20150606 Dominica

Ein letzter Blick vom Leuchtturm auf Basse Terre (Guadeloupe) auf die in der Ferne liegenden Îles des Saintes und wir segeln zum zweiten Mal diesem schönen Ziel entgegen.

Sechs Tage lassen wir die Seele baumeln, genießen die Stille, die lediglich vom unermüdlich krähenden Hahn unterbrochen wird und den Duft, der von der kleinen, bewaldeten Insel herüber weht. Mit Schnorcheln, Schwimmen, Spaziergängen an den kleinen Stränden und Lesen verfliegen die Tage im Nu.
Die Nebensaison hat begonnen und hier nimmt alles seinen beschaulichen Gang. Im Städtchen Bourg des Saintes, sitzt man dösend im Schatten der Häuser und die Motorroller, um die man sich vor vier Wochen noch heiße Schlachten geliefert hätte, stehen ungenutzt vor den Verleihen.
Das fühlt sich sehr nach Erholung an.
Aber wir sollten allmählich weiter südwärts segeln, da unsere Tage hier ab dem 1. Juli – wegen der beginnenden Wirbelsturm-Saison – gezählt sind. Da die meisten Yachtversicherungen sehr ausgeklügelte Bedingungen für den Standplatz einer unbewohnten Yacht während der Hurricansaison haben, wählen wir (ESA-Versicherungsgeschädigte) für die Zeit unseres Heimataufenthaltes eine Werft in Trinidad, wo es bisher keinen Wirbelsturm gegeben hat.
Wenn wir Mitte Juli dort sein wollen, bleiben uns nur noch wenige Wochen, um auf dem Weg dorthin noch einige Inseln anzuschauen.
Also verlassen wir am Freitag, dem 6. Juni die Îles des Saintes mit dem Ziel Dominika.
Kaum haben wir die Nase um die Ecke gesteckt, empfängt uns ein breiter Streifen Sargasse. Wieder müssen wir die Schrauben rückwärts laufen lassen, um diese lästigen Algen los zu werden.
Kurze Zeit später – wir sind nur einen Moment unaufmerksam – wird die PIA deutlich langsamer. Was ist das? Jedenfalls keine plötzliche Flaute… Der Wind bläst mit gleicher Stärke. Wir ahnen Böses und finden bald die Ursache: Unter dem BB-Heck strafft sich zusehends eine kräftige Fischerleine. Ob sie sich mitsamt ihrer Bojen in der BB-Schraube verfangen hat?
Peter dreht bei, die Leine driftet nach Stb. und ich kann sie – nach Abklappen der Passerelle – abschneiden. Aber was nun? Der Rest der Leine mit den Bojen befindet sich ja immer noch in der BB-Schraube. Einer von uns muss tauchen. Wer wohl? Es ist nicht ganz ungefährlich, bei immer noch 2 ½ kn Fahrt und ruppiger Welle zur Schraube abzutauchen, sich mit einer Hand festzuhalten und mit der anderen diese unerwünschten Souvenirs zu beseitigen. Natürlich ist es wieder Peter, der ins Wasser springt. Er kann sich an Sicherungsleinen bis zur Schraube vorhangeln und die Schwimmkörper mitsamt Leine von der Schraube abwickeln.
Hut ab! Mir schlottern – auch nachdem er wieder an Bord ist – immer noch die Knie…

Am Nachmittag laufen wir in die Prince Rupert-Bay von Dominica ein.

Sofort schießen mehrere lange, schmale Holzboote auf uns zu. Aus unserem maritimen Führer wissen wir, dass man sich lediglich mit einem Boot der Organisation P.A.Y.S (Portsmouth Association of Yacht Security) einlassen sollte, in der sich einige junge Männer zu einer Vereinigung zusammengeschlossen haben mit dem Ziel, den Bootstourismus auf ihrer Insel attraktiver und sicherer zu machen und die Yachties in jeder Beziehung unterstützen. „Cobra“ heißt der junge Mann, der uns zuerst erreicht und unsere Wünsche in den folgenden Tagen erfüllen wird. Er bringt uns zu einer Boje, hilft uns beim Festmachen und bietet gleich weiteren Service an, wie z.B. Bootstaxi zum Einklarieren, Zoll und Polizei und gibt uns einen Katalog, in dem organisierte Ausflüge auf der Insel angeboten werden.

Ein Händler kommt angerauscht. Hochgewachsen, kohlrabenschwarz (wie alle hier), singing, swinging und sich vorstellend als: Hey Mam, I’m Dany but you can call me Dr. Love!
Er bietet mir an, frisches Obst, Gemüse sowie Fisch oder Fleisch zu bringen und ich gebe ihm den Auftrag. Zwanzig Minuten später ist er wieder da mit einem ganzen Mahi-Mahi (ich hatte zwei Filets bestellt), …“no problem, I’ll cut the filets“… Maracujas, Orangen, Avocados, Limetten, Papajas…

Es wird ein hartes Handelsgefecht: Er verlangt Astronomisches, was er wortgewaltig und mit großen Gesten ziemlich theatralisch verteidigt, ich biete ihm – wie ich meine – Realistisches an. Das Ende vom Lied: Wir einigen uns auf dem 2/3 Niveau, was ihm sicherlich sehr gut gefällt und mir das Gefühl gibt, mich nicht total über den Tisch haben ziehen zu lassen. Dafür erhalte ich 1 ½ kg allerfeinsten Fischfilets aber nur die Hälfte des Obstes, das er ursprünglich zur Lieferung vorgesehen hatte.

Für den nächsten Tag buchen wir eine Fahrt auf dem Indian River. Um 7.00h werden wir abgeholt. Mit drei Amerikanern und zwei Franzosen werden wir im Holzboot über diesen Fluss gerudert, der sich durch einen Wald mit exotischen, verwunschenen Bäumen schlängelt.

Ein wenig kitschig wirken die in den Bäumen hängenden Requisiten der Dreharbeiten zum „Fluch der Karibik“…

Am Ende des schiffbaren Flussbereiches angekommen, dürfen wir zu Fuß weiter in den Dschungel, diese stille, wuchernde Urwüchsigkeit vordringen. Es ist wild, märchen- und zauberhaft und lässt sich in seiner Tiefe und Dreidimensionalität von der Kamera eines Mobiltelefons einfach nicht einfangen.

Plötzlich hören wir den Klang einer Bambusflöte. Werden wir zurückgerufen oder soll die Flöte uns den Weg weisen? Wir kehren um und treffen nach wenigen Metern auf einen Flöte spielenden Rastamann, der uns vorkommt wie ein direkter Nachfahre der Kariben.

Er begleitet uns auf dem Weg zurück und schenkt mir eine Handvoll weiß-grauer Samen, die Gesundheit, Energie und Jugendlichkeit bewahren sollen.
Nach der Verkostung verschiedener Punschsorten in einer urigen Hütte treten wir den Rückweg an.

Dominika hat 365 Flüsse (für jeden Tag einen) und entsprechend grün und fruchtbar sieht alles aus. Unser Führer erklärt uns, was alles hier kultiviert wird und ermuntert uns, herabgefallenes Obst aufzuheben oder pflückt für uns von den Bäumen.

Wir kehren mit Mangos, Papayas, Brotfrucht, Avocados und Maracujas zur Pia zurück.

Am Abend sind wir eingeladen auf den Catamaran von Alain und Chantalle. Cobra, unser Guide, wird für uns ein köstliches, creolisches Essen zubereiten. Es wird ein sehr unterhaltsamer Abend mit den drei Amerikanern, die kein Wort Französisch verstehen, den beiden Franzosen, die kein Wort Englisch sprechen und uns beiden, die radebrechend versuchen, von einer Sprache in die andere zu übersetzen. Dennoch erfahren wir von „Cobra“ enorm viel über Dominika, da er die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen seiner Insel sehr genau kennt.

Für den nächsten Tag buchen wir eine Inseltour mit Robert. Die Nebensaison, in der es an Nachfrage für solche Touren mangelt, macht unseren Ausflug nicht zum Schnäppchen. Dafür lässt Robert aber keine Wünsche offen. Im 10-Personenbus werden wir von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten gefahren. Eine Zeitlang haben wir von der Uferstraße aus herrliche Ausblicke auf die Küste, bis wir schließlich in das Dschungel-artige Inselinnere abbiegen.

