20140410 Die unendliche Geschichte…

einer Schadensregulierung durch die Yachtversicherung

E S A

EuroShip GmbH
Oder: Ein Sack (voller) Ausreden

11.Dezember 2013, 9.30h

Die Pia liegt ordentlich vertäut und ahnungslos im Hafen von San Miguel auf Teneriffa.
Ein Gewitter mit starken Windböen zieht auf. Marineros gehen an Bord, um die Festmacherleinen zu straffen. In diesem Moment entlädt sich ein gleißender Blitz mit ohrenbetäubendem Donnerschlag.
Buchstäblich vom Donner gerührt aber G.s.D. nicht vom Blitz getroffen verlassen die beiden Männer das Schiff.
Das Gewitter zieht ab und die PIA liegt wieder ruhig und – rein äußerlich – unversehrt in der Mitte des Hafenbeckens.
Meteorologen zählen an diesem Morgen mehr als 1500 Blitze über dem Süden Teneriffas.

21. Dezember 2013, 23.30h
Peter und ich kehren nach einem dreiwöchigen „Heimaturlaub“ zurück auf die PIA, um gleich in der Nacht noch festzustellen, dass die Kühlgeräte nicht funktionieren.
Auch die gesamte Bordelektronik hat sich offensichtlich verabschiedet. Geschockt hören wir von unserem Yachtelektriker, dass die geschilderten Symptome möglicherweise auf einen Blitzschaden zurückzuführen seien. Die Marineros bestätigen uns das gewaltige Ereignis.

23.Dezember 2013
Wir melden den Schaden unserer Yacht- Versicherung, der ESA-EuroShip GmbH.
Weihnachten und der Jahreswechsel stehen vor der Tür, das bedeutet für die meisten Einrichtungen in Deutschland Weihnachtsferien. Wir sind erstaunt, dass der Schaden bei der ESA-Yachtversicherung dennoch aufgenommen wird und ein Gutachter bereits für den 4./5. Januar avisiert wird.
Der Gutachter ist ein freundlicher und besonnener Mensch, der aber – wie sich im Nachhinein herausstellt –eine falsche Ursache, nämlich einen Überspannungsschaden diagnostiziert und einige Geräte – wegen nicht mitgebrachter Testinstrumente und -software – nicht eindeutig überprüfen kann.

7. Januar 2014-04-09
Wir erhalten das Gutachten, das offen lässt, welches Gerät zerstört ist und ersetzt werden muss, welches eventuell repariert werden könnte und welches möglicherweise noch funktioniert.
Wir fordern die Fa. Lexatronik (die die gesamte Elektrik auf der PIA erneuerte) auf, auf der Basis dieses Gutachtens ein Reparaturangebot zu machen.
Natürlich kann die Firma keine Ferndiagnose liefern, bietet aber an, mitsamt aller tätsächlich und möglicherweise defekten Geräte anzureisen, um eventuell das Austauschgerät für ein nicht defektes Teil original verpackt und kostenneutral wieder mit zurück zu nehmen.
Die Höhe des Kostenvoranschlages lässt die ESA-Yacht-Versicherung in Schweige-Exerzitien verfallen.
Unsere Geduld wird auf eine harte Probe gestellt, denn wir wollen ja immer noch über den Atlantik.
Peter ergreift die Initiative und telefoniert mehrfach und lange mit dem Sachbearbeiter, um von ihm eine Reparatur-Freigabe zu erwirken. Dabei kommen dann von Seiten der ESA erste Ausreden:

1. „Es wurde ja festgestellt, dass der Schaden nicht durch einen
direkten Blitzeinschlag, sondern durch eine Überspannung
hervorgerufen wurde und dieses Risiko ist bei uns nicht
versichert“.

2. „Und überhaupt: Wie können Sie Ihr Schiff drei Wochen – ohne
Aufsicht – lassen?“

3. „Ja, wenn man so weit weg fährt, dann muss man schon damit
rechnen, dass man Frachtkosten für Geräte und Reisekosten
der Yachtelektriker selber zahlen muss…“

4. „Und im Übrigen erwägen wir, Ihnen grobe Fahrlässigkeit
vorzuwerfen, da Ihre Yacht keinen Blitzschutz hat…“

Wir fühlen uns total überrumpelt von so vielen, ungerechtfertigten Vorwürfen und nehmen uns das „Kleingedruckte“ des Versicherungsvertrages noch einmal vor.

Zu den Vier geäußerten Vorwürfen finden wir Folgendes:

1. Es wird nicht differenziert zwischen „Blitzeinschlag“ und
„Überspannung“. Das versicherte Risiko ist: Blitzschlag

2. Es gibt keine Vorschrift, die besagt, dass man ein Schiff,
dass sicher vertäut im Hafen liegt und unter der Aufsicht
von Marineros ist, nicht für einen längeren Zeitraum
unbewohnt lassen kann…

3. Die ESA hat ihre Beitragszahlungen (wie jede andere
Yachtversicherung auch) gestaffelt, d.h. der Beitrag steigt,
je weiter das Fahrgebiet der Yacht vom Versicherungsort
entfernt ist… Als ordentliche Versicherungsnehmer haben wir
das entsprechende Fahrgebiet versichert.

4 . An keiner Stelle gibt es Auflagen für einen Blitzschutz, den –
im Übrigen – fast keine Yacht hat.

Nebenbei stoßen wir auf eine weitere,unscheinbare, leicht zu überlesende Vertragsklausel, die besagt (NEUKUNDEN AUFGEPASST!!!!), dass das Rigg nur bis zu einem Alter von 4Jahren (neu für alt) versichert ist. Was für ein Glück, dass unserem Rigg nichts passiert ist!!!
Das deprimierende Fazit aber ist: Die ESA will nicht zahlen und sucht nach Ausreden.

19. Januar 2014
In San Miguel, zwischen Golfplätzen und Hotelburgen, fernab von guten Versorgungsmöglichkeiten, (d.h. jeden 2. Tag in den 5km entfernten Supermarkt radeln, um – zur Kühlung der Lebensmittel – auf dem wackeligen Klappfahrrad teures Cocktaileis herbei zu karren) fällt uns die Decke auf den Kopf. Am 19. Januar, vier Wochen nach der Schadensmeldung segeln wir – ohne elektronische Hilfsmittel und handgesteuert – nach Gran Canaria. Der Yachthafen von Las Palmas sowie die Stadt bieten alles, was das Herz begehrt, uns aber nicht zu begeistern vermag, da eine Schadensregulierung in unerreichbare Ferne gerückt zu sein scheint.
Dann kommen Matthias und Regina an. Matthias, seines Zeichens Schiffsbetriebsingenieur mit C6 Patent hat bereits von unserem Schadensfall gehört. Gemeinsam mit Peter überprüft er das Gutachten mit der Erkenntnis, dass die Aussagen in weiten Teilen falsch sind. Die Basis des Gutachtens erweist sich als nichtig, da der Schaden nicht – wie behauptet – durch Überspannung, sondern durch einen direkten Blitzeinschlag verursacht wurde. Die UKW-Antenne im Mast-Top ist pinselförmig aufgeplatzt.

Mit detektivischem Spürsinn verfolgen die beiden den Pfad der Zerstörung und müssen erkennen, dass der Blitz auf seinem Weg durchs Schiff saubere Arbeit geleistet hat: Von Antenne bis Log (der Austrittsstelle) keine groben, äußeren Spuren der Verwüstung, aber ein innerer Rundumschlag.

24.Januar 2014
Alle überprüften Geräte und Positionen (156) werden mit dem Vermerk „defekt“ oder „ok“ (nur 6 Positionen lassen sich nicht überprüfen) minutiös in eine Liste eingetragen, mit Fotos hinterlegt und sowohl der ESA, als auch dem Gutachter zugesandt.

19. – 26. Januar 2014
Bootsmesse Düsseldorf
Der Gutachter versucht, bei namhaften Herstellern von Yachtelektronik die Preise der auf der PIA zerstörten Geräte zu erfahren, um der ESA-Yachtversicherung mitteilen zu können, dass die Gerätepreise wohl gerechtfertigt seien, der Arbeitsaufwand zum Einbau jedoch auf ein 10tel der veranschlagten Arbeitsstunden reduziert werden könne.

29.Januar 2014
Das Telefon klingelt. Es meldet sich ein Kundenberater der ESA-Yachtversicherung aus Mallorca, seines Zeichens auch Leiter einer dortigen Party-Band, der von der ESA beauftragt wurde, sich als Vermittler in unserem Schadensfall einzuschalten. Seine vornehmliche Qualifikation besteht wohl darin, Spanisch zu sprechen. Mit Eloquenz versucht er, uns davon zu überzeugen, dass es etliche, fachlich kompetente, ortsansässige Unternehmen gäbe, die den Schaden ebenso gut, allerdings deutlich kostengünstiger reparieren könnten.

2 Tage später steht ein von ihm geschickter, spanischer Fachmann in unserem Schiff, der einmal das Schaltpaneel öffnet, um mit Anerkennung die Top-Verkabelung (an der auf Anhieb keine Schäden zu erkennen sind) zu betrachten, das Tableau mit den Anzeigegeräten löst, um auch dort nichts zu finden und dann achselzuckend das Schiff verlässt.
Bis heute haben wir kein Angebot zur Reparatur des Schadens erhalten.

3. Februar 2014
Der Sachbearbeiter der ESA-Yachtversicherung erhält den detaillierten Bericht aller, durch Matthias Rössler (Schiffsbetriebsingenieur) durchgeführten Prüfungen und Messungen mit einer ausführlichen Stellungnahme zu den vom Gutachter aufgeführten Punkten und der Widerlegung der von Letzterem angegebenen Schadensursache. Die ESA jedoch hüllt sich weiterhin in Schweigen.
Auch telefonisch ist niemand mehr zu erreichen.
Total frustriert, da wir den Glauben an die Regulierungswilligkeit der Versicherung verloren haben beauftragen wir einen Rechtsanwalt.

10. Februar 2014
Der Rechtsanwalt erhält eine Stellungnahme der Versicherung, in der sie – ausgehend vom Bericht des Gutachters – behauptet, dass der Schaden
1. durch Überspannung hervorgerufen worden sei,
2. sie aber ausschließlich Schäden eines direkten Blitzeischlages reguliere (unsere detaillierten, fachlich fundierten Ausführungen werden komplett ignoriert)
3. und dass sie dem Eigner Fahrlässigkeit unterstelle…

Aus genannten Gründen sei sie bereit, eine Regulierung ohne Präjudiz vorzunehmen, indem sie 1/3 der von der Firma Lexatronic veranschlagten Reparaturkosten zahlen wolle.
Damit können wir uns nicht einverstanden erklären, da wir nicht fahrlässig handelten, der Schaden auf einen direkten Blitzeinschlag zurückzuführen ist und alleine die zu ersetzenden Geräte bereits 2/3 der Schadenssumme ausmachen.

14.- 21. Februar 2014
Nach zähen Verhandlungen glauben wir, einen kleinen Schritt in Richtung Regulierungswilligkeit erkennen zu können, da die ESA unserem Rechtsanwalt mitteilt, 2/3 des Kostenvoranschlages übernehmen zu wollen. Wir fliegen nach Hause.

März-April 2014
Als unser Anwalt – Anfang März – das persönliche Gespräch mit dem Sachbearbeiter der ESA-Yachtversicherung sucht, wird ihm mitgeteilt, dass dieser z.Zt. in Urlaub sei. Beim 2. Versuch, mit ihm zu verhandeln ist er krank. Sein Vertreter, der sich (nach 14 Tagen erfolgloser Kommunikationsversuche) mit dem Fall befassen soll, hat offensichtlich nicht die Nerven dazu und beauftragt kurzerhand einen Rechtsanwalt.

Das bisherige Ende vom Lied ist sein Anfang.
Der Rechtsanwalt – um keine Ausrede verlegen – vertröstet uns weitere 3 Wochen. In einem ersten Schreiben zweifelt er alles an, geht von grober Fahrlässigkeit aus und zitiert seitenweise aus „Seemannschaft – Handbuch für den Yachtsport“.
Demzufolge würden mindestens 98% aller Skipper grob fahrlässig handeln, denn keine Serienyacht – und schon gar nicht ein Catamaran – hat einen Blitzschutz.
Untermauert wird unsere Auffassung durch einen Artikel im „Palstek“, Ausgabe 2/14, S.94 „Blitzschutz in der Praxis“.
Inzwischen schreiben wir den 10. April. Und sind wir einer Schadensregulierung um ein Jota näher gekommen???

DIE ESA SETZT AUF ZEIT

E S A
endlose skandalöse Ausreden
systematische
seichte
schräge….

…vielleicht entspringen der Fantasie des geneigten Lesers
treffendere Synonyme…
…Er möge die Liste erweitern!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.