Die ersten 3° (von 360°)

Montag, 6. August 2012

Helgoland, Borkum und Terschelling liegen hinter uns und wir laufen gerade unter Motor – gegen Wind und Welle – in Richtung Kornwerdersand, um dort ins Ijsselmeer zu schleusen.
Hallo, wird sich nun so mancher fragen, ‚war da nicht mal die Rede von der englischen Südküste ‘?
Ja schon, aber alles der Reihe nach.
Nach stürmischen, regnerischen aber dennoch schönen und unbekümmerten Tagen mit unseren Kindern und deren Partnern auf Helgoland, planten wir die Weiterfahrt für Mittwoch, den 1.08. ein.
Die Wettervorhersage mit angekündigtem, sonnigen Morgen und mäßigen Winden hatte uns dazu verleitet, ein gemütliches Frühstück auf See – nach dem Segelsetzen – einzuplanen. Es kam, wie es kommen musste. Eine äußerst ruppige Welle, heftiger Wind und eine gegen Wind und Wellen nicht gerade einschmeichelnd ruhig laufende Pia ließen das Genuss-Frühstück zu einem verwackelten Steh-Imbiss verkommen.
Gegen 14.00h ließ der Wind deutlich nach und drehte auf Süd. Pech für uns, dass er ausgerechnet aus der Richtung kam, in die wir wollten. Nahe an der Flaute, versuchten wir – durch etliche Segelwechsel – den letzten Windhauch einzufangen. Aber auch der Parasailor zog nicht mehr richtig. Wir hakten das Ganze als eine 2 ½ stündige Übungseinheit im Segelsetzen und –bergen ab, mussten dafür aber in Kauf nehmen, dass wir die nicht ganz einfache Ansteuerung von Borkum erst bei Dunkelheit machen konnten. Um 22.00 lagen wir – sicher vertäut – im Gemeindehafen von Borkum.

2. – 5.8.‘12

Vom morgendlichen Gang zum Hafenmeister bringt Peter drei Fahrräder mit und die Info, dass das Örtchen ungefähr 5 km vom Hafen entfernt liegt. Also schwingen wir uns nachmittags auf die Drahtesel und radeln zur Insel-METROPOLE. Wie schon vor 15 Jahren, als wir die ostfriesischen Inseln mit dem Sindbad anliefen, erscheinen uns die deutschen Frieseninseln – im Vergleich zu den holländischen als sehr nüchtern. Glatte, geklinkerte Häuser , quadratisch, praktisch, gut und ohne jeglichen Charme aneinandergereiht, säumen die Straßen. Hie und da ein umlaufender, mit der Nagelschere geschnittener Rasenstreifen; deutsch eben: ordentlich und akkurat.
Eine Bahnlinie verbindet den Fährhafen, in dessen Nähe wir liegen, mit dem Ortskern. Von dort zur Strandpromenade ist’s nicht mehr weit. Von einem Café aus, das vom gegenüberliegenden Pavillon mit Life-Musik beschallt wird, haben wir einen herrlichen Ausblick auf die Kurpromenade mit der, in der Sonne glitzernden Nordsee. Wir kälteempfindlichen Süddeutschen bestaunen wieder (bei gefühlten 17° Außentemperatur und ordentlichem Wind) den Abhärtungsgrad der sehr leicht bekleideten Promenadengänger….
Der Freitag ist gekommen und damit der Abreisetag von Isabel. Wir alle sind ein wenig traurig, Abschied nehmen zu müssen. Sie hat eine lange, umständliche Rückreise nach Berlin vor sich, da sie mit Fähre, Bahn und Bus zunächst nach Hooksiel gelangen muss, um dort ihr Auto abzuholen und weiter nach Berlin zu fahren.
Peter und ich kehren zum Schiff zurück, um auch hier wieder ein wenig Alltag einkehren zu lassen. Während ich mich um den Innenbereich und die angefallene Wäsche kümmere, kontrolliert Peter den technischen Bereich. Und dann kommt sie, die böse Überraschung: Peter hatte bereits gestern festgestellt, dass die Backbordmaschine heißer war als üblicherweise. Er füllt also dort ein wenig Kühlflüssigkeit nach. Was ihn sehr stutzen lässt, ist die Tatsache, dass der Getriebeölstand der Steuerbordmaschine viel zu hoch ist. Der Vergleich der Öle des li. und. re. Getriebes miteinander lässt Böses ahnen. Unsere Vermutung, dass möglicherweise Seewasser ins Getriebe eindringen konnte, wird von einem Volvomonteur – per Ferndiagnose – als sehr wahrscheinlich erachtet.
Den restlichen Tag verbringen wir mit leicht getrübter Stimmung und Diskussionen über Art und Ort einer Reparaturmöglichkeit. Fest steht: die PIA muss raus aus dem Wasser, um das Getriebe reparieren zu können.

