Ostern zwischen den Wassern

Meerwasser von unten, mehr als genug Wasser von oben…
Wasser in Gestalt von Niesel-, Schauer-, Schnürl-, Trommel- oder Platzregen wird – gepaart mit Windböen – zum Regenschirm-Töter. Regenschirme sind obsolet. Man findet sie mit ausgerissenen oder gebrochenen, jämmerlich abstehenden Gräten in den Abfalleimern am Straßenrand.
Einigermaßen glücklich dürfen sich Regenjackenträger schätzen, die mit (nur!) triefnassen Hosen, Socken und Schuhen davon kommen.

In dieses Szenario schwebt die Swiss-Air ein, um Philipp und Lena am Mittwochmorgen, pünktlich um 8.05h, in Lissabon abzusetzen.

Als ob die Beiden langsam auf die kommenden Wasserspiele vorbereitet werden sollen, üben sich die dunklen Regenwolken noch ein wenig in Zurückhaltung. So können wir – nach dem ausgedehnten Frühstück – noch einen Ausflug machen zum Cabo da Roca, dem westlichsten Punkt Europas…

und dem Palacio da Pena, einem ursprünglichen Hieronymiten-Kloster, dessen Ruine im 19. Jhdt. – im bunten Stil- und Farbenmix – zu einem, mit etlichem Komfort ausgestatteten Lustschloss umgebaut wurde.


Fürstliches Badezimmer…

Für gelungene Fotos hätte es allerdings einer Prise Fluors bedurft, um die Farbenpracht des Schlosses unter dem himmlischen Einheitsgrau zum Leuchten zu bringen.
Geplant war, mit Philipp und Lena nach Setubal zu segeln, bzw. sie sogar dort an Bord zu nehmen. Aber bereits zum Wochenbeginn wird klar, dass keine der beiden Varianten umgesetzt werden kann. Der Wetterbericht sagt, dass lediglich am Donnerstag und am Samstag die Möglichkeit bestehe, bei einigermaßen erträglichen Bedingungen, ein Stück zu segeln. Also legen wir am Donnerstagmittag ab in Richtung Lissabon, bei gutem Wind und einem – durch das leuchtende Orange des Parasailors – aufgehübschten Blick in den steingrauen Himmel.


„Wir“ unter der „Brücke des 25. April“, über dem Tejo

Gegen Abend erreichen wir die Marina „Parque de Nacoes“ in Lissabons modernem, ehemaligen Expo-Viertel und gönnen uns – wie bereits 14 Tage vorher mit unseren Freunden – einen Apero auf der Terrasse des MYRIAD (diesmal allerdings vom Wind zerzaust und ein wenig fröstelnd).

Lissabon am Karfreitag in Dunkelgrau…
Da wir alle die Highlights Lissabons bereits gesehen haben, beschließen wir, in das nahe gelegene Ozeanarium zu gehen, um den Atlantik und seine Fauna – hinter Glas und aus dem „Trockenen „ heraus – betrachten zu können.


Lena unter Sonnen-gelbem Regen-Schirm


Das Beton-Segel-Dach des Alvaro Siza Vieira

Leider hatten, außer uns, noch etwa 1000 andere Personen die gleiche Idee. Wir bemühen uns erst gar nicht, das Ende der Schlange hinter der riesigen Menschentraube zu finden und machen uns auf zum Wassertreten in Lissabon, was bedeutet: von Pfütze zu Pfütze springen, schnell wieder ins Trockene huschen, um ein wenig Feuchtigkeit abzudampfen, Pfütze – Ausstellung, Pfütze – Café, Pfütze – Kulturhaus etc. Tropfnass geht’s abends per Taxi zurück auf die Pia.
Die abendliche Illumination des „Schlossplatzes“ von Lissabon schauen wir uns nur kurz an, um uns von dort in ein Fado-Lokal bringen zu lassen, in dem ein Sänger und zwei Damen ihre Kunst zu Gehör bringen, während das Publikum speist.

Samstagmorgen
Himmelsblau statt Einheitsgrau. Gut gelaunt stehen wir auf, frühstücken und machen uns langsam segelfertig. Gegen Wind und Strom wollen wir zurück nach Cascais.

Lena und ich betreiben Körperertüchtigung an der Winsch,
Philipp und Peter erweisen sich als perfektes Team bei den vielen Wenden.

