Back to the Roots

Donnerstag, der 5.Dezember 2012
Back to the Roots – Mit dem Motorboot durch das Douro-Tal

Ja, mit dem elterlichen Motorboot „Pia“, auf dem Neckar, fing alles an: Peters Liebe zum Wasser und zum Wassersport.
Nun liegt das malerische Douro-Tal vor uns. An seinen Hängen reifen die Trauben, die zur Herstellung des berühmten Porto verwandt werden. Leider kann der Fluss – wegen zu geringer Durchfahrtshöhen der Brücken – mit unserer Pia nicht befahren werden.
Der pfiffige Hafenbetreiber erahnt unsere Wünsche und macht uns ein Angebot, das wir nicht ausschlagen können. Er bietet uns an, für den Preis des Mastlegens doch eines seiner Motorboote, die ab der nächsten Saison in die Charter gehen sollen, zu mieten.
Der Handel ist perfekt, die kleine „Tawny“ wird hinter der Pia „eingeparkt“ und alles, was wir für eine 4-Tagereise benötigen, von unserem Cat auf den kleinen Motor-Cruiser gebracht.

Am Donnerstag um 9:30h beginnt unsere Flussfahrt. Ausreichendes Wasser von unten, überreichliches Wasser von oben, das aus einem ziemlich düsteren, wolkenverhangenen Himmel fällt, begleiten uns bis zum Nachmittag.
Irgendwie sieht Peter als Motorbootfahrer völlig anders aus als Peter der Segler.

Außerdem ist der Motor für unser Geräuschempfinden schrecklich laut. Da wir aber einen straffen Zeitplan haben, um die Schleusen und den Liegeplatz am Abend zu erreichen, müssen wir zunächst mal den Lärm ertragen.


…das Kielwasser ist allerdings beeindruckend…

Nach 21km haben wir die erste Schleuse erreicht, die uns – nach den vielen Exemplaren, die wir bisher sahen – mit 13,9m – als relativ hoch aber im Bereich des Normalen liegend erscheint. Das Schleusenmonstrum mit 35m Niveau-Unterschied erreichen wir gegen 15:30h. Es ist irgendwie unheimlich! Von der flusswärts gelegenen Leitwand heben Hunderte von Kormoranen ab, die bis zur Wasseroberfläche hinabgleiten, um dann – mit den Füßen paddelnd – wieder langsam an Höhe zu gewinnen. Ich habe den Eindruck, dass sie Platz machen wollen für unsere Einfahrt in diese gigantische Mausefalle.

An dröhnenden, quietschenden Eisenpollern, die mit dem einströmenden Wasser aufschwimmen, werden wir – wie mir scheint -unendlich langsam himmelwärts transportiert, dem G.s.D. immer größer werdenden Guckloch Richtung Freiheit entgegen.
Das spiegelglatte Oberwasser hinter der Schleuse nutzen wir für eine halbe Stunde Wellness für alle Sinne: Die haben wir Dank des HYBRID-Antriebs, der sich von Diesel- auf Elektromotor umschalten lässt. Wir werden von der unsicht- und fast unhörbaren Hand durch die stillen Wasser des Douro geschoben, vorbei an wilden, in warme Herbstfarben getauchte Steilufer, die durch die nun ab und zu heraus blinzelnde Sonne besonders farbenprächtig leuchten

Anders als in Porto, am sich weit öffnenden Atlantik, ist es im Dourotal bereits um 17:00h dunkel. So erreichen wir den ersten Liegeplatz, Cais de Caldas de Aregos, erst bei hereinbrechender Dunkelheit. In dem – während der Saison – wahrscheinlich stark frequentierten Örtchen hat man sich bereits auf den Winterschlaf eingestellt. Die uns empfohlenen Restaurants sind geschlossen oder öden uns an mit gähnender Leere. Lediglich der Direktor des Thermalbades, das von heißen Schwefelquellen gespeist wird, gibt uns mit stolz geschwellter Brust eine Führung durch das Haus mit seinen vielfachen medizinischen Anwendungen.
Nach einem Essen an Bord fallen wir müde in die Betten.

Es ist Freitagmorgen. Heute werden wir die Weinberge und Quintas aller Porto-Produzenten von Rang und Namen passieren. Es soll ein wunderschöner Tag werden. Ein Wechselspiel von Sonne und Wolken lässt diese herrliche Landschaft mal in satten Herbstfarben leuchten, mal in zurückhaltendem Licht erscheinen.
Die Porto-Produzenten scheinen miteinander im Wettstreit zu liegen um das prächtigste Anwesen und die herrschaftlichste Auffahrt.

Wir sitzen und staunen und fotografieren… Mittags erreichen wir Regua, ein Örtchen, das DAS Porto-Museum der Region beherbergt. Aber auch hier kommen wir offensichtlich zur Unzeit an. Das Museum ist geschlossen und wir können lediglich die architektonisch gelungene Ergänzung des historischen Gebäudes von außen bewundern.

