20150327 Zwischenstopp auf den Capverden

Seit Donnerstagmorgen (19.03.’15) haben wir wieder (nicht ganz) festen Boden unter den Füßen. Nur 500m von der Marina entfernt, hat unser Anker sich in den Sandboden eingegraben.

Frank und Brigitte winken uns von der Obelix fröhlich zu und um 9.00h gibt’s den Begrüßungsschluck.

Über die Bugspitze schauend leuchtet uns Mindelos Uferpromenade mit ihrer freundlichen, pastellfarbenen Bebauung entgegen. Der Blick nach hinten schweift zwar über herrlich türkisfarbenes Wasser, offenbart aber – mit den darauf schwimmenden, von Rost zerfressenen Frachtschiffen – eher trübe Aussichten, was Frank (auch im Hinblick auf die bevorstehenden Reparaturaufgaben) spöttisch kommentiert: „Ja, guckt Euch nur mal um! Das wird dann wohl unsere Heimat für die nächsten zwei bis drei Monate sein.“

Ein erster Erkundungsgang ins Städtchen zeigt uns schöne, im Kolonialstil erbaute Häuser, saubere Straßen und begrünte Plätze.

Die Suche nach Ersatzteilen führt uns in Läden, die mit ihren Holzregalen und Ordnungssystemen an „Tante-Emma-Läden“ aus dem letzten Jahrhundert erinnern: handgemalte Pappschilder, die in elfenbeinfarbenen, zum Teil abgestoßenen Regalen und Vitrinen auf deren Inhalt hinweisen.

Hinter der Theke swingen hoch gewachsene, schlanke, dunkelhäutige Angestellte in Capverdischer Gelassenheit zum Kunden hin und zurück ins Lager, um nach geraumer Zeit das Gewünschte auf die Theke zu legen (oder auch nicht).

In den Straßen sitzen Frauen, die Kiosk-Artikel, Gemüse oder Ziegenkäse anbieten.

Jugendliche versuchen, selbstgeknüpfte Armbänder an den „Mann“ zu bringen und haben bei Peter gleich Erfolg. Die maßgeknüpfte Capverdische Devise „No Stress“ ziert nun auch sein Handgelenk.

Im Touristenbüro vereinbaren wir für den Samstagabend eine geführte Tour „Mindelo by Night“ und freuen uns schon sehr auf die Musikszene, die immer am Wochenende, speziell am Samstag, ganz Mindelo in die Straßen lockt.

Aber es kommt mal wieder anders als gedacht. Ob unser junges, hübsches Touristenführerpaar glaubte, diesen “ Friflüs“ (Friedhofsflüchtlinge)einen Zug durch die Gemeinde nicht mehr zumuten zu können, oder hatten wir da generell etwas falsch verstanden?

Jedenfalls werden wir für 45€/Pers. in einem VW-Bus (mit Fahrer!)an vier Aussichtspunkte gebracht, die in rabenschwarzer Nacht einen grandiosen Ausblick auf die rabenschwarze Ankerbucht bieten und anschließend in einem Restaurant, das locker von vier Reisebussen gleichzeitig hätte aufgesucht werden können, zu Tisch gebeten. Na toll!

Nach dieser Erfahrung buchen wir keine „Zwei Tage-Zwei Inseln“-Tour, sondern erwandern Mindelo auf Schusters Rappen. Es gibt nicht nur hübsch angelegte Plätze und gut restaurierte Häuser aus der Kolonialzeit, es gibt auch die andere Seite. Jenseits des gepflegten Stadtteils haust ein Teil der Bevölkerung in Slums, die Arbeitslosenquote liegt offiziell bei 21%, die Dunkelziffer sagt eher 50%, bettelnde Kinder fallen uns nicht auf, aber alte Männer, die bei den Touristen gerne die Hand aufhalten.

Spricht man mit jungen Erwachsenen oder Studenten, so findet man sehr unterschiedliche Aussagen. Alle sind unisono der Meinung, dass die schulische und Universitätsausbildung sehr gut sei aber für die Absolventen keine geeigneten Stellen zur Verfügung stehen. So möchte der eine Teil der gut Ausgebildeten lieber heute als morgen ins Ausland, der patriotische Teil hofft indes auf eine gute Stelle in der Tourismusbranche, die auf einigen Inseln inzwischen zu boomen beginnt.

Drei Tage sollten ausreichen, um sich von den „Strapazen“ der ersten Etappe zu erholen. Es wartet ja wieder eine Menge Arbeit auf uns. Frank und Brigitte haben als Wichtigstes die Reparatur des Bugstrahlruders und das Finden einer Alternative für ihr Twisselrigg auf der Liste, wir den Wassermacher, den wir bisher ja nur als unnützen Ballast umher schippern. Dass das vorerst wohl auch so bleiben soll, müssen wir nach 4Tagen vergeblicher Schufterei frustriert feststellen.

Effektive Hilfe und Aufmunterung kommt in solchen Situationen immer von unseren Freund Frank, dem gallischen Konglomerat aus Obelix und Asterix. Rein äußerlich ein bisschen Obelix aber innerlich ganz und gar Asterix: listig, lösungsorientiert, schnell und effektiv. Immer einen, zur Situation passenden, flotten Spruch auf den Lippen, kümmert er sich rührend um seinen Idefix (Synonym: Peter)und ist sofort zur Stelle, wenn es heißt „Probleme lösen“. Wie einem Gourmet das Wasser im Munde zusammenläuft beim Anblick einer leckeren Speise, so löst ein technisches Problem eine solche Reaktion bei Frank aus. Und findet er nicht gleich die Lösung, dann aber meist im nächtlichen Traum. Vielleicht ist er gar ein verkappter Heinzelmann, der die Lösung produziert, während andere schlafen.

Unser Vertrauen in die Sicherheit am Ankerplatz wird am Sonntagabend stark erschüttert.

Brigitte hat sich hingelegt, weil ihre Gelenke schmerzen, Frank nimmt gerade im Vorschiff das Bugstrahlruder auseinander und die Obelix sieht von außen dunkel und unbewohnt aus. Plötzlich hören die beiden Stimmen und kurz darauf springt jemand aufs Boot. Frank stürzt ans Heck, erkennt einen hochgewachsenen, dunkelhäutigen, jungen Kerl und brüllt ihn an, sofort das Schiff zu verlassen. Der stammelt nur „Sorry, Sir“ taumelt rückwärts, fällt zwischen Heck und Beiboot fast ins Wasser und wird von seinen zu Hilfe eilenden Kameraden in ihr Taxi-Boot gezogen. Was war denn das?

Wollen wir das Ganze als harmlos betrachten, dann müssen wir Michael, unserem deutschen Nachbarn Glauben schenken, auf dessen Boot die potentiellen Diebe auch sprangen. Er erklärt uns, dass die Jungs sich lediglich im Boot geirrt hatten und eigentlich einen Norweger vom Schiff abholen wollten, dessen Dinghi im Hafen lag. Klingt ja alles plausibel aber ein kleines, ungutes Gefühl bleibt.

Für die letzten beiden Tage müssen wir in die Marina umziehen, da das leidige Thema Wasser diesen Schritt erforderlich macht. Bei dem starken Schwell ruckt und zerrt die PIA mit lautem Knarren und Quietschen an den Leinen, sodass wir kaum schlafen können und uns an den Ankerplatz zurücksehnen.

Brigitte und Frank gönnen sich noch eine ruhige Nacht am Ankerplatz und werden die Capverden erst am Samstag verlassen, uns zieht es am Freitag um 15.00h wieder auf den Atlantik.

Rückblickend wäre es sicherlich sehr schön gewesen, noch andere Inseln dieses Archipels kennengelernt zu haben, aber mit einer sechswöchigen Verschiebung unserer Abreise wäre es für die Karibik definitiv zu spät gewesen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.