Leider hat der Fisch, den wir für abends eingeplant hatten, den Braten gerochen. Er taucht ab und Lena schaut – nach so viel vergeblicher Mühe – enttäuscht auf den immer noch „unbeschwert“ hüpfenden Angelhaken.

Auch die Schönwetterbühne wird am frühen Nachmittag wieder geschlossen: Himmelsblau weicht Einheitsgrau. Mit Kreuzen kommen wir nicht mehr voran, die Motoren werden eingeschaltet und es geht – nicht ausgesprochen magenfreundlich – nach Cascais zurück.

Ostersonntag
Die Züricher Osterhasen waren da!


Man beachte die „Löffel“

Allerfeinste Schokoladeneier, -hasen und ein zartes Lämmchen schmücken den Frühstückstisch. Aber nicht wie in früheren Jahren suchen die Kinder nach versteckten Ostereiern, nein, es sind diesmal die – in derlei Aktivitäten ausgesprochen ungeübten und ziemlich blinden – Eltern, die sich über die „Fundstücke“ riesig freuen.
Der Ostersonntag war als schlimmster Regentag angesagt und hält Wort. Daher haben wir heute ein Auto gemietet, um zu dem mehrfach empfohlenen „Rothenburg ob der Tauber“ von Portugal zu gelangen. Durch regennasse Fensterscheiben betrachten wir die Landschaft der „Estremadura“, die, wenn man ihren Namen wörtlich nimmt, extrem hart und trocken sein soll. Es scheint zu stimmen, denn Weinberge, Olivenhaine und Felder sind – weil das Wasser wohl nicht versickern kann – weiträumig von den Regenmassen überflutet.

Obidos wäre bei Sonnenschein betrachtet wohl ein sehr hübsch anzuschauendes Städtchen, hoch über der Ebene, mit einem vollständig erhaltenen Stadtkern aus der Zeit der Renaissance, einer 13m hohen, komplett umlaufenden Stadtmauer, von der man normalerweise herrliche Ausblicke in die umliegende Hügellandschaft und über die roten, alten Ziegeldächer hat.

Wir werden heute von Wind und Regenschauern, die durch die Zinnen der Stadtmauer pfeifen, fast hinunter geweht.


…angestrengte Versuche, ein wenig „Frühlingsgrün“ einzufangen…


…das Resultat…

Der Rückweg zum Auto gestaltet sich auch hier als ein Regenschutz-suchendes Hopp-on – Hopp-off von Café zu Souvenirladen, um letztendlich doch pitschnass und dampfend die Rückfahrt antreten zu müssen.
Der gewaltige Klosterpalast Mafra, ist bereits geschlossen, als wir dort ankommen.

Aber weder die Besichtigung dieses Denkmals der Prunksucht von Königshaus und Klerus, noch die des Palacio National von Sintra, hätten – unter den besagten Wetterbedingungen – Begeisterungsstürme hervor rufen können.
Nach dem Abendessen in den historischen Mauern der – zur Pousada umgebauten – Zitadelle können wir nicht gleich in die Betten fallen, da die Regenwasser-getränkten Schuhe noch mit Zeitungspapier ausgestopft werden sollten und der Salon zur Trockenkammer umfunktioniert werden muss.
Mit dem Ostermontag ist der Abreisetag gekommen. Um 10.30h bringen wir Philipp und Lena zum Flughafen. Ein wenig traurig winken wir ihnen hinterher und lassen in Gedanken die letzten Tage Revue passieren…Die Beiden gehören – unumstößlich – zur Gattung der Unverdrießlichen; so sehr sich die Sonne auch verstecken mochte, in Gestalt der Beiden weckte sie alle Lebensgeister und ließ die Tage zu einem herzerfrischenden Miteinander werden.

3 Antworten auf „Ostern zwischen den Wassern“

  1. Liebe Dorothee, du hast den blog so lebendig und sonnig
    geschildert, dass du mit deinem Erzählstil
    die oftmals trüben Wetterverhältnisse
    einfach weggeschrieben hast. Mach weiter so,
    wir freuen uns immer sehr von Euch zu lesen
    und die Bilder zu sehen.
    Liebe Grüße
    Diebri

  2. Ostergrüße aus Friedrichsfeld Liebