radeln die 13km Straße am Ufer dieser wunderschönen Insel entlang zum Arch Rock, einem riesigen Kalksteinbogen, der 45m über dem Lake Huron thront.
Damit enden die schönen Tage auf Mackinac Island.
Morgen werden wir über die „Straits of Mackinac“, eine 8km breite Wasserstraße, (die einerseits den Lake Michigan mit dem Lake Huron verbindet, andererseits den nördlichen und den südlichen Teil des Bundesstaates Michigan voneinander trennt), den Huron See verlassen, um an der Ostküste des Michigansees in Richtung Chicago zu segeln.
Man schwärmt vom Wasser, von den Inseln, den kleinen, versteckten
(niemals einsamen) Ankerplätzen; macht
aber fast immer – nach einem taxierenden Blick auf PIAs Breite – die Einschränkung,
dass die Einfahrt in etliche dieser begehrten Ankerspots für uns wohl zu schmal
sein könnte. Hm!!! Müssen wir wohl austesten und die Karte sehr genau
studieren.
In vier Sätzen geht’s von Tobermory aus nach Midland.
Wunderschöne Ankerplätze, sehr wechselhaftes Wetter und ein turbulentes Wochenende im Parrysound liegen vor uns. Es ist das Laborday Wochenende (in diesem Jahr: 30.8.-2.9.). So wie am Independance Day der Sommer mit all seinen Aktivitäten beginnt, so werden nach dem Laborday die Bürgersteige hochgeklappt. Da muss das letzte Sommer-Wochenende noch einmal voll ausgenutzt werden. Alles, was sich irgendwie auf dem Wasser bewegen lässt, ist da. Im Parry Sound ist die Fahrt zum zwei Stunden entfernten „Henry’s Restaurant“ ein absolutes Muss. Dahin gelangt man ausschließlich mit dem Boot oder per Flugzeug.
Wir erwischen den letzten Öffnungstag und essen das, was als Spezialität angeboten wird: Fish and Chips, d.h. Flusszander oder –barsch in Bierteig ausgebacken oder in Butter gebraten.
Sehr gut, nur die Beilagen, süße Coleslaw und Bohnen lassen wir links liegen.
Midland, im südlichsten Zipfel der Georgian Bay erleben wir nur im Streifflug. Seine interessante Geschichte konzentriert sich auf die blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Ureinwohnern, den Huronen und französischen Forschern und Jesuiten, die die Seelen der Indianer retten wollten. Mehr als 30 große Wandgemälde lassen eine Geschichtsstunde unter freiem Himmel erleben.
Verproviantieren in Midland, Gästerumpf herrichten für Isabel und Klaus und los geht’s im Mietauto nach Toronto. Unser schöner Plan, den beiden Toronto „von oben“ – nämlich beim Essen im CN-Tower zu zeigen – scheitert, da sie erst mit zwei Stunden Verspätung landen.
Wir schleifen sie kreuz und quer durch die Stadt, die wir – entgegen unseres Vorhabens – vice-versa, d.h. von unten nach oben betrachten, bis sie sich vor Müdigkeit kaum mehr auf den Beinen halten können. Beim Abendessen überraschen uns die beiden mit ihren mitgebrachten Geschenken: Eine Box mit 4 dunkelblauen Polohemden (mit weißem PIA-Emblem; eindeutig für die PIA-Crew der folgenden 9 Tage) und….einem kleinen, weißen Polo-Strampler mit dunkelblauem Emblem, der ausdrücklich nicht für unseren jüngsten Enkel Linus gedacht ist sondern….???
Richtig geraten!!! Isabel und Klaus erwarten ein Baby. Die Freude ist riesig! Total beschwingt, überglücklich und gar nicht müde bringen wir die beiden Erschöpften (+) zur PIA.
Die Sonne, die mit den beiden ins Schiff einzieht, will sich draußen nicht mehr so recht ins Zeug legen. Der Herbst macht sich breit mit Wind und Regen, fallenden Temperaturen und oft – dank fehlender Sonne – allen Schattierungen von Grau statt kräftiger Herbstfarben.
Wir machen das Beste daraus…
Landausflüge nicht ohne Regenschirm und Jacke,
Aber auch:
Körper stählende Schwimmrunden bei 19°C Wassertemperatur sind gerade noch auszuhalten. Aber bei 16°C, wenn sich jedes einzelne Körperhärchen an der Wurzel gepackt, eisig umprickelt fühlt, reichen 3-5 Minuten für ein lang anhaltendes, fröstelndes Frischeerlebnis und ein klares NEIN zu weiteren Abhärtungsmaßnahmen.
Bis auf die „Killarney Lodge“, die von Boots- und Landtouristen gleichermaßen geschätzt wird wegen ihrer Lage in dieser herrlichen, fjordähnlichen Landschaft, ihres rustikalen Ambientes mit ordentlichem Komfort und Gourmetküche, leben wir 9 Tage im ziemlichen Einklang mit der Natur.
Unser nächstes Ziel: „The Pool“, ein kleiner See, am Ende eines langen, sehr schmalen Kanals, der im Sommer immer total überfüllt ist…
Ein bisschen aufregend ist’s schon. Wir haben nicht nur über Bären und Schlangen gelesen….nein, gestern Abend sahen wir einen ausgewachsenen Schwarzbären auf dem Felsvorsprung am Waldrand. Also achten wir darauf, wo wir die Füße hinsetzen und singen während der einsamen Wanderung ziemlich unentwegt (bis wir uns sicher fühlen), um die (eigentlich) menschenscheuen Bären fern zu halten.
Der letzte Ausflug lässt uns – nach einer einstündigen Dinghi-Fahrt – den Fuß des Mount Frazer erreichen.
Nach einer ordentlichen Kletterpartie werden wir mit einer grandiosen Sicht über die Schärenlandschaft belohnt.
Der Gipfel des Mount Frazer ist gleichzeitig auch der letzte Höhepunkt unserer neuntägigen Reise mit Isabel und Klaus. Eine lange, kalte und ruppigen Dinghifahrt bringt uns zurück auf die PIA. Ein letztes Mal heißt es Ankerauf…
Noch ist Sommer aber es geht mit Riesenschritten in den
Herbst. Wie in den USA, so auch in Canada fällt der Sommervorhang am 1. Montag
im September, am Laborday. Das bedeutet:
Ende des Sommers, der Ferien, der Freizeitaktivitäten auf dem Wasser…Schluss
mit lustig…
Während wir noch nordwärts fahren um die Highlights der großen Seen, die Georgian Bay und den Northern Channel zu erleben, zieht es die meisten Bootsfahrer in den Süden. Unser AGLCA-Wimpel, der uns als „Looper“ ausweist, lockt viele Bootsfahrer an. Bei einem Bierchen gibt’s regen Erfahrungsaustausch.
Wir bekommen Bücher und Karten für die o.g. Highlights und verschenken diejenigen, die wir nicht mehr benötigen.
Den Erie See, der uns doch etliche Male seine garstige Seite
zeigte, wollen wir so schnell wie möglich verlassen, um in den Lake Huron und
die Georgian Bay zu gelangen, wo wir Isabel und Klaus erwarten.
Der letzte Stopp im Erie See gilt der „Put In Bay“ auf South Bass Island, einer von vier kleinen Inseln in der südlichen und damit amerikanischen Hälfte des Sees.
Hierher kommt man nicht, um der Geschichte zu huldigen; (eine 107m hohe Säule erinnert an Admiral Perry, der 1812 die feindliche englische Flotte besiegte und damit dafür sorgte, dass das gesamte Land südlich der großen Seen zu den USA kam und nicht zu Kanada) sondern zum Ausgehen und feiern. Als wir am Donnerstag die gähnend leere Bucht mit ihren vielen unbelegten Bojen erreichen, können wir uns nicht vorstellen, dass die Bay sich ab Freitag in den Ballermann des Erie Sees verwandelt.
Ab mittags sind fast alle Bojen belegt, es wimmelt vor
Touristen, die Restaurants, der „Beer Barrel Saloon“ mit seinem 124m langen
Tresen und etliche Touri-Läden sind gut besucht, alle Seeterrassen belegt, Musik
schallt aus allen Lautsprechern. Es ist zudem das vorletzte Wochenende der Sommerferien.
Um 20.00h wird feierlich die Nationalflagge eingeholt, unter der – laut über die Bucht schallenden – von PINK gesungenen Nationalhymne… Die Kellnerin vergisst das Kassieren, der Barkeeper das Mixen… Beide sausen an die Terrassenbrüstung und stehen andächtig, bis die Flagge eingeholt ist.
God bless Amerika!
Als schönste Erinnerung an die Put In Bay bleibt die Nachricht, dass Linus, unser dritter Enkel geboren wurde.
Aber auch Bernhard, ein liebenswerter Amerikaner mit deutschen Wurzeln und Beate aus Zweibrücken, die mit ihrer Familie zum Sonntagsfrühstück auf die PIA kommt, bleiben im Gedächtnis
Danach geht‘s weiter – in gewohnter Erie-Manier – mit Gewitterböen, gegen Wind und Welle stampfend und stauchend. Cleveland schauen wir uns nicht an und auch Detroit lassen wir – buchstäblich – links liegen.
Der Detroit River, aus dem nördlich gelegenen Lake St. Claire kommend, fließt nach Süden und bildet die natürliche Grenze zwischen den USA im Westen und Canada im Osten. Die Westseite, die von der Auto Industrie Detroits geprägt ist, steht im ziemlich scharfen Kontrast zum gepflegten canadischen Villenufer. Wir sind froh, ein wenig mehr PS unter der Haube zu haben, da der Fluss – vor allem an Engstellen – eine kolossal starke Gegenströmung hat.
Der Lake St. Claire: Ziemlich glatt und klar liegt er in der Sonne. Ein mäßiger Wind zieht die PIA unter Genua voran. Entspannend…
bis wir am späten Nachmittag, in einiger Entfernung, ein Motorboot erkennen können, das sich nicht von der Stelle bewegt. Zwei Personen wollen offensichtlich Aufmerksamkeit erregen durch wildes Herumfuchteln mit den Armen. Beim Näherkommen erkennen wir, dass ein Mann sich am Außenborder zu schaffen macht, während die Frau vehement Hilfe herbei winkt.
Zum Glück kein medizinischer Notfall ! Das 180PS starke Außenborder-Ungetüm wollte wohl nicht mehr… Wir geben eine Leine über und schleppen das fröhliche Pärchen drei Stunden lang bis nach Algonac, in den Northern Channel des St. Claire River, der den Lake St. Claire mit dem Lake Huron verbindet. Ganz praktisch für die sich überschwänglich Bedankenden für uns eher ein wenig uncool.
Es ist bereits ziemlich dunkel, als wir versuchen einen geeigneten Ankerplatz im Fluss zu finden. Wie überall hat auch hier das Hochwasser die Ufer überschwemmt. In der Mitte des V-förmig ansteigenden Kanals haben wir 13m Wassertiefe, 10m weiter seitlich, am überfluteten Ufer, ragen nur noch die Köpfe hochwachsender Stauden oder Schilf aus dem Wasser. Wollen wir die PIA für die Nacht zwischen die Blütenstängel eines Vorgartens setzen oder doch den Schilfgürtel nehmen? Im Schneckentempo tasten wir uns vorsichtig voran, das Echolot akribisch im Auge behaltend.
Der Anker fällt irgendwo auf 1.70m Tiefe, wir treiben zurück
und haben direkten Einblick in das Kaminzimmer unseres ortsansässigen Nachbarn, der – im Schaukelstuhl sitzend – in seiner Zeitung
blättert. Ob es ihm recht ist, Mitleser zu haben???
Schlafen geht nicht. Ich warte – wachträumend – auf die Geräusche des an der Bordwand der PIA kratzenden Schilfrohres… Aber… nichts passiert.
Um 4.00h klingelt der Wecker. Das Aufstehen fällt schwer. Es gibt kein Pardon. Die Wetterprognose für die nächsten vier Tage ist nicht spaßig. Der am Lake Huron vorherrschende Südwestwind wird übermorgen auf Nord drehen und dazu Starkwindböen, Gewitter und Regen mitbringen. Wir haben die Wahl, 95Meilen bis nach Harbor Beach, an der amerikanischen (West)Küste des Lake Huron zu segeln und dort die Schlechtwetterphase abzuwarten oder eine Nachtfahrt zum 200 Meilen entfernten Tobermory (auf kanadischer Seite) zu machen, um damit dem Wetterumschwung voraus zu segeln und gleich an der Eintrittspforte zur Georgian Bay zu sein.
Die Entscheidung „Tobermory“ fällt unmittelbar nach Port Huron, dem Einfahrtshafen in den See. Der Lake Huron zeigt sich von seiner Schokoladenseite: Ruhiges Wasser, wenig Wind, die Genua zieht uns gemächlich und stetig voran bis zum herrlichen Sonnenuntergang.
Dann wird’s abrupt dunkel. Die Wettervorhersage scheint zu stimmen. Nur der Südwind hält noch ein bisschen durch.
21.30h: Rabenschwarze Nacht. Ab 22.00h begleitet uns eine Gewitterfront. Sie zieht in gleichem Tempo mit von Südwest nach Nordost. Gegen 0.00h scheint sie sich nähern zu wollen. Es ist Zeit, die Laptops und andere mobile, elektronische Geräte in den Backofen zu stecken. Grelle Blitze zucken, von Donnergrollen begleitet, ab und zu schickt der Mond zwischen schwarzen Wolkenfetzen ein gespenstisches Licht aufs Wasser…
Um 2.00h ist der Spuk vorüber. Der Mond steht klar am
Himmel, eine leichte Brise schiebt uns voran… Ich wecke Peter zur Wachablösung…
Was für ein Morgen!!!! Der letzte Dunst löst sich vom Cap, als wir die südliche Einfahrtstonne des Cape Hurd Channels passieren, um in den „Big Tub Harbour“ von Tobermory zu gelangen.
In der traumhaften Morgenstimmung schieben wir uns durch das spiegelglatte, glasklare Wasser dieser „Badewanne“ und kommen aus dem Staunen nicht heraus, als wir das in 7m Tiefe liegende Wrack eines Schoners in allen Einzelheiten erkennen können…Paradiesisch für alle wasserscheuen Wracktaucher!!
Leider gibt es hier keine Möglichkeit, die PIA anzubinden. Wir müssen in die Marina des „Little Tub Harbour“, wo wir anlegen und uns erst mal eine Runde wohlverdienten Schlafes gönnen.
Genussvolle Tage in Tobermory…
Zum Glück haben wir eine funktionierende Heizung und dicke Decken für die Nächte im einstelligen Temperaturbereich.
Nach vier wundervollen Tagen in Tobermory eilen wir Midland entgegen, das im südlichsten Zipfel der Georgian Bay liegt, um Isabel und Klaus dort an Bord zu nehmen.
Zwei Tage Zeit haben unsere beiden Gäste, um Toronto im Turbodurchgang anzuschauen und sich an Bord einzuleben. Dann verlassen wir den freundlichen TMCC und los geht’s in Richtung Niagara.
Für Alex ist es der erste Aufenthalt auf einem Segelboot, was den Wettergott veranlasst, uns den passenden „Anfängerwind“ zu schicken.
So erreichen wir nach nur vier Stunden angenehmen Segelns bereits die Einfahrt in den Niagara Fluss. Von hier aus wollen wir die Niagara Fälle besuchen. Leider gibt es auf kanadischer Seite weder einen passenden Ankerplatz noch eine Marina, in die die PIA hinein passen würde. So bleibt uns nichts anderes übrig, als uns vor die erste Schleuse des Welland Kanals zu legen, den wir passieren müssen, um in den Lake Erie zu gelangen.
Gesagt – getan. Ein Schild unmittelbar neben uns weist
darauf hin, dass man hier nur anlegen darf, um auf das Öffnen der Schleuse zu
warten und nicht über Nacht. Hm! Was nun?
Zum Glück hat ein uns wohlgesinnter Dockmaster noch Dienst.
Der gestattet uns, die Nacht zu bleiben und gibt uns die wertvolle Information,
dass wir erstens – um die Ecke – in St. Catherines ankern können, um von dort
aus Niagara zu besichtigen und desweiteren erst nach dem Wochenende den
Wellandkanal durchfahren sollten, da gerade Kanalfest sei und in Colborne, am
anderen Ende des Kanals, nirgendwo ein Liegeplatz für die PIA zu bekommen sei.
Der Tipp ist prima! Unser
Anker fällt am nächsten Morgen direkt vor dem kleinen Leuchtturm der Landzunge,
unweit der Marina von St. Catherines, in der wir – gegen eine Gebühr von 17 CAD
– unser Dinghi anbinden dürfen. Mit
„Uber“ nach Niagara on the Lake ist’s nur ein Katzensprung.
Das historische Städtchen, wohlhabend, mit schön restaurierten Häusern, baumbestandenen Straßen, grünen Parks, könnte – was Blumenschmuck und Blütenpracht betrifft – wohl Dauersieger sein beim Wettbewerb: „Unser Dorf soll schöner werden“…
Eine historische Apotheke, ein sehr gut bestückter Weinladen mit den Gewächsen der Region (die vor allem berühmt ist wegen ihres Eisweins) und etliche, historisch altertümliche Boutiquen mit dem, was Touristen lieben.
Die „Niagara Falls“
Es ist Samstag! Das Taxi benötigt mehr als eine Stunde mit „Stop and Go“, um uns am Rande des Getümmels von Niagara abzusetzen.
Menschenmassen schieben sich durch Clifton Hill und Lundy’s Lane, zwei Straßen, die an einen kitschigen Vergnügungspark erinnern. Schäbige Hotels, ein Sumpf von Spielcasinos, Bars, Breweries und Touristenfallen reihen sich aneinander und wirken mit marktschreierischer Werbung gehörschädigend. Wir schlängeln uns durch bis zum Flussufer, können einen ersten Blick auf die amerikanischen Fälle, die „Bridal Veil Falls“ werfen und schauen zu, wie sich 700 rot bemäntelte Touristen, auf die „Hornblower“ (die kanadische Cruising Line), schieben, die bis dicht an die Wasserfälle heranfährt.
Auf amerikanischer Seite werden die „Nebelsüchtigen“ auf der „Maid of the Mist“ in blauen Regenschutz gehüllt.
Großartig!!! Die Niagara
Horseshoe Falls
Ein unaufhaltsamer Strom brausenden Wassers (Eine Million Badewannenfüllungen pro Sekunde!!!) rauscht mit donnernder Gewalt über einen hufeisenförmigen Felsabbruch in die Tiefe. Die beim Aufschlag hoch aufsteigenden Gischtschwaden kann man schon von weitem sehen. Wie Spielzeuge werden die beiden Cruisingboote auf und ab bewegt, von Strudeln gedreht und teilweise vom Wassernebel verschlungen. Ein faszinierendes Schauspiel sogar mit Regenbogen!
Wir entscheiden uns für den „White Water Walk“ und entfliehen damit dem größten Touristenrummel. Wenige Kilometer flussabwärts gelangt man über Aufzug und Tunnel an den o.g. schattig-kühlen Holzpfad, der herrliche Blicke auf den tosenden Fluss mit seinen Stromschnellen bietet. Die Annäherung an dieses wilde Wasser – zwecks Fotos – fällt ziemlich respektvoll aus.
Für alles und jedes muss man ein Ticket lösen mit Besichtigungstermin und Zeitspanne. Wir melden uns für den letztmöglichen Besichtigungstermin zur „Journey behind the Falls“ an und warten um 20.20h – in gelbe Capes gehüllt – auf den Einlass in die Stollen, die an ihrem Ende einen Blick von der Seite auf die Fälle gewähren.
Es ist ein großartiges, beeindruckendes, nasses Vergnügen. Am Ende des Stollens schießt das Wasser direkt vor unserer Nase in die Tiefe und bedenkt allzu Neugierige mit ordentlichen Wassersalven.
Der untere Stollen mündet in eine Terrasse, die sich etwa auf halber Höhe des Wasserfalls befindet und dem Zuschauer das Hautnah-Erlebnis bietet. Donnerndes Getöse der herabstürzenden Wassermassen, Wind- und Wasserwirbel, die die gelben Umhänge aufplustern und das Gefühl geben, im Sturm unter der Schwalldusche zu stehen (dem Hardcore Segeln nicht unähnlich!!!) Dazu eine dramatische Beleuchtung, die das Ganze farblich in Szene setzt. Man mag es eventuell kitschig finden aber so mittendrin zu sein, das hat was!
Zum Abschluss des Tages gibt’s noch ein Feuerwerk. Danach
ziehen die Menschenmassen ab.
Der letzte Tag ist dem Weingebiet Niagara gewidmet. Wir
staunen nicht schlecht über ausgedehnte Apfel-
und Pfirsich-Plantagen und riesige Weinfelder (keine Weinberge!!!) in
einem Land, in dem zwischen Januar und März tiefster Winter herrscht und selbst
die Seen bis in den April oft zugefroren sind. Aber die Niagara Schichtstufe
macht’s offensichtlich möglich. Zusammen mit dem Lake Ontario hat diese
besondere geologische Formation wohl ein Mikroklima geschaffen, das
Wachstumsbedingungen hervorruft, die denen im Burgund gleichen.
Exportschlager ist der Eiswein, der hier in jedem Weingut (und davon gibt es viele) entlang des „Niagara Wine Trail“ verkostet werden kann. Wir testen auf unserer Fahrradtour – an einem heißen Sonntag – eine herrlich erfrischende Eiswein Bowle…(Rezept???) im deutschstämmigen Weingut „Reif“
und ersetzen den Afternoon Tea durch Snacks und Wein im Barrel House Grill, der Terrasse des Weingutes Peller.
Der Welland Kanal
verbindet den Lake Erie mit dem Lake Ontario und ermöglicht Schiffen, die Niagarafälle zu umfahren und über eine Strecke von 42 Km mit acht Schleusenkammern den Höhenunterschied (ca.100m) zwischen den beiden Seen zu überwinden.
Am Montagmorgen, dem 5. August fahren wir – von Port Weller aus – in die erste Schleusenkammer.
Unsere „Agentin“, die uns von der ersten bis zur letzten Schleuse begleiten wird, stellt sich vor.
Sie wird die Leinen an der Schleusenwand herunterlassen, mit Hilfe derer wir uns an selbiger halten können. Kurt, Alex und ich sind die „Leinenhändler“ während Peter am Steuer sitzt.
Sehr unangenehm wird’s in der Dreifachschleuse 4/5/6, in die das Wasser Walzen-bildend von der Seite einströmt und die PIA so stark an die Wand drückt, dass die dicken Kugelfender auf Bratpfannenstärke zusammengedrückt werden. Die Motoyacht vor uns treibt quer bis unmittelbar vors Schleusentor. Dramatisch. Auch wir bekommen einen harten Knuff ans Heck.
Manche Schleusen haben eine 2. parallel liegende Schleusenkammer, in die sich Ozeanriesen in Millimeterarbeit hineinschieben, um abwärts geschleust zu werden.
Wir fragen uns, ob sie von solchen Magneten in Position gehalten werden…
Bei jedem Auftauchen aus der Tiefe der Schleusenkammer
schauen wir auf eine enthusiastisch geschwenkte deutsche Flagge. Wir haben
einen Fan. Leider verschwindet er nach der vorletzten Schleusung….
Erst am Abend erreichen wir Colborne am Eingang des Erie Sees und sind heilfroh zu sehen, dass nur noch die Reste des Canalfestes beseitigt werden, die Anleger aber wieder frei sind. Wir können die PIA anbinden.
Die Wetterprognosen für den nächsten Tag sind nicht gerade prickelnd.
Wir haben starken Wind aus WSW, der unser Vorhaben, Turkey Point auf kanadischer Seite (d.h. an der Nordküste) des Sees zu erreichen, zu einer harten Kreuz mit 30° am Wind werden lässt. Da weicht das angenehme Gefühl, auf einem Katamaran zu segeln abrupt dem, das ein ungeübter Reiter auf dem Rücken eines bockenden Rodeo-Pferdes hat. Manch ein Gesicht wird da blass und blässer… Nach vier Stunden ändern wir den Kurs, um Dunkirk, das am (amerikanischen) Südufer liegt, zu erreichen.
Bei immer noch viel Wind und einem sich zunehmend verdüsternden Himmel lassen wir gegen 17.00h den Anker im großen, flachen Hafenbecken von Dunkirk fallen.
Wenige Minuten später zieht die Gewitterfront mit bis zu 40kn Wind über uns hinweg. Donnergrollen, starker Regen, aufgepeitschtes Wasser verursachen ziemlich viel Lärm, die Sicht ist eingeschränkt…
Der Anker hält nicht. Peter versucht, mit den Maschinen
gegen zu halten. Dann zwei Schläge, die sich anhören, als hätten wir
Felsberührung!!
Zum Glück nicht! Nacheinander sind die beiden
Hahnepot-Leinen mit lautem Knall gerissen. Ein weiterer Knall und die Stb.-Lazy
Jacks mitsamt Lazy Bag und Metallhalterung schlagen aufs Deck. Sie haben dem
starken Hin- und Herschwingen des Baumes nicht stand gehalten…Wir müssen hier
weg. Kurt und ich holen den Anker hoch, während Peter die PIA steuert.
Mitten im Chaos taucht die Hafenbehörde auf und fragt – gegen den Wind brüllend – und über Funk, ob sie helfen könne. Peter fragt nach, ob wir – ohne einklariert zu haben – am Public Pier festmachen können. Ja, wir dürfen, schauen den abziehenden Wolken hinterher
und liegen eine Stunde später – als alles so aussieht, als habe es nie ein solches Unwetter gegeben an der blitzeneuen Spundwand von Dunkirk.
Peter kann telefonisch einklarieren und alles ist paletti.
Schon am frühen Morgen beginnen die
Vervollständigungsarbeiten an der Pier. Elektrokabel werden in die
Laternen der Pier eingeführt, Lampen eingeschraubt, lange Bügel für das
Aufnehmen von Blumenampeln angebracht…Ein herrlich sonniger, ruhiger Tag!
Man weist uns darauf hin, dass es abends am Harbourwalk ein Fest mit Life Musik geben soll. Da wollen wir dabei sein. Auf der großen Wiese sitzen nicht allzu viele Zuhörer und die Buden, am Rande des Geschehens haben nichts zu bieten, was nach Gaumenschmaus aussähe. So entschließe ich mich, auf die PIA zurück zu gehen und ein Abendessen vorzubereiten. Dazu soll es nicht mehr kommen.
Ich will die schöne Stimmung einfangen, die unmittelbar nach dem Sonnenuntergang da ist, halte mein Handy in der rechten Hand, in der linken eine Dose Bier und werde von hinten angesprochen auf unser schönes Schiff. Meine Antwort fällt kurz aus, da ich ja anderes vorhabe…ich drehe mich um, stolpere über irgendetwas, stürze zu Boden und sehe gerade noch im Augenwinkel, wie etwas Schwarzes im Bogen ins Wasser springt. Die beiden Personen sind sofort zur Stelle, fragen, ob ich mich verletzt habe, ob sie Hilfe holen sollen und stellen fest, dass meine Nase blutet und dass es mein Handy war, das beim Aufschlag aus der Hülle ins Wasser katapultiert wurde. Trauer!!!
…nicht um die total
verkratzte Brille, die lädierte Nase, die schmerzende Kniescheibe, die
aufgeschürften Handgelenke…Nein, es ist das Handy mit den nicht gespeicherten
Fotos der letzten sechs Wochen, das nun unwiederbringlich auf dem Grunde des
Erie Sees liegt.
Das Abendessen sieht heute spartanisch aus. Wir gehen ins
Bett und… können nicht schlafen, da der Wind massiv zunimmt. Die PIA wird –
durch die Ruckdämpfer in den Festmacher Leinen – halbwegs abgefedert aber mit
viel Wucht und unter lautem Knarzen und Quietschen abwechselnd in die Vor- oder
Achterleine gedrückt. Die Fender – eingeklemmt zwischen Bord- und Spundwand –
ächzen schrecklich laut und wir hoffen, dass sie nicht nach oben herausrutschen
oder gar platzen, um den scharfen Kanten der Spundwand nicht ausgesetzt zu
sein.
An Schlaf ist nicht zu denken. Die Geräusche werden
unerträglich, Wind und Welle nehmen erbarmungslos zu. Wir wecken Kurt, der
sofort zur Stelle ist. Leinen lösen! Mit voller Kraft rückwärts schafft Peter
es, die PIA von der Pier weg zu manövrieren.
Draußen steht üble Welle. Sie klatscht an die Seite und mit der Gewalt eines Vorschlaghammers unter das Brückendeck. Das Geschirr im Schrank scheint sich auf den nächsten Polterabend zu freuen. Eine Ölflasche kippt im Schrank um, fällt auf den Schnepper, die Tür fliegt auf, die Flasche heraus, kopfüber in einen darunter stehenden Becher und 1000 Minischerben spritzen durch den Salon. Wunderbar! Die arme Alex! Erstaunlich, dass sie dieses Tohuwabohu – im Vorschiff liegend – aushält. Kurt holt sie hoch und sie ist froh, die restliche Nacht (nach einer weiteren Salve von Stugerontropfen gegen Seekrankheit) im Salon auf dem Sofa verbringen zu können.
Endlich, um 5.18 geht die Sonne auf. Ganz allmählich wird’s
ein wenig ruhiger. Ich darf schlafen gehen. Peter und Kurt managen die Segelei,
während das schwache Geschlecht ruht.
Um 10.00h fällt der Anker in der idyllischen Misery Bay im
„Presque Isle State Park“ vor der Stadt Erie.
Frühstück! Danach nehmen die Männer eine Mütze Schlaf, bevor wir am
Nachmittag noch einmal Ankerauf gehen, um uns für die nächsten drei Tage in den
nordwestlichen Bereich der „Presque Isle
Bay“ zu legen.
Eine Fahrradtour durch das Naturschutzgebiet Presque Isle…
Den letzten Tag verbringen wir – radelnd – auf dieser hübschen Naturschutzinsel. Dann holt Peter das Mietauto ab, mit dem er die beiden am nächsten Morgen zum Flughafen nach Buffalo bringen wird und ich winke ihnen – nach dem Dinghi Transfer (morgens um 5.00h!!) ein letztes Mal hinterher.
Unglaublich, wie schnell die vierzehn Tage verflogen sind!
Die PIA liegt sicher an einer Boje des TMCC in Toronto, so
dass wir beruhigt zu einer Autotour über Land aufbrechen können.
Unser erstes Ziel heißt Ottawa, die Landeshauptstadt
Canadas. Wir wohnen „mittendrin“ im ByWard-Viertel, benannt nach Colonel John
By, dem visionären Ingenieur und Kanalbauer, dem Ottawa vieles zu verdanken
hat.
Es ist glutheiß, als wir am Morgen zur Stadtbesichtigung aufbrechen. Da kommt uns der Byward Market, eine riesige, überdachte Markthalle, gerade recht. Das Paradies des Schlemmers… symbolisiert durch eine voluminöse, an der Decke hängende Pappmaché Wolke, aus der Würste baumeln, Früchte, ein aus dem Paradies fallendes Mädchen, das gerade eben noch vor dem Absturz gerettet werden kann durch einen dicken, rotwangigen Bauern, der es an den Händen in die Wolke Nr. 7 zurück zieht etc.
Die Verkaufsstände: Allesamt eines Schlemmerparadieses
würdig: Käselaibe türmen sich auf, während ihr würziger Duft und der anderer
Sorten aus aller Welt beim Vorbeigehen
die Nase umfächelt, daneben Fisch und Meeresgetier, das appetitlicher nicht
hätte präsentiert werden können, Fleisch aller Art, dunkle Brotsorten,
exquisite Patisserie, französische und italienische Stände, an denen frisch
Zubereitetes gekostet werden kann…
Vor den Mauern des Marktes
überbieten sich die Gemüse- und Obstbauern der Umgebung in der Präsentation
ihrer Produkte. Unter schattenspendenden Marktständen leuchten uns die satten
Farben der Sommerfrüchte entgegen. Die Angebote sind unwiderstehlich.
(Fotos dieser Appetit anregenden Arrangements liegen leider alle
auf dem Grund des Erie Sees.)
Ottawa hat viel zu bieten.
Auf dem Parliament Hill, über dem Kern des Stadtzentrums thront Kanadas neugotischer Parlamentskomplex, mit seinen Kupfer verkleideten Türmen und dem Wahrzeichen des Center Blocks, dem Peace Tower.
Wir schauen uns die „Northern Lights“ an, eine „Light and Sound Show“, die während des Sommers allabendlich, nach Einbruch der Dunkelheit, auf das Parlamentsgebäude projiziert wird und in beeindruckenden Bildern (mit Ton) die Geschichte Canadas zeigt.
Im Gedächtnis bleiben die Worte des Erzählers, der Canada als ein Land beschreibt, das Einwanderer immer mit offenen Armen aufgenommen hat und stolz ist auf das friedliche Miteinander seiner Multi Kulti Gesellschaft.
Eine Gebäude-Kunstwerk-Konstellation, die nachhaltig mein Bild von Ottawa beeinflusst, ist das räumlich fast unmittelbare Zusammentreffen der Basilika „Notre Dame“, der Skulptur „Maman“ und der „National Gallery of Canada“.
„Maman“, eine überdimensionale,
fast surreal wirkende, mehr als 9m hohe Spinne aus Bronzeguss, setzt ihre
dünnen, langen Beine wie Greifer auf den Betonboden des Vorplatzes zur
Kunstgalerie und wirkt auf den ersten Blick furchterregend. Unter ihrem Bauch trägt sie ein Netz mit 26
weißen Marmoreiern.
Nach links schauend wächst die National Gallery – selbst ein
imposantes Kunstwerk aus rosa Granit und Glastürmen – aus dem Boden, zur anderen Seite die mächtige
Basilika „Notre Dame“ mit ihrem – in der Sonne silbrig glänzenden Zinndach.
Eine völlig andere Sichtweise der „Spinne“ eröffnet sich, wenn man liest, was die Künstlerin Louise Bourgeois mit ihrer Skulptur ausdrücken wollte. Es ist eine Hommage an ihre geliebte Mutter, die Teppich-Restauratorin war und sich der Wiederherstellung angegriffener oder zerstörter Gewebe widmete, so wie sie sich im übertragenen Sinne – als mächtige Beschützerin – voller Hingabe um das Seelenheil ihrer Tochter kümmerte und damit Gefühle von Angst, Wut und Verlassenheit „zu reparieren“ vermochte. Unter diesem Aspekt gelingt es auch dem Betrachter, die zunächst als bedrohlich empfundene Geste in ein liebevolles Beschützen umzudeuten.
Die Basilika erweist sich als eine Oase der Stille und Kühle. Es tut gut, einfach zu sitzen und das schöne Ambiente auf sich wirken zu lassen.
Den Sternenhimmel betrachtend, bemerken wir nicht, dass inzwischen eine Organistin an der Orgel Platz genommen hat. So bekommen wir (wahrscheinlich) die Probe zu einem Orgelkonzert mit und das völlig kostenfrei!!!
Die National Gallery ist wuchtig, großartig, lichtdurchflutet, bietet tief im Inneren zwei schöne Innenhöfe, eine interessante Architektur, die weltweit größte Sammlung kanadischer Kunst und eine Cafeteria mit Gourmet-Schmankerln, die wir nicht umgehen können.
Der letzte Tag in Ottawa gehört den „Ottawa Locks“, einer Serie steiler, stufenartiger Schleusen, die das nördliche Ende des 200km langen Rideau Kanals bilden. (Dieser mündet, sich „unterwegs“ mit diversen Wasserflächen vereinend, bei Kingston in den Ontario See.)
Alle sieben Schleusentore werden von Hand bedient. Wir schauen dem Schleusen zu und wundern uns über die teilweise recht chaotischen Manöver der Sportboote, denen – wie beim Fußball – von den Möchtegern-Kapitänen an der Schleusenmauer gute Ratschläge zugerufen werden.
QUEBEC
Der spontane Aufbruch zu unserer Städtetour und das Fehlen
eines Reiseführers ließ keine Zeit zu einer gründlichen Reisevorbereitung. So
nehmen wir das von den Städten auf, was wir mit allen Sinnen erfassen können.
Für Quebec bedeutet das: Leben wie Gott in Frankreich oder in der Bretagne oder auch ein bisschen Heidelberg mit Schloss und Altstadt…Dazu gibt’s noch die zum Unesco Welterbe gehörenden Festungsanlagen mit teilweise erhaltener Stadtmauer und eine Zitadelle.
Eine Stadt mit äußerst interessanter Geschichte, dazu attraktiv, quirlig und ein echtes Paradies für Schlemmer.
Wir wohnen wieder mittendrin, im „La Maison St. Ursule“, einem kleinen alten Wohnhaus, das zeitweise als Unterkunft für die Nonnen des benachbarten Ursulinenklosters diente…gemütlich!!! (Die Ursulinen von Quebec gründeten übrigens 1641 die erste Mädchenschule Nordamerikas)
Die Altstadt oder das Quartier Latin pulsiert. Enge Gassen, durch die sich viele Touristen schieben, Straßenkünstler – teilweise in historischen Kostümen -, Restaurants mit französischen Klassikern auf der Speisekarte, Straßencafés, Crèperien deren Duft in die Gassen dringt, üppiger Blumenschmuck in Kübeln, an Balkons und Fenstern und…. FRANZÖSISCH!! Wohlklang in den Ohren!
