20151207 Trinidad in Mosaiksteinchen…

Trinidad Ende Juli und November/Dezember …

Die ersten 12 Tage, die wir nach unserer Ankunft auf Trinidad (am 15.Juli) am Steiger des Peake- Yacht-Service verbringen, sind angefüllt mit Erkundungsgängen und Verhandlungen über die auszuführenden Arbeiten und der Vorbereitung der PIA auf ihren dreimonatigen Landaufenthalt. Daher kümmern wir uns sehr wenig um Land und Leute, erfahren aber, dass es neben dieser öligen, von etwa 10 Werften und Yachtservices gesäumten Bucht, die außerdem meist von einem wolkenverhangenen Himmel überzogen ist, auch Schönes zu entdecken gibt.

Jesse James
Ein findiger, kontaktfreudiger Taxifahrer, der in aller Segler Munde ist, weil er sich um die Belange der Gastlieger kümmert.
Er hat eine Funkrunde eingerichtet, „Members Only“ zu der sich jeder, der möchte, hinzu schalten und mithören kann. Zwischen 8.00h und 8.30h werden auf VHF 68 Neuankömmlinge begrüßt; es wird Hilfestellung für alle Lebenslagen angeboten; der Wetterbericht für die kommenden Tage kundgetan; es werden Ausflüge zu den Sehenswürdigkeiten Trinidads angeboten, sowie außerdem Einkaufsfahrten in den großen Supermarkt oder zum Wochenmarkt von Port of Spain; Grillabende werden organisiert oder „Treasures of the Bilge“ gehandelt. Dabei kann jeder Segler, der einen Schatz in seiner Bilge (entspricht dem Speicher oder Rumpelkeller eines Hauses)mit sich herumfährt, Selbigen dem Interessierten anbieten.

Turtle-Watching

Wir hören – wenige Tage nach der Ankunft hier in Chaguaramas – dass es am Mittwoch die – für diese Saison – letzte Fahrt zum „Turtlewatching“ (Eiablage der Lederrücken-Schildkröte) geben wird. Im Handumdrehen sind wir angemeldet. Das möchten wir uns nicht entgehen lassen.
Um 17.00h geht’s mit zehn anderen Interessierten los. Neunzig Minuten braucht das Taxi allein, um sich (in der Rush-hour) die 7km bis nach Port of Spain durch zu kämpfen. Weitere neunzig Minuten fahren wir auf weniger belebten Straßen, um uns die letzte halbe Stunde über holperige Sandpisten unserem Ziel, dem Matura-Strand zu nähern.
Angekommen vor der Hütte der Naturführer müssen wir eine Weile warten, bis die Vorgänger-Gruppe zurückgekehrt ist. Alle haben Taschenlampen dabei, in der irrigen Annahme, man dürfe sie benutzen, um den mit Wurzeln, Sargasse, Sandabbrüchen und von Furchen durchzogenen Strand (in der mondlosen Nacht) auszuleuchten. Pech gehabt! Wir werden darauf hingewiesen, dass nur der Naturführer ein rotes Licht haben darf, wir uns gefälligst an seine Fersen heften und aufeinander aufpassen sollen.
So steigen, rutschen, stolpern wir uns dem Ereignis entgegen. Durch das Rauschen der anbrandenden Wellen hören wir plötzlich ein paar Wortfetzen. Eine andere Gruppe hat sich in unmittelbarer Nähe bereits um eine Schildkröte geschart. Ein kurzer roter Lichtschein lässt uns die riesige, urzeitlich anmutende Lederrücken-Schildkröte erkennen. Etwa 1.80m lang und mindestens 400kg schwer wird dieser Koloss wohl unter größter Anstrengung (mit Hilfe der paddelförmigen Vorderbeine) auf den Strand gerobbt sein.

Offensichtlich hat die Schildkröte nur noch auf unser Eintreffen gewartet, denn kaum angekommen, fliegt uns Sand um die Ohren, den sie mit ihren kräftigen Hinterbeinen aushebt, um die etwa 50cm tiefe Kuhle für die Eiablage zu schaffen.

Immer wieder legt sie eine kurze Erholungspause ein. Sicherlich gibt der Naturführer sehr interessante Erklärungen über Leben und Verhalten dieser Spezies, die wir aber wegen der Wellengeräusche und seines starken Akzentes nicht verstehen. Ein paar Zahlenangaben können wir heraushören.

Lederrücken-Schildkröten werden bis zu 2.50m lang, bis zu 700kg schwer, sind nicht ortsgebunden, paaren sich inmitten des Ozeanes und kehren – so sie männlichen Geschlechtes sind – nie mehr an ihren Geburtsort zurück. Das Gegenteil gilt für die Weibchen. Sie kehren immer wieder zu ihrem Geburtsstrand zurück, um dort ihre Eier abzulegen.

Und genau das vollzieht sich gerade vor unseren Augen. Fünfzig bis hundert weiße, Tennisball-große, glänzende Eier kullern in die ausgehobene Grube. Und das vollzieht sich – für uns alle gut sichtbar im Schein einer hellen Taschenlampe. Die Schildkröte – im Zustand der Trance – lässt sich währenddessen streicheln, vermessen, markieren und fotografieren.