Ein dunkler, wolkenverhangener Himmel über dem Regenwald gibt nur ab und zu den Blick frei auf Dominicas zweithöchsten Berg, den Morne Trois Pitons (1387m). Die Außentemperatur nimmt deutlich ab, kleine Regenschauern lassen herrliche Düfte aus dem wilden Grün aufsteigen.
Der Freshwater-Lake, wahrscheinlich 10°C wärmer als unsere Alpenseen und nicht so klar…

Die Trafalgar-Wasserfälle…

Schwefelquellen…

Die Ti-Tou-Schlucht…

Ziemlich müde steigen wir auf die PIA, um 20min. später unerwartete Gäste zu haben. Alain, Chantalle, Harry, Ellen und Gwinn wollen offensichtlich an den unterhaltsamen gestrigen Abend anknüpfen. Drei Frauen verschiedener Nationalität improvisieren einen Apero, mit allem was Pantry und Kühlschrank hergeben, während die Männer sich um Tisch und Getränke kümmern.
Es wird ein ausgedehnter Apero, der uns mit den Erzählungen aus dem „Leben der Anderen“ in sehr, sehr schöner Erinnerung bleiben wird.
Die letzte Nacht auf Dominica verbringen wir – gemeinsam mit den Amerikanern – in der Nähe von Roseau, vor dem Anchorage-Hotel, um am nächsten Morgen weiter zu segeln in Richtung Martinique.

20150528 Es ist ein holperiger Start…

nach dem Erreichen des ersten, richtig großen Etappenzieles, das immerhin ca.7500km von Deutschland entfernt ist…

Einerseits präsentiert sich die Karibik anders, als wir sie erwartet haben, andererseits lassen die traurigen Geschehnisse zu Hause keine richtige Freude aufkommen.

Daher gibt’s im Folgenden Fragmente eines Reiseberichtes.

Unser Ankunftshafen „Fort de France“ auf Guadeloupe ist in der jetzigen, von häufigen Regenschauern geprägten Saison ein stickiger Hafen. Eine Menge kleiner Lokale, in denen überwiegend gute französische oder kreolische Küche geboten wird, säumt das Hafenbecken. Leider wird die Nase – auch bei genussvollem Essen- immer von „fehlgeleiteten“ Abwässern umfächelt oder der „Faule-Eier“-Geruch der verrottenden „Sargasse“ steigt in die Nase.

Sargasse, so nennt sich die diesjährige Plage in der Karibik. Es ist eine Braunalge, die in großen Teppichen auf dem Wasser treibt (sich übrigens auch um unsere Schrauben wickelte, was zu starken Vibrationen führte und dadurch die Halterung der Lichtmaschinen abbrechen ließ) und sich in 40 – 60cm dicken Schichten an den Atlantikstränden auftürmt, um dort mit einem, den Atem raubenden Gestank zu verrotten. Touristen halten sich fern von den normalerweise sehr schönen und beliebten Atlantikstränden und Segolène Royale verspricht Guadeloupe und Martinique 800 000€, um die Inseln bei der Beseitigung dieser Plage zu unterstützen.
Point à Pitre ist m.E. keinen Besuch wert. Monsieur Hollande sieht das eventuell anders. Er kam am 10.Mai nach P.a.P. um die Gedenkstätte gegen die Sklaverei einzuweihen. Es ist ein monströser, langgestreckter Bau mit einer Art Tonnendach, das von vielen, glänzend-silbrigen Bändern umspannt wird, von EU-Geldern finanziert wurde und ganze 92Mill. Euro kostete. Ziemlich augenscheinlich hätten die Gelder sehr viel sinnvolleren Projekten zugeführt werden können.

Wir zücken unsere Kamera lediglich auf dem farbenprächtigen Gemüse- und Gewürzmarkt, dessen Produkte von Marktfrauen in gelb-rot-karierten, Spitzen-besetzten Kleidern präsentiert werden.

So schnell wie möglich wollen wir den stickigen Hafen und diese Stadt verlassen, kommen aber erst nach unserem zweiten Anlauf, am 27.April dazu, als Isabel und Klaus uns besuchen.
Endlich können wir auch Schönes entdecken.
Die Ilet de Gosier, eine Mini-Insel mit betagtem Leuchtturm lässt uns frische Luft atmen. Schnorcheln, Schwimmen und einfach Entspannen füllen die ersten Tage vor Anker.

