Die Algarve ist erreicht…

Vor 12 Tagen bereits haben wir Sines verlassen.

Es ist Montag, der 22.04.2013
Sines gefällt uns nicht, für die nächsten Tage ist Starkwind aus S/SO angesagt und wir benötigen Wind aus nördlichen Richtungen, um unsere Passatsegel testen zu können. Gründe genug, uns heute auf den Weg an die Algarve zu machen. Angeschlagen hatten wir die Segel bereits gestern, d.h. wir haben zwei identische Vorsegel in die beiden Nuten der Rollfock-Anlage eingeführt, um sie – bei einem Kurs vor dem Wind – wie ausgebreitete Schmetterlingsflügel fahren zu können.
Um 7.45h gehen wir Anker auf, setzen das Zwillingssegel und werden gut voran gezogen


Die Passsatsegel, die uns über den Atlantik ziehen sollen

Dennoch soll es kein angenehmer Segeltag werden, da die See stark bewegt ist und der Wind mal stärker, mal weniger stark aus N/NW kommt und wir dadurch immer wieder den Kurs korrigieren müssen, um nicht an die Küste versetzt zu werden. Und Kurs korrigieren bedeutet in dem Fall, anluven, Stb.-Segel nach bb. holen um dann – flink wie ein Wiesel – die beiden – selbst beim kleinsten, falsch einfallenden Windhauch blitzartig voneinander rutschenden – Schothörner miteinander zu verbinden. Das ist Peters schwierige Aufgabe, die ihm – lautstark fluchend – nicht immer beim ersten Mal gelingt, während ich am Steuerrad versuche, das zickig zuckende Wegrutschen des aufliegenden Segels so gering wie möglich zu halten. Dennoch führt es zweimal zum Ausrauschen des 2. Vorsegels mit ohrenbetäubendem Segelknattern und Schotenschlagen, das – ganz praktisch und diskret – die gegenseitigen Schuldzuweisungen ungehört verschlingt.
Die Erkenntnisse des Tages:
1.Übung macht den Meister (von dem wir wohl noch ein Stückchen entfernt sind ;)…
2. Zwei Bäume, zum Ausbaumen der Passatsegel sind evtl. nicht erforderlich, da die Segel – durch Peters pfiffige Sonderkonstruktion – recht gut stehen. Der nach vorne versetzte Holepunkt der Fock hält das Schothorn unten, das zusätzliche Anbringen der außen geführten Spi-Schoten zieht die Segel nach außen…


Cabo Sao Vincente…


…bei der Umrundung: wind und wellenschief

Nach genau 12 Stunden legen wir am Willkommenssteg in Lagos – vor der Fußgängerbrücke an und müssen bis zum nächsten Morgen auf das Öffnen der Brücke warten, bis wir in den Hafen verholen können.
Lagos zeigt uns drei Tage seine sommerlich warme Sonnenseite.


Joggen am weißen, feinsandigen Strand,


Fahrrad-SCHIEBE-Touren auf schmalen Pfaden an der felsigen Küste entlang,

Schlendern durch die Altstadtgassen,


Apero in einem der vielen Bistrots, draußen, unter Sonnenschirmen, umgeben vom herrlichen Duft fliederähnlicher Bäume… da könnte sich selbst ein eingefleischter Griesgram dem Urlaubsfeeling nicht entziehen.

Mit einer kleinen Beiboot-Tour durch die Grotten wollen wir den überholten Außenborder testen.

Es ist herrlich! Wasser, das changiert von Blau über Türkis zu Grün, rote, schroffe Felsen, Durchfahrten, in die durch Schornstein-ähnliche Schächte Licht auf die Wasseroberfläche fällt und sie spotförmig leuchten lässt…


Wir ziehen unser Beiboot an einen kleinen Strand…

und können uns noch kurze Zeit sonnen, bis der Schatten die Gänsehaut hervorzaubert, die für die nächsten 1 ½ Std. das Hautbild bestimmen soll. Denn: kaum aus dem Schutz der Strand-begrenzenden Felsen heraus, weht uns ein kalter Wind entgegen, der uns außerdem das nun ablaufende Wasser entgegen bläst und unser Beiboot über die vielen kleinen Wellen klatschen lässt. Nasse Haare, nasse Haut, Gänsehaut, etwa 15°C Außentemperatur, durch den Windchill-Factor gefühltes sonniges Sibirien! Dann… im langen Anfahrtskanal zum Hafen streikt der Außenborder. Peter versucht immer wieder, ihn zu starten. Nichts geht. Meine hektischen, ausholenden Versuche, das Boot – paddelnd – in Richtung Hafen zu bewegen, verursachen den Beinahe-Verlust von Peters rechtem Auge, können aber das Abgetrieben-Werden mitnichten verhindern. Wir können uns irgendwie an den Festungssockel des kleinen Forts manövrieren, wo Peter den Außenborder – eine „atemberaubende“, blaue, stinkende Abgaswolke erzeugend – wieder zum Laufen bringt. Peter, auf der Kante sitzend, mit einer Hand Benzin pumpend, rast mit Vollgas Richtung Schiff, während ich – zur Beschwerung des Bugs – unter den pitschnassen Handtüchern, hinter den Gummiwülsten kauernd, ordentlich durchgerüttelt werde.
Aber die Gewalttour hatte Erfolg. Der Außenborder konnte wohl alles, was ihm nicht passte, ausspucken und wir sind – Dank einer heißen Dusche – ohne Erkältung davon gekommen.

Pünktlich zu unserem Hochzeitstag setzt ein kräftiger kalter Nordwind ein, der die Sonne zwar nicht vertreiben kann, uns aber mächtig frieren lässt. Bei der Suche nach einem guten Restaurant für unser „Hochzeitsmenü“ stoßen wir auf ein kleines Romantik-Hotel ganz in unserer Nähe und quartieren uns dort kurzerhand ein. Ein äußerst leckeres Degustationsmenü, ein sehr geschmackvoll gestaltetes Zimmer und die berauschende Sicht auf den Atlantik werden uns unseren 34. Hochzeitstag wohl in schöner Erinnerung behalten lassen.

Beim Frühstücksbuffet hören wir heimatlich gefärbte Sprachklänge. Ein Heilbronner Ehepaar, das seit 20 Jahren zum Golfen hierher kommt, schwärmt vom Hinterland der Algarve. Als Fritz hört, dass wir mit einem Katamaran unterwegs sind, macht sein Herz einen kleinen Purzelbaum. Sie kommen am nächsten Tag „auf einen Kaffee“ zu uns und laden uns ein, am Dienstag mit ihnen eine Autotour ins Landesinnere zu machen.
Wir besuchen die Quinta de Barragem,


Rosi und Fritz mit uns…

einen wunderschönen Landsitz ihrer Freunde, schlängeln uns über schmale Straßen hoch ins Monchique-Gebirge (1200m!), genießen grandiose Ausblicke, die sich – wegen der fehlenden Sonne – dem Betrachter wohl nicht erschließen. Durch den langen, für Portugal auch sehr kalten, regenreichen Winter konnte die Natur, in dieser Höhe noch nicht ihr Frühlingskleid anlegen. Je mehr wir uns der wilden Westküste nähern, um so mehr lässt sich erahnen, welch prächtige Farbenteppiche sich wahrscheinlich in den nächsten Tagen auftun werden.
Klatschmohnrot, Löwenmäulchen-lila, Ginstergelb, Margueriten-gelb und –weiß, weiße Cistusrosen-Büsche und dazwischen üppig treibendes Frühlingsgrün…
Die wilde Westküste mit ihren, nicht sonderlich hohen aber steil abgebrochenen Felsen aus vielfarbigem Gestein lockt Wellensurfer aus ganz Europa an. Wir stehen und staunen über die ca. 60 Wellenreiter, von denen es nur wenigen gelingt, eine Welle abzureiten.

Abends treffen wir uns zur Übertragung des Fußballspieles Barcelona gegen Dortmund in einer Hafenkneipe und müssen anschließend von Carola und Werner, mit denen wir recht lustige Abende hier verbrachten, Abschied nehmen. Sie werden morgen in aller Frühe in Richtung Heimat (Norderney) aufbrechen.
Heute sitzen wir mit Anneli und Lars, einem schwedischen Ehepaar, das die Wintermonate hier verbringt, im Cockpit. Wir halten uns die Bäuche vor Lachen, als Lars von seinen skurrilen Erfahrungen mit der portugiesischen Straßenpolizei erzählt. Am Samstag werden sie uns mitnehmen nach Portimao, damit wir die dorthin bestellten Ersatzteile abholen können.
Für den Donnerstag haben wir eine kleine Segeltour mit Rosi und Fritz, unseren Heilbronner Portugal-Führern geplant.

Es wird ein herrlich sonniger Tag mit perfektem Wind und viel guter Laune.
Manchmal finde ich es sehr erstaunlich, dass eine ganze Woche (oder mehr!!!) – an einem Liegeplatz – vergehen kann, ohne Langeweile aufkommen zu lassen.
In Momenten des genaueren Betrachtens erkennt man jedoch, dass es die Begegnung mit so vielen Menschen und Geschichten ist, die die Zeit im Flug verrinnen lässt.

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