Die später folgende Schleuse mit einem Niveau-Unterschied von „nur“ 28,5m wirkt nicht mehr so bedrohlich wie die gestrige aber die Weiterfahrt auf dem sich schlängelnden Fluss entlockt uns nach jeder Biegung ein neues „Wouw“ . Beim Erreichen unseres nächtlichen Liegeplatzes (Pinhao)haben wir uns darauf eingestellt, dass es auf unserer Flussfahrt wohl Augenschmaus in Hülle und Fülle geben wird, Geist und Magen sich aber eher mit Hausmannskost zufrieden geben müssen.
Samstagmorgen
Das wunderschöne Vintage-Hotel, an dessen Steg wir festgemacht haben, liegt auch im Winterschlaf. Versuchen wir’s mal mit dem hiesigen Weinmuseum: vorgezogene Gitter, hermetisch verriegelte Fensterläden zeigen uns auch hier, dass wir uns wohl in der Saison vertan haben. Dafür machen wir einen Besuch beim Metzger, aus dessen Schaufenster uns ein Wildschweinkopf mit listig-leuchtenden Glühbirnen-Äuglein angrinst, umgeben von Würsten aller Größen und Formen. Drei Metzger, die allesamt ihren Produkten sehr zugetan zu sein scheinen, widmen sich in Seelenruhe ihrer Kundschaft. Sehen wir verhungert aus oder tropft uns vielleicht Speichel aus den Mundwinkeln beim Anblick der vor uns liegenden Schinkenvariationen? Der Chef schneidet jedenfalls mit Hingabe allerfeinste Schinkenscheiben ab und bietet sie mit auffordernder Mimik zur Verkostung an. Anscheinend liest er aus unseren Gesichtern nicht die erwartete überschwängliche Begeisterung und fühlt sich aufgefordert, weitere Kostproben anzubieten. Wir wollen wissen, ob ein Wildschweinschinken darunter war. Die Erklärung kommt prompt auf Portugiesisch. Unser Nachhaken in DESPERANTO (einer von Peter entwickelten – inzwischen sehr erprobten – Kreativmischung aus Spanisch, Italienisch, ein paar Sprenkeln Französisch – falls nötig und reichlich Mimik und Gestik)… Darauf: allgemeines Nicken und Aha!..Übersetzungshilfen anderer Kunden, die dann auch Kostproben bekommen… noch eine und eine weitere… und dann, damit es nicht zu trocken wird, ein weißer Porto, der – in eine Blechtasse gefüllt – über die Theke gereicht wird und augenblicklich alle Zungen lockert….fröhliches Sprachengewirr im ganzen Laden. Alle genießen offensichtlich diese Situation und als die Metzger nach etwa 30min. die Kasse betätigen, stellen wir fest, dass wir für Museales entweder die falschen Antennen oder eine katastrophale Zeitplanung haben, dass es uns aber immer wieder gelingt, verpasste Historie durch erfrischende Gegenwart zu ersetzen.

Man bedenke! Wir haben den 8.Dez.2012! Zu Hause macht sich der Winter breit… Wir sitzen zur Mittagspause – bei Tomaten und Mozzarella – auf der Badeplattform unseres Schiffchens, haben das große Heckfenster aufgeklappt, die Küchentheke nach außen ausgefahren und genießen – vor Anker liegend – die Sonne…

Es ist ein kleiner Seitenarm des Douro. Zur Rechten: Weinberge, zur Linken: ein in sattes Grün gebettetes Restaurant. (Wir testen nicht, ob offen oder geschlossen!!!)
Um 15:30h passieren wir die Schleuse von Valeira (33m hoch), um die letzten Kilometer zu unserem heutigen Liegeplatz zurückzulegen. Wir erreichen Senhora da Ribeira bereits um 16.30h und können — vor Sonnenuntergang – noch einen Spaziergang durch die Weinberge machen. Hätte man uns mit verbundenen Augen auf dieses Fleckchen Erde gestellt, hätten wir Stein und Bein geschworen, an einem lauen Frühlingsabend(!!!) in einen Landstrich versetzt worden zu sein, in dem es außer uns nur wohltuende Stille, Duft verströmende Sträucher und melodiös zwitschernde Vögel gäbe. Ohne Augenbinde sehen wir herbstlich-leuchtend-gelb gefärbte Trauerweiden, deren Äste sich bis zur Wasseroberfläche neigen, gepflegte, leuchtende Orangenhaine mit eingesprenkelten, duftenden, weiß-blühenden Bäumen, Olivenplantagen und die – für diese Region sehr bekannte, vorzüglich schmeckende, aber inzwischen entlaubte – Sauerkirsche.

Gegen den nur noch schwach erhellten Nachthimmel heben sich die Silhouetten einzelner, auf den Bergkuppen stehender Olivenbäume ab. Wären es Zypressen, könnte man glauben, in der Toscana zu sein. Traumhaft schön, wenn man es selbst erlebt, kitschig vielleicht, wenn man’s nur hört oder auf Bildern betrachtet…
Sonntag, der 9. Dezember 2012
Nebelschwaden über dem Wasser, die sich nur sehr zögerlich auflösen. Das letzte Stück unserer Douroreise liegt vor uns. Es ist der Douro superior, dessen Ufer zunächst wesentlich felsiger, dann aber immer flacher und unspektakulärer aussehen.

Wir nehmen die nächste Schleuse nicht mehr und machen uns auf den Rückweg bis Pinhao, dem vereinbarten Übergabepunkt, an dem wir vom Schiff aufs Auto umsteigen werden, um auf dem Landweg nach Porto zurückzukehren.

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