Natürlich versuchen wir uns zu assimilieren und unsere
Französisch Kenntnisse zu reaktivieren. Dabei können wir – völlig ohne Scheu –
drauf los plappern; denn wenn das entsprechende Vokabular fehlt, kann man
getrost auf Englisch ergänzen oder weiterreden. Man versteht! Herrlich
unkompliziert!
Auf allen Plätzen hängen kleine Tafeln mit einem Zeitplan für den jeweiligen Auftritt eines Straßenkünstlers an dieser Stelle. Morgens, mittags oder abends kann man – für jeweils 2 oder 3 Stunden – Jongleure, Feuerschlucker, Clowns, Seiltänzer oder allerlei Akrobatik bestaunen. Gleich abends erleben wir eine sehr zierliche, hyperbewegliche, junge Australierin, die total verrückte Sachen mit ihrem „einreifigen Rhönrad“? anstellt und anschließend sehr witzig um eine Spende bittet, indem sie die Zuschauer fragt: Findet ihr nicht auch, dass ich nach dem hohen Energieaufwand ein kräftiges Essen haben sollte, um den Bereich um meine Rippen herum ein wenig aufzupolstern??
Zum Glück hat Peter diesmal einige Fotos gemacht… Einige
bekam ich über Whatsapp zurück! Danke dafür!
Am letzten Tag wird’s sportlich! Wir schauen wir uns die Wasserfälle von Montmorency an, die wohl höher sind als die Niagarafälle aber nicht so spektakulär…
Vom Fuß des Wasserfalls kraxeln wir über ziemlich geröllige Wege wieder hoch zur Brücke…
Dann geht’s nach Montreal. Eine Großstadt französischer Prägung, mit allem, was dazu gehört: der Kathedrale Notre Dame (wie in Ottawa und auch nicht abgebrannt), wunderschönen historischen Gebäuden, interessanter neuer Architektur, dem „Resó“ einem Netz unterirdischer Tunnel und Gänge, das Geschäfte, Büros, U-Bahn-Stationen und Sehenswürdigkeiten miteinander verbindet (wie „The Path“ in Toronto) und damit den Aufenthalt in der winterlichen Kälte stark verkürzt und einer sehr lebendigen Multi Kulti Altstadt mit entsprechender Gastronomie.
Die Fotos dazu bleiben der Fantasie des Lesers überlassen oder er findet sie auf den Seiten des Herrn Google…meine sind untergegangen….
Gerne wären wir ein wenig länger in dieser Stadt geblieben
aber in drei Tagen werden unsere neuen Gäste Alex und Kurt an Bord sein. Wir
fahren zurück nach Toronto.
erleben wir von seiner Schokoladenseite. Wir sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort, weil sich Kanada nur zwischen Juni und September so präsentieren kann, wie wir es erleben: in den kräftigen Farben des Sommers, offen, mediterran und freundlich…
I. Thousand Islands, Kingston, Toronto
Alles, was im Freien stattfinden kann, wird geboten: Open Air Konzerte, Jazz und Blues-Festivals, Künstler jeder Couleur auf den Plätzen der Städte, Bootstouren auf allen Flüssen, Kanälen und Seen, die Sommerhäuser auf den Thousand Islands sind wieder bewohnt oder werden nach dem Hochwasser erneut bewohnbar gemacht…
Man lebt draußen, genießt den Sommer, ist einfach gut gelaunt und Touristen gegenüber äußerst freundlich und hilfsbereit.
Wir ankern in herrlicher Natur, zwischen den Inseln der „Thousand Islands“, Schwimmen im klaren Wasser des Ontario Sees, lassen die Seele ein wenig baumeln …
Kingston erleben wir als eine Art Vorgeschmack auf Ottawa und Quebec. Eine Stadt die auch im Süden Frankreichs angesiedelt sein könnte, mit Kalksteinhäusern, die die Wärme des Sommers in die Straßen abstrahlen, mit großzügigen Plätzen auf denen unterschiedlichste Künstler ihre Performance zu Gesicht oder Gehör bringen, französische, spanische oder italienische Restaurants deren Speisekarte bereits das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt…
Nach so viel Amerika tut ein bisschen Europa gut. Ein Essen im italienischen Restaurant „Olivea“ mit Live Jazz Untermalung lassen wir uns nicht entgehen und ein abschließendes Craft Beer in einer Rooftop-Bar – mit Blick auf den immer noch belebten Marktplatz rundet den Abend gebührend ab.
Die Supermärkte: Zum Reinbeißen!!! Käse, Fisch, Backwaren, Pasteten und Terrines, Foie gras..und die Präsentation von Obst und Gemüse…
Vorgewaschene, zerpflückte Salate in Plastik eingeschweißt, sucht man vergeblich…
Unsere Fahrt entlang der kanadischen Nordküste des Ontario Sees beginnt in Gananoque (wo wir einklarierten) und führt über Kingston und Coburg nach Toronto. Streckenweise haben wir herrlichen Segelwind für Groß und Genua,
manchmal auch ein paar ruppige Wellen, meistens aber spielt der Wind Verstecken, und wir motoren übers spiegelglatte Wasser.
Peter sitzt auf der Stb. Motorklappe, die Füße hochgelegt und döst in der Sonne. Ich will ihn aufmerksam machen auf das herrliche, milchige Türkis des Wassers. Er erschrickt, hebt den Kopf, greift sich impulsartig an die Stirn…Zu spät! Es tickt zweimal auf der Heckklappe und… weg ist sie: seine neue Gleitsichtbrille… Und zwei Segler blicken stumm auf dem ganzen See herum… 🙁 🙁
Bis wir wieder nach Hause kommen wird er die Welt ‚Polarisations-gefiltert‘
durch die Sonnenbrille betrachten oder fürs Kleingeschriebene zur Lesebrille
greifen müssen…
Coburg bietet seinen Bootstouristen ein kostenfreies Public
Dock, das wir gerne für eine Nacht nutzen. Es ist gleichzeitig das Ende der
Flaniermeile und offensichtlich gefällt die PIA, da sie hundertfach auf Handys
oder Fotoapparate gebannt wird und Peter viele Fragen beantworten muss.
Erst am späten Nachmittag kommen wir von Bord, um einen
Strandspaziergang zu machen. Bunt, fröhlich und sehr trubelig geht’s hier zu.
Aber wen wundert’s? Es hat 32°C, es ist Sonntag und zusätzlich Ferienzeit…
In Toronto erleben wir einen sehr herzlichen Empfang durch die Mitglieder der TMCC (Toronto Multihull Cruising Club), dessen Mitglieder allesamt einen Catamaran oder Trimaran besitzen und das Problem der doppelten Liegegebühren für einen Catamaran sehr gut kennen. Sie bieten uns einen kostenlosen Liegeplatz an der Boje an, den wir natürlich gerne annehmen und mit einer Spende an den Club honorieren.
Bernard, der selber Catamarane gebaut hat und auf allen Meeren dieser Welt bereits unterwegs war, wie auch Paul, der Chef des Clubs und andere Mitglieder sind sehr interessiert an der PIA, da sie ein individuell gebauter Catamaran ist und sich von den üblichen großen (Charter)-Marken (Lagoon, Fountain Payot, Privilège) unterscheidet. Sie kommen gerne auf einen Espresso vorbei, lassen mit ihren Erzählungen die Zeit verfliegen und wir müssen uns mit dem Sightseeing ein wenig sputen, da wir in drei Tagen zu unserem 10tägigen Städtetrip aufbrechen wollen und die nächsten Gäste zwei Tage nach unserer Rückkehr anreisen werden.
Toronto im Schnelldurchgang bedeutet: eine Fahrt mit dem Sightseeing Bus, eine Bootstour zu den Toronto Islands, einmal Toronto zu Fuß mit einem Bruchteil des Path (ein Labyrinth aus unterirdischen Gängen, das Sehenswürdigkeiten, Wolkenkratzer und Läden der Downtown miteinander verbindet und im eisigen Winter bevorzugt wird), einen Harbour Walk, den St.Lawrence Market, den Historic Distillery District und den Besuch des CN-Towers. Es reicht gerade eben, um sich einen Überblick über diese moderne, lebendige Multi Kulti Stadt zu verschaffen.
Dann mieten wir für 10 Tage ein Auto, um die Städte Ottawa,
Quebec und Montreal zu besuchen.
Das eigentliche Programm der diesjährigen Segelsaison heißt
– THE
GREAT LOOP –
wie die Amerikaner einen Wasserweg
beschreiben, der sich wie eine Schlaufe – von der Südspitze Floridas -an der Ostküste der USA hoch zieht bis nach
New York City, dort über den Hudson, über verschiedene kleinere Flüsse oder
Kanäle in die großen Seen führt, bis Chicago,
um danach südwärts über den Mississippi und den Tombigbee in den Golf von Mexiko zu münden und darauf
über Key West die Schlaufe nach Florida zu
schließen..
Die Wahl der kleineren Wasserwege wird bestimmt durch Größe, Breite, Höhe
und Tiefgang der Schiffe, da viele Brücken nicht hoch genug, manche Flussbette
nicht tief genug sind und etlichen Schleusen die nötige Breite fehlt.
Für uns bedeutet das auf jeden Fall MASTLEGEN und – wegen Überbreite unseres Catamarans – Umfahren des Rideau Kanals und des malerischen Trent Severn (Von Trenton, Ontariosee nach Port Severn, Lake Huron)
Um sich ein Bild machen zu können: ca.6000 Meilen oder 9700km durch 18 US Staaten und Canada…
Wir starten – mit Wim und Trudi an Bord am 20.6.19 von Port Washington, Long Island aus und biegen bei strömendem Regen in den East River ein. Dunkle Wolkenformationen türmen sich über New York City und verschlucken die Spitzen der Wolkenkratzer. Eine bedrohliche Kulisse.
Doch beim Unterqueren der Brooklyn Bridge bekommen die Wolken einen
gleißenden Silberrand und als wir die Spitze Manhattans umrunden, hat sich das
Himmelsblau wieder durchgesetzt.
Eine sehr angenehme und ruhige Nacht vor Anker – hinter Miss Liberty – wird uns gegönnt, mit voran gehendem Fotoshooting und Abendessen im Cockpit…
Am nächsten Tag kreuzt alles – was Rang und Namen oder nichts von beidem hat
– in der Hudsonbay herum:
Traditions-Segler, Regatta-Begleitboote mit zahlenden Gästen an Bord, laute, aggressive
Funboats mit aufgemalten Haizähnen, die mit abrupten Stopps und Wenden die
Gäste zum Kreischen bringen, Waterscooter…
Die GP SAIL ist angesagt, die
Regatta der Starkatamarane (Foiling Catamarans), die auf dem Hudson, vor dem
Brookfield Center ausgetragen wird.
Dabei durchpflügen nicht mehr die Rümpfe das Wasser, sondern schmale, ins
Wasser ragende Schwerter, sogenannte „Foils“ lassen – durch ihren geringen
Widerstand – die Katamarane mit Highspeed übers Wasser „fliegen“.
Sechs Nationen sind heute am Start: USA, Frankreich, Großbritannien,
Japan, China und Australien. Morgen wird’s das Finale zwischen den beiden
Schnellsten geben.
Eigentlich eine Schande, dass wir uns dieses Spektakel entgehen lassen,
zumal wir es – kostenfrei – von der gegenüberliegenden Seite – und an Bord der
PIA!!! – „life“ hätten miterleben und
verfolgen können.
Aber wir Schnarchnasen ziehen es vor, 1 ½ Stunden vor Beginn des ersten Rennens den Hudson hoch zu segeln und begnügen uns mit dem Anblick der sich allmählich in Stellung bringenden Foiling Catamarans.
(Interessierte finden Mengen an Informationsmaterial und You Tube – Aufzeichnungen unter: sailgp new york 2019)
Stattdessen können wir zum ersten und vorläufig letzten Mal die
Schokoladenseite NYC mit all ihren großartigen Gebäuden vom Hudson aus
betrachten.
Eine angenehme sechsstündige Flussfahrt bei Sonne und leichtem Wind endet – unmittelbar nach Sonnenuntergang – mit dem Ankerfall vor Nyack.
Am nächsten Tag wollen wir Catskill erreichen, wo der Mast gelegt werden soll.
Unser Ankerplatz vor der Rip van Winkel Bridge, direkt gegenüber von Catskill, ist malerisch. Weiter Blick auf die letzte Brücke, Seerosen und Entengrütze in Ausbuchtungen mit stehendem Gewässer, Waldduft, Vogelgezwitscher.
Es ist Sonntag…
Und der wird – an diesem idyllischen Ankerplatz – mit einem Glockenspiel eingeleitet, das stimmungsvoll vom anderen Ufer herüber klingt. Alles wirkt so friedlich, ruhig. Da möchte man ein guter Christ sein und am 7. Tage ruhen.
Wir sind eher „Sabbat schänderisch“ zu Gange, da umfangreiche Vorarbeiten für das Legen des Mastes getroffen werden müssen. Großsegel, Lazy Bag, Baum und Vorsegel werden demontiert, am späten Nachmittag geht’s an die knifflige Elektrik, die am Mastfuß getrennt werden muss. 25 Kabel müssen säuberlich gelistet, ordentlich versorgt und vor Feuchtigkeit geschützt, verpackt werden.
Als wir von der Dinghi-Erkundungsfahrt zurückkommen, ist klar, dass wir die – von allen Seglern empfohlene – Hop o Nose Marina zum Mastlegen nicht anlaufen können. Sie ist viel zu schmal und der Kran nicht hoch genug.
Es bleibt die Riverview Marina.
Montagmorgen. Ein komisches Gefühl beschleicht mich. PIA kommt unter die Guillotine. Wir legen an der Riverview Marina an.
Die Vorstellung, dass man uns aktiv berät bei der Überlegung, wie man den Mast für den Transport an Bord am besten unterstützt und sichert, müssen wir begraben. Emotionslos wird gefragt, was wir denn benötigen. Man will es im Baumarkt kaufen und uns zur Verfügung stellen. Wim und Peter diskutieren die günstigsten Stellen zur Unterstützung von Mast und Baum, Peter berechnet das Material und der Chef kippt uns später Holz und Spanngurte sozusagen vor die Füße.
Abends stehen alle Stützen – mit Spanngurten gesichert – aufnahmebereit.
Mir scheint, dass der Chef der Riverview Marina ein wenig verunsichert an diesem Monstrum von Mast rauf und runter schaut bevor der Kran über die PIA schwenkt. Wir haben ein Diamond Rigg, d.h. jede Saling hat einen 3. Spreizarm, was zur Folge hat, dass der Mast vor dem Legen gedreht werden muss, um die Spreizarme in die korrekte Lagerposition zu bringen.
Mit viel Bedacht und Umsicht wird der Mast vom Kran gehalten während die Wanten, das Vorstag und die Backstagen gelöst werden.
Dann wird er aus dem Schuh gehoben, angehoben, parallel zur PIA fast abgelegt, gedreht und wieder über die PIA geschwenkt, um ihn dort vorsichtig auf den Stützen abzulegen. Der Mast bleibt in der Halteschlaufe des Krans, bis wir Sitz und Stand der Stützkonstruktion genauestens überprüft haben und erste Gurte verspannt sind.
Ich glaube erkennen zu können, wie dem Chef ein Stein vom Herzen
fällt, als die Aktion beendet ist.
Später, als er uns frisch geerntete Kirschen aus seinem Garten bringt, erfahren wir, dass wir die hiesige Premiere für das Legen eines Diamondriggs erlebt haben.
Nach wenigen, zurück gelegten Meilen unter akribischem
Beäugen aller Haltevorrichtungen haben wir Vertrauen in unsere Konstruktion.
Nichts bewegt sich.
Hinter Troy biegen wir in den Erie Kanal ein. Waterford, ein ganz hübsches, sehr verschlafenes Städtchen, überrascht uns mit Folklore am Public Peer. Zu Klängen aus dem Dudelsack, der Piccoloflöte, einer Ziehharmonika tanzen und singen weiß gewandete, dürre, ein wenig schratig wirkende Personen, die uns nachdrücklich auffordern, mit ihnen zum Dinner zu gehen. Wir betreten einen spelunkenhaften Irish Pub. Die Regale hinter der Bar sind prall gefüllt mit irischen und nicht irischen Spirituosen. Stehende, heiße Luft. Das Essen: sehr irisch-amerikanisches Eintopf-Allerlei. Es lässt sich mit Bier hinunter spülen; aber der Wirtin, die 7 Jahre in Mannheim gelebt hat, sowie ihren Folklore Gästen machen wir eine Riesenfreude.
Die regenreiche Nacht, die die PIA – wie ein Penner – unter einer(Straßen)Brücke verbringen muss hat zur Folge, dass sie am nächsten Morgen aussieht wie nach einem Ascheregen.
Die Folge: Putzen noch vor dem Frühstück 🙁
Um 7.00h öffnen sich die Schleusentore…Wir fahren in die
„Flight of Five“, Fünf Schleusen hintereinander, teilweise nur 500m voneinander
entfernt. Alle haben einen ordentlichen Hub von 12 -13m. Wir fahren in die
Schleusenkammer, angeln uns zwei, an der Schleusenwand herunter hängende Seile,
führen eines über die Bug-, eines über die Hecklampe mit und „hangeln“ uns so –
während das einströmende Wasser recht gemächlich die Schleusenkammer füllt – auf
die nächst höhere Stufe…
Vier Tage befahren wir abwechselnd den Erie Kanal und den Fluss Mohawk mit grünen, blühenden Ufern, manchen Stromschnellen – an in den Mohawk einfließenden Nebenflüssen- verschlafenen Örtchen, freundlichen Schleusenwärtern, die allesamt zu einem Schwätzchen aufgelegt sind. Beim Ankern im Fluss scheint einerseits der Katamaran, andererseits die deutsche Flagge mit Heimathafen Heidelberg magisch anzuziehen. Jogger, Walker, Spaziergänger, Fahrradfahrer bleiben stehen und zeigen sich sehr interessiert, wollen ihre Deutschkenntnisse an den Mann bringen oder uns erzählen, dass sie Frankfurt, Heidelberg und München (Kulturreise Deutschland) gesehen haben.
Unsere Fahrstrecke klingt Welten-bummlerisch. Wir passieren Manheim, Francfort, Oppenheim, Rotterdam, Amsterdam, Rome aber auch Canajoharie, Poughkeepsie und anderes Zungenbrecherisches… Je mehr wir uns dem Ontario Lake nähern, umso mehr Treibholz kommt uns entgegen. Dicke Planken, grobes Geäst und sogar ganze, entwurzelte Bäume treiben auf und teilweise unter Wasser und verhindern zweimal (weil sie sich eingeklemmt haben) das Schließen der Schleusentore. Wir befürchten einen Rückstau mit Wartezeiten vor den Schleusen des Oswego Kanals, da letztere wegen des Hochwassers zeitweise geschlossen waren.
Am frühen Nachmittag des 30.6 erreichen wir den Oneida Lake. Ein ordentlicher Wind bläst uns entgegen und die kurzen, steilen Wellen lassen die PIA kantige Nickbewegungen machen. Wir kehren um, da wir die Stützkonstruktion nicht gefährden wollen, ziehen einen Strandspaziergang vor und lassen uns mit fetziger Musik vom benachbarten Vergnügungspark beschallen.
Am nächsten Morgen sitzen Hunderte libellenartiger Wesen auf
der taubedeckten PIA. Unfähig, sich zu bewegen, können wir sie regelrecht
abpflücken.
Im glatten Oneida Lake spiegelt sich die Sonne, erste Angler warten auf den großen Fang und wir haben nach 3Std. das gegenüber liegende Ufer erreicht. Nach Brewerton verlassen wir den Erie Kanal, biegen ein in den schönen Oswego Kanal, nehmen die letzten 8 Schleusen und legen am Nachmittag in der Oswego Marina an.
PIAs 8tägige Reise
ohne Mast ist beendet. Am nächsten Tag soll hier, in der Oswego Marina der Mast
gestellt werden.
Zwei Kräne, die am Kai stehen, sind zu kurz. Diskussionen zwischen dem Chef der Marina, seinen Angestellten und Peter:
Peter – seine Espressotasse gerade abstellend – sprudelt seine Vorstellung von der Vorgehensweise beim Maststellen heraus und endet mit der Frage an den Chef: „Would you like to have an espresso?“ Die prompte Antwort: „Cool down man! No, I won’t…but you shoudn’t take a second one!!!“
Ein Autokran muss geholt werden. Ein Autokran, zwei Standkräne, wovon einer handbetrieben, leisten schnelle, präzise Arbeit.
Eineinhalb Tage noch fürs Aufriggen und Anschließen der Kabel dann brechen wir auf in die großen Seen. Der Ontario See liegt vor uns.
Nun fehlt nur noch der Wind; die Hauptsache, wenn man segeln
möchte. Wir versuchen, ihn herbeizurufen aber er ist schwerhörig und bleibt es
auch die nächsten Tage.
Beim Zwischenstopp vor Stony Island gibt‘s (nach sieben
Jahren Salzwasser) einen erfrischenden Kopfsprung ins Süßwasser!!! Herrlich!
Weder Salz noch Chlor in den Augen oder im Badeanzug…und das Wasser ist
ziemlich klar!!!
Unser erster Ankerplatz im Ontariosee: Cape Vincent. Unmittelbar vor dem historischen Museum. Schlimm für die Anrainer: Hochwasser überflutet die Ufer und alles Ebenerdige. Bootsstege, die in der Karte eingezeichnet sind, sieht man nicht; wohl aber die Laternen, die sie beleuchten sollen…Sie wirken seltsam staksig und funktionslos auf den überfluteten Stegen.
Wir wollen das Städtchen anschauen, steigen ins Dinghi, suchen eine Anlegestelle. Aber alles ist überschwemmt: Stege unter Wasser, Vorgärten überschwemmt, Parks und Anlagen eine einzige Sumpflandschaft.
Wie schön! Neben dem „Water Pilot“ Schiff gibt’s eine Möglichkeit fest zu machen. Wir schlendern durchs Städtchen, stehen Schlange an der Eisdiele, schlecken ein Eis und… stellen bei Rückkehr zum Anleger fest, dass das Dinghi verschwunden ist. Oh! Ratlose Gesichter!!
Nicht lange! „Mr. Important“ stürmt herbei, uns von Weitem bereits entgegenschleudernd: „This is Private Property“! Trespassing not allowed!!!
Nur unterwürfige Minen, mehrfach wiederholtes „Sorry“ und zaghafte Erklärungsversuche können letztendlich sein stramm amerikanisch patriotisches Herz erweichen. Er öffnet das Rolltor des benachbarten Bootsschuppens, in dem die „Ti Pia“ vor Blicken verborgen lag und lässt uns – kommentarlos und mit stoischer Mine – ausfahren. Puh!!! Das ist noch mal gut gegangen!!!
Überfahrt auf die kanadische Seite, Einklarieren in Gananoque, zurück zu einem herrlichen Ankerplatz ist das Programm des vorletzten Tages mit Wim und Trudi
Am 10.6. legen wir in Kingston an. Unglaublich aber wahr ist die Tatsache, dass die Organisation einer Reise von A nach B (im Mietauto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln) sowohl in den USA als auch in Canada äußerst kompliziert und nervenaufreibend ist. Letztendlich gelingt es uns, eine Zugverbindung zu finden, die Wim und Trudi zu den Niagara Falls bringt, um von dort den Flughafen in Buffalo zu erreichen. Danach heißt’s Abschied nehmen nach 3 1/2 schönen Wochen mit ihnen…
Lange Textpassagen langweilen, eine Bilderflut ohne
Erläuterungen ebenso. Ich versuche, den goldenen Mittelweg zu finden.
Die letzten, uneingeschränkt sonnigen Tage verbringen wir in den Straßen und Parks von New York. Wir schlendern durch das Brookfield Center mit einem Atrium in dem sich Palmen bis unters Glasdach recken, Luxusgeschäfte aneinander reihen und die Produkte der Food Mall die Zunge flimmern lassen.
Leider mangelt es – wie fast überall in den USA – an Stil und Gemütlichkeit beim Genießen dieser Köstlichkeiten.
Die Generation „Plastik“ oder die umweltfreundlichere
Schwester „Pappe“ lässt grüßen.
Café Leisinger auf Amerikanisch: Auf verkrümelten Bistrot Tischen feinste Patisserie aus Pappschachteln. Dazu „Utensils“ – Plasitkbesteck…und Kaffee aus Pappbechern.
Wie war das noch??? Das Auge isst mit? …das amerikanische
jedenfalls nicht.
Dafür gibt’s draußen reichlich Futter fürs Auge.
Der kleine Stadthafen von New YorkCity (North Cove Yacht Harbour) im Hudson vor der Skyline von Hoboken, NJ
Von dort zieht’s uns auf die Brooklyn Bridge. Das Besondere an dieser sechsspurigen, zweistöckigen Brücke ist die Tatsache, dass Fußgänger – wie die Könige – auf der oberen Etage über die Brücke schlendern können, während die Autos sich auf den den rechts und links darunter liegenden Fahrspuren im Schneckentempo vorwärts bewegen.
Brooklyn, das inzwischen als kleiner Bruder Manhattans gilt, empfinden wir mit seinen vielen Grünflächen als sehr ruhig und entspannend.
Heute noch soll es den berühmten Blick vom höchsten Wolkenkratzer New Yorks, dem One World Trade Center (541,3m) geben. Die Observatory Plattform bietet von drei Etagen (100., 101. und 102. ) einen atemberaubenden 360° Blick über die Stadt.
Das Flatiron Building, den Madison Square, den Washingtonsquare und den Timesquare schaffen wir „Fußmarsch Geübte“ ganz locker an einem Tag.
Ein ganz besonderes Highlight ist der TWA-Terminal – 5 – des Flughafens JFK. 1960 wurde er vom Star Architekten Eero Saarinen entworfen, reichte in den 90iger Jahren – wegen des ansteigenden Flugverkehrs nicht mehr aus und wurde vor Kurzem renoviert. Ein Teil beherbergt nun ein schickes Hotel, das erst im Februar ’19 eröffnet wurde.
Wir erleben ihn als eine wahre Stilikone dieser Zeit.
Dann kommen Wim Und Trudi zu Besuch und mit ihnen der Regen,
der sich manchmal morgens, manchmal abends einstellt.
Gemeinsam mit ihnen wollen wir uns das MET (Metropolitan
Museum of Art) ansehen.
Die Überschrift dieser Aktion könnte sein: Zur falschen Zeit
am falschen Ort.
Der Himmel ist bedeckt als wir losfahren. Schon beim Ausstieg aus der U-Bahn gibt’s Stau am Treppenausstieg. Die verflixten Regenschirme lassen sich nicht öffnen. Man patscht von Pfütze zu Pfütze. Als wir das Museum erreichen müssen wir erkennen, dass wir nicht die Einzigen sind, die Museumsbesuche an Regentagen vorhaben. Eine Riesenschlange wartet auf Einlass. Zu allem Überfluss scheint die Regenrinne über dem Einlass perforiert zu sein, so dass man, bereits in einer Pfütze stehend, auch noch von oben Wasserberieselung bekommt, bevor man in die dampfende Eingangshalle gelangt. Vor lauter Menschen ist nichts zu sehen. Aus meinen Espandrillos drückt sich bei jedem Schritt leise quietschend das Wasser; an der Garderobe werden Rucksäcke, nasse Anoraks und Regenschirme gnadenlos in ein Fach gestopft… Luftfeuchtigkeit knapp unter 100%.
Wir sind überfordert. Kunst und Kunsthistorisches aus 5000 Jahren füllen die 4—5 m hohen Hallen. Es ist überwältigend! Immer schart man sich traubenförmig um die Kunstwerke. Um in eine Sonderausstellung zu gelangen, steht man – angemeldet!!!! – um eine halbe Etage herum in der Schlange. Die Treppenhäuser sind – warum auch immer – größtenteils gesperrt, man wartet vor den Aufzügen.
Konzentrieren kann man sich nicht. Wir verlassen nach drei Stunden das Museum mit der Gewissheit, dass sich weitere Besuche unbedingt lohnen, man sie allerdings auf einen Tag legen sollte, an dem es die meisten Menschen in die Parks oder ans Wasser zieht.
Gerne hätten wir die als großartig beschriebene Akkustik der Metropolitan Opera bei einem Konzert der New Yorker Philharmoniker erlebt; aber das Orchester macht gerade Urlaub und die versprochene Führung durch das Lincoln Center, an deren Anschluss man für die Veranstaltung des Abends ermäßigte Karten kaufen kann, fällt aus.
Ganz anders erleben wir das MoMA und das Guggenheim Museum. Wir haben offensichtlich den richtigen Tag erwischt und können Kunstwerke und Architektur der beiden Häuser sehr genießen.
Unser letzter Tag in New York führt uns – per Ausflugsboot – nach Ellis Island, das – vor den Toren New Yorks gelegen – für Tausende von Einwanderern und Flüchtlingen als Übergangs- und Quarantänestation in ein freies, und selbstbestimmtes Leben diente.
Gekoppelt an diese Bootstour ist der Besuch von Liberty Island. Noch imposanter als vom Ankerplatz sieht die 42m hohe Statue auf ihrem Sockel aus, wenn man sie zu Fuß umrundet.
Im Museum kann man die in Einzelteile „zerlegte“ Schöne in Originalgröße bewundern
Morgen werden wir ein letztes Mal hinter der Freiheitsstatue ankern. Danach soll es auf den „Big Loop“ gehen.
Vielleicht ist es der andächtigste Ort der Stadt, auf dem das „National 9/ 11 Memorial“ angesiedelt ist. Auf dem Platz, wo einst die Zwillingstürme standen, befinden sich seit 2006 zwei riesige quadratische Wasserbecken, von deren Wänden unablässig Wasser rieselt, das in einer nicht einsehbaren quadratischen Leere verschwindet…
„Reflecting Absence“
In die glänzend polierte Kupferumrandung wurden die Namen
derer eingraviert, die der grausige Anschlag mit in den Tod riss…2983 Menschen.
Das riesige, unterirdische Museum, das man über eine Rampe betritt, lässt das Attentat mit Ton- und Bilddokumentationen und unendlich vielen Exponaten unter die Haut gehend nachfühlen.
Nach so viel Bedrückendem tut der Blick nach oben gut. In den blauen Himmel ragt das neue One World Trade Center, das mit seiner Höhe von 541m und seinem Observation Deck in der 104. Etage derzeit das höchste Gebäude New Yorks ist.
Wie eine Feder nimmt sich der schlanke äußere Rand des
Oculus daneben aus.
Der „Oculus“ – von Calatrava entworfen – ist der neue Bahnhof am World Trade Center. Ein Aufsehen erregendes Gebäude, das Assoziationen zulässt wie ‚Phönix aus der Asche‘ oder ‚Raubvogel‘ oder ‚Dinosaurier‘ aber am wenigsten an ein Auge erinnert…
Das Innere des Bahnhofes: kathedralenhaft, säulenfrei, lichtdurchflutet, weiß, fast steril vereint in sich Einkaufszentrum, Fußgängertunnel und Bahnhof.
Wir haben gelernt, uns zu orientieren (was uns – aus der „Welt-Quadrate-Stadt“ Mannheim kommend 😉 😉 ) nicht schwer fällt, da NYC , Mannheim-ähnlich, in Quadrate eingeteilt ist. Von Nord nach Süd die Avenues mit der Hauptachse Fifth Avenue, von West nach Ost die numerierten Querstraßen, die –je nach Lage zur Mittelachse (Fifth Avenue) den Zusatz ‚East‘ oder ‚West‘ tragen.
Auch unterirdisch fällt die Orientierung leicht. Verschiedenfarbige
Linien, die mit Zahlen oder Buchstaben gekennzeichnet sind, bringen schnell an
den gewünschten Zielort, wenn man sich erst mal durch die heißen, schlecht
belüfteten, teilweise dreistöckigen
Umsteigeplattformen mit
dahineilenden Menschen gewühlt hat , um dann „Subway-eisgekühlt“ am Zielort auszusteigen.
So gelangen wir schnell an unser nächstes Ziel: Die Highline…
Eine zum langgestreckten Park umfunktionierte alte Eisenbahnlinie, die sich auf Höhe des 3. Stockwerkes von Lower Manhattan bis zu den Hudson Yards, parallel zum Hudson erstreckt.
Herrlich, in luftiger Höhe herumzulaufen, an manchen Stellen noch zu erkennen, wie brach Liegendes von der Natur zurückerobert wird,
Grünendes und farbenprächtig Blühendes,
Kunstobjekte überall, Musik aller Stilrichtungen liegt in der Luft,
von Wasser überspülte Eisenbahnbohlen oder Steinplatten wo sich heiß gelaufene Füße prächtig kühlen lassen,
Menschen, die auf verschiebbaren Liegen die Abendsonne genießen…Da möchte man bleiben!!!
Die Highline mündet an ihrem nördlichen Ende in die Hudson Yards,
dem neuen, coolen Geschäfts- und Finanzviertel New Yorks (SAP ist auch vertreten!!!) mit einer LuxusMall, diversen Restaurants und Wohnungen ( deren Preis ich nicht kennen möchte) dem Neuen Veranstaltungsort „The Shed“ und „The Vessel“ einem Zwitter aus Skulptur und Gebäude, das aussieht wie eine Laterne, die man horizontal, wellenförmig eingeschnitten hat…
Die Zeit fliegt dahin und wir müssen erkennen, dass 16 Tage für New York – mit täglich drei Stunden für die An- und Rückfahrt – und der, wie in jedem Haushalt anfallenden, Putz-, Wasch-, Aufräum- und Reparaturarbeiten einfach zu kurz sind.
Wir müssen uns beschränken und setzen Plan A konsequent um: Museumsbesuche oder notwendige Arbeiten am Schiff nur an Regentagen, „Outdoor“ Besichtigungen an überwiegend sonnigen Tagen.
Nach einer erstaunlich ruhigen Nacht zu Füßen der
Freiheitsstatue gehen wir Ankerauf. Noch ist relativ wenig Verkehr in der
großen Hudsonbay. Wir überqueren sie, biegen ein in den Eastriver, dessen
Strömung uns sofort packt und uns mit 5kn unterstützend in Richtung Hellgate
schiebt.
Augen rechts und links und nach oben: überall Interessantes: links von uns Manhattans Eastside mit seinen schmalen Straßenschluchten zwischen den Wolkenkratzern, das grüne Brooklyn rechts, über uns wunderschöne Brücken: die Brooklyn-, Manhattan-, Williamsburg- Throgs Neck Bridges…
Perfektes Timing ermöglicht ein ruhiges Kreuzen des „Hellgate“, das wegen der gegeneinander laufenden Strömungen des Eastriver und Long Island Sounds (in den wir einbiegen) höllisch brodelnd sein kann. Nach drei Stunden haben wir Port Washington, in der Manhassetbay, am Long Island Sound erreicht und an einer Boje festgemacht. Von hier aus wollen wir New York erobern.
Der Wetterbericht für die nächsten Tage präsentiert eine
bunte Mischung. Da wir – wie könnte es anders sein – natürlich Reparaturen auf
der to-do Liste haben, wollen wir die sonnigen Tage für Freiluftbesichtigungen
nutzen und die Regentage für Museen und Reparaturen an Bord.
Gleich am nächsten Tag gibt’s den Probelauf: Rein ins Dinghi, rüber an die Anlegestelle (ca. 5Min.) zu Fuß die hügelige Mainstreet entlang zum Bahnhof (ambitionierte 15min.) und rein in die „LIRR“ – die „Long Island Rail Road“, die täglich ca. eine halbe Million Menschen aus dem Umfeld New Yorks in die Metropole und zurück befördert und zu Stoßzeiten entsprechend überfüllt ist. Wir Landeier wundern uns über die ca. 20 Waggons, die – natürlich außerhalb der Rush Hour – ziemlich leer sind und genießen die Zugfahrt. Kurz vor NYC geht’s in den Untergrund. Hässlich aber funktional nähert man sich der Penn Station wie ein Maulwurf und steigt – nach 45min. – an der Ecke 7th Avenue/ 34. Straße ans Tageslicht.
Sofort geht der Blick nach oben: Hoch und höher die Fassaden, Häuserschluchten…Kaum ein Gebäude hat weniger als 5 Stockwerke. Wie ein „Hans guck in die Luft“ möchte man herumlaufen. Nicht ratsam allerdings, da die Gehwege von dem sich nach oben entwickelnden Glanz absolut nichts abbekommen haben. Hier gilt: Hoch-„Blick“ kommt vor dem Fall!!
Mäandernd zwischen 5. 6. Und 7. Avenue bewegen wir uns Richtung Centralpark.
Wir laufen und laufen und Laufen…
Nach ca. 5km des Staunens, Stehens und Laufens in der Hitze findet man uns „ermattet“ im Centralpark.
Die Idee, den ersten Tag in New York mit dem Anblick eines grandiosen Sonnenunterganges ausklingen zu lassen, scheitert daran, dass die Plattform „Top of the Rock“ im 70. Stock des Rockefeller Centers zum Sonnenuntergang ausgebucht ist. Der nächst verfügbare Aufzug würde uns 90 min. nach Sonnenuntergang hinauf befördern…
So lassen wir uns von der LIRR wieder nach Port Washington
befördern und schmieden Pläne für Weiteres.
Einen wunderschönen Abend verbringen wir mit Eric, Peters Patensohn, der seit 20 Jahren in NYC lebt, in Brooklyn, in einem Privatclub. D.U.M.B.O. (Down Under Manhattan Bridge Overpass) heißt der District und das Haus, von dem aus man einen tollen Blick auf Manhattan, die Manhattan- und Brooklyn Bridge hat.