Danach geht’s weiter auf die „Iles des Saintes“, die auch zur Inselgruppe von Guadeloupe gehören. In allen einschlägigen Führern werden sie als idyllisch und paradiesisch beschrieben. Das wissen natürlich die Einheimischen, die verlängerte Wochenenden (wir schreiben den 1.Mai…) nur zu gerne hier verbringen und tausende von Touristen zu Wasser und zu Lande haben es verinnerlicht. So finden wir in den großen Bojenfeldern der malerischen Buchten keine einzige freie Boje und auf den Ankerplätzen in annehmbarem Tiefenbereich geht man fast schon auf Tuchfühlung. Vorsichtig müssen wir uns – mit nur einem Motor – durch das dicht belegte Bojenfeld schlängeln, da Klaus entdeckte, dass die Backbordschraube eine Fischernetzgirlande mitschleift.
Kaum haben wir ein Ankerplätzchen gefunden, springen Isabel und Klaus ins Wasser und machen sich an das Herausoperieren der Fischerleine…

Auch im malerischen Örtchen Bourg des Saintes ist die Hölle los. Touristen schieben sich durch die Straßen, vorbei an unzähligen Läden, die alles Mögliche anbieten oder knattern auf Rollern oder kleinen Motorrädern über die Insel. Um einen Platz in einem der hübschen Restaurants zu bekommen, muss man beizeiten vorreservieren. Das machen wir für den Sonntagabend. Feingemacht sitzen wir im Dinghi und haben zum Schutz gegen eventuell überkommendes Spritzwasser -blauäugig – zwei Badetücher mitgenommen. Die beiden Gallionsfiguren, Isabel und ich merken bald, wie das „bisschen“ Spritzwasser aus den vollgesaugten Badetüchern in die Kleider dringt und sitzen anschließend – wie aus dem Wasser gezogen – mit triefenden Haaren und Klamotten – bei einem ausgesprochen leckeren Essen.

Drei Tage später sollen wir das Highlight des Urlaubs mit Isabel und Klaus erleben. Wir segeln nach Malendure,

um dort zwischen dem Strand und dem Inselchen „Pigeon“ (das Täubchen)zu ankern.

Hier erstreckt sich, wie ein Dreieck an der Küste entlang der Jaques-Cousteau-Unterwasser-Nationalpark. Der französische Meeresforscher sorgte dafür, dass Fischen hier verboten wurde und erklärte das Revier rings um die Insel zu einem der zehn besten Tauchplätze der Welt. Zahlreiche Tauchschulen bieten – für Nichttaucher oder Anfänger sogenannte „Baptêmes“ an, bei denen der Tauchschüler für eine halbe Stunde an die Hand genommen wird, um – Seite an Seite mit dem Tauchlehrer – durch die unglaublich schönen Korallengärten mit Tausenden bunter Fische zu gleiten.

Wir gönnen uns das Vergnügen drei Mal und sind jedes Mal von Neuem erstaunt über die unfassbare Vielfalt und Farbenpracht der Unterwasserwelt.
Selbst am Ankerplatz wird’s nicht langweilig. Schildkröten recken ihre Hälse aus dem Wasser, um kurz darauf wieder zum Grasen abzutauchen und Hai-ähnliche Putzerfische heften sich knabbernd an die Rümpfe der PIA. Leider fehlt es der Putzkolonne an Effektivität….

Zwei Tage haben wir noch ein Mietauto, um uns ein wenig das Inselinnere anzuschauen, das sich mit seiner überbordenden, Dschungel-ähnlichen Natur in allen Grüntönen der Welt präsentiert aber hier und dort den Blick auf intensiv rote, gelbe, rosafarbene oder blaue Blüten freigibt.

Die Insel ist reich an Wasser und bietet herrliche Wanderungen auf teilweise sehr schön gestalteten Wanderwegen zu verschiedenen Wasserfällen. Wir baden im Sammelbecken der kleinsten Fälle, der „Chutes d‘ Ecrivisses“

Den – für die Karibik obligatorischen – Besuch einer Rumdestille machen wir bei Longueteau. Nach dem Besuch der herrschaftlich wirkenden Präsentations- und Verkaufsräume und dem Anblick des edel wirkenden Landsitzes der Inhaber, fällt die Führung durch die Destille (vom Zuckerrohr bis zum Rum) sehr deftig und urtümlich aus. Eine Probe des frischen Destillats mit 81% Alkohol zieht uns fast die Schuhe aus.

Nun heißt’s für die Beiden Abschied nehmen.
Wunderschöne 16Tage sind zu Ende.