Der Samstag bringt die Entscheidung. Nach vielen Telefonaten und der Abwägung diverser Möglichkeiten entschließen wir uns, zu unseren Freunden nach Heeg , in einem Seitengewässer des Ijsselmeeres, zu segeln und den Schaden dort reparieren zu lassen.
Aber noch sind wir auf Borkum und es gilt, den Südstrand zu entdecken. Durch saftig grüne Mischwälder mit wild rankendem Geißblatt, Ebereschen, üppigen Heckenrosenbüschen und eingesprenkelten Heidelandschaften radeln wir ihm entgegen. Nach den vorangegangenen Regenschauern duftet alles herrlich würzig und frisch. Als wir den Strand erreichen, kommt auch die Sonne heraus. Eine ganze Stunde genießen wir Wärme, Sand, Sonne und das leichte Rauschen der Nordsee…Echte Urlaubsgefühle, die durch – wenige Minuten später einsetzende – Regenschauern abrupt beendet werden.
Wir wettern ab in der „Kulturinsel“, Borkums Haus der Inselkultur. Danach radeln wir schleunigst nach Hause.

Sonntag, der 5.8.12

Ablegen um 6.00h bei herrlichem Sonnenaufgang… Ruhige See, kaum Wind, wir setzen Groß und Genua und genießen erstmalig ein Frühstück in Fahrt. Aber mit nur 3kn Fahrt würden wir Terschelling heute nicht mehr erreichen. Also schalten wir den Dieselwind ein.
Der Tag soll uns heute einen munteren Wechsel aus Flaute, Schwachwind, heftigen Regenschauern mit flotten Böen bringen. Wir genießen alle Wetterwechsel mit ihren phantastischen Licht- und Farbspielen und deren Spiegelungen im Wasser.
Bereits am späten Nachmittag können wir Terschelling gut sehen, müssen aber einen riesigen Umweg machen, um schließlich in den sich ewig schlängelnden Einfahrtspriel einfahren zu können. Abends um 21.30h machen wir an einer großen Motoryacht fest.

Montag, der 6.8.12

Um 9.00h legen wir ab. Die Sonne begleitet uns noch ein knappes halbes Stündchen, während der Wind uns bereits mit 5 Bft entgegen bläst und die Nordsee sich kräftig aufschaukelt. Dunkel-lilafarbene Wolken, Blitze zucken, es donnert…weit weg. Die Sonne gibt den wild aufgetürmten Wolkengebilden einen gleißend-silbernen Rand und schafft es, ab und zu, durch kleine Gucklöcher – spotförmig – auch die Wellen dieses dunkellila, grau und resedagrün gefärbten Wassers zum Glitzern zu bringen….ein herrliches Schauspiel!!!! Um 15.00h haben wir die Schleuse in Kornwerderzand erreicht. Um 16.00h, jenseits der Lorenzschleuse, setzen wir das Groß mit einem Reff sowie die kleine Fock und rauschen mit begeisternder Geschwindigkeit zw. 9 und 10,4kn nach Stavoren.
Die Schleuse hat bereits geöffnet als wir ankommen und wir werden mit viel Wind von hinten in die schmale Schleusenkammer gepustet. Noch eine ebenso schmale Brückendurchfahrt und wir sind in Galamadammen angekommen, wo wir die Nacht verbringen werden.

Dienstag, der 7.8.12

Wegen einer Regatta holländischer Traditionsschiffe ist die Weiterfahrt nach Heeg erst nachmittags ab 16.00h möglich, so dass wir ankern müssen. Am frühen Abend werden wir von Wim und Trudi in ihrem Hafen sehr herzlich empfangen und gleich zum Essen eingeladen. Mit ihnen beraten wir die Vorgehensweise der nächsten Tage.

Mittwoch, der 8.8.12

Mittags rollt der riesige Autokran an und zwei Stunden später steht die Pia wieder hoch und trocken an Land. Wir säubern das Unterwasserschiff, das Dank des Antifoulings keinen Bewuchs hat im Gegensatz zu den Propellern, an denen sich bereits eine stattliche Seepockenkolonie befindet.

Donnerstag, der 9.8.12

Die Propeller werden abgenommen, um ans Getriebe zu kommen. Der Volvomonteur stellt fest, dass die Simmerringe verformt sind und dadurch Seewasser ins Getriebe dringen konnte. Auch die Welle muss noch einmal abgedreht werden. Für die Reparatur kann er sich nun 14 Tage Zeit lassen, denn wir nehmen Petras Hochzeit in Thun zum Anlass, zwei Wochen lang die Baustellen zu Hause aufzuräumen.

Eine Antwort auf „Die ersten 3° (von 360°)“

  1. Gruß aus der Hauptstadt Liebe Dorothee, lieber PETER;
    auch wenn wir Euch leider nicht persönlich verabschieden konnten, so sind wir in Gedanken doch stets bei Euch und freuen uns über jedes Lebenszeichen. Euren Stop zu Petras Hochzeit hattet Ihr Euch sicher anders vorgestellt. Ich wünsche Euch jedenfalls, dass Ihr bald wieder Wasser unterm Kiel habt und für die weitere Reise viel Glück und alles Gute!
    Eure Babsi und Ludwig

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