Traurig sieht sie aus, da aus ihren Augen Tränen quellen, eigentlich hoch konzentriertes Salzwasser, das über eine Art Tränendrüse ausgeschieden wird, da die Nieren nicht genügend Salz ausschwemmen können.
Kaum ist die Eiablage beendet, wird die Taschenlampe ausgeschaltet und sie beginnt mit dem Zuscharren ihres Geleges. Im schwachen Schimmer des Rotlichts schiebt sich das Tier schwerfällig hin und her, um die Spuren zu verwischen und macht sich dann auf den Weg zurück in den Ozean.
Eine Weile später können wir erkennen, wie das letzte Stückchen ihres Panzers von einer Welle überspült wird, um sie dann – laut- und schwerelos – in ihr Element zurückgleiten zu lassen.

In etwa 60 Tagen werden 50-100 kleine Schildkröten schlüpfen und versuchen, an den lauernden, hungrigen Feinden vorbei ins rettende Wasser zu entkommen…

Trinidads Steelbands

sind weltweit bekannt. Dank Jesse James können wir einen Life-Auftritt verschiedener Bands miterleben. Mit zehn anderen Seglern zusammen werden wir nach Port of Spain zum Veranstaltungsort gebracht. Laute Musik dröhnt aus einem Lautsprecher, unterbrochen von den Ansagen einer herben Frauenstimme, die wir nicht verstehen können. Es herrscht ein munteres Gewusel auf dem Platz. Zwei große Bands haben ihre glänzenden Stahlbecken bereits aufgebaut, andere schieben ihre Instrumente noch in Position, polieren liebevoll an ihnen herum oder lassen den einen oder anderen Trommelwirbel hören.

An der offenen Bar werden Getränke ausgegeben. Touristen oder Nichteinheimische sind nicht allein an ihrer Hautfarbe zu erkennen, sondern vor allem daran, dass ausschließlich Softdrinks oder das gute „Carib“- Bier für sie über die Theke geschoben werden. Die Trinidadis verlangen Hochprozentiges, d.h. Rum oder Vodka gleich flaschenweise.
Um 21.00h tritt die erste Band auf: Eine Altherrenband, wie man sie etwa aus „Buonavista Social Club“ kennt und bespielt die Stahlbecken in einer Art, die mir von Steeldrums bisher nicht so geläufig war. Ein Potpourri wunderschöner Melodien von Harry Belafonte, Frank Sinatra und auch Weihnachtslieder bringen sie zu Gehör.

Wie in Trance tanzt ein älterer Mann (in Anzug und Krawatte) vor der Band herum. Auch von den anderen Zuhörern und -schauern steht niemand still: man wippt mit den Füßen, schwingt die Hüften, schlenkert die Arme.
Dennoch lässt sich erahnen, dass diese Band nicht die Hauptattraktion des Abends sein wird.
Die gibt es dann 2Std. später. Eine Band, ausschließlich aus jungen Leuten bestehend, trommelt uns ein Feuerwerk an Rhythmus und Begeisterung entgegen. Die Spieler, keine Sekunde stillstehend, hüpfen, lachen, scherzen, rufen einander zu und versetzen dabei das Publikum im Handumdrehen in die gleiche Schwingung.

Der Bandleader, ein kräftig gebauter junger Mann, bewegt sich mit enormer Geschmeidigkeit hinter seinem Becken und spielt die Melodie des Stückes mit flirrenden Trommelschlägeln, die sich nicht aufs Foto bannen lassen und für den Betrachter so aussehen, als seien es Kolibriflügel.
Insgesamt ein unvergesslicher Abend, dessen Rhythmus noch lange im Kopf nachhallt.

Unsere Tage auf Trinidad sind gezählt. Am Freitag, dem 4.12. kommt die PIA wieder ins Wasser.

Wir sind heilfroh, wieder Wasser unter dem Kiel und etwas mehr Wind um die Ohren zu haben, was aber gleichermaßen bedeutet, dass die Klima-Anlage, die mit Landstrom betrieben wurde, auch demontiert wird. Oh, oh!!!

Am Samstagmorgen um 6.30h nehmen Trudi und ich den Taxibus zum Wochenmarkt nach Port of Spain. Man sollte es mal gesehen haben aber wenn man an die europäischen Standards bezüglich der Kühlung von Fleisch und Fisch denkt, vergeht einem hier ein wenig der Appetit.

Dennoch kehren wir mit einem großen Mahi-Mahi (toller Fisch) und einemBerg an Obst und Gemüse zurück.

Es gibt noch viel zu tun, bis wir endlich in See stechen können. Segel müssen noch gesetzt werden, Motoren überprüft, Dinghi ins Wasser,

Probelauf Wassermacher und diverse Reinigungsarbeiten und nicht zuletzt die wahrscheinlich aufwändige Ausklarierungsprozedur bei Zoll und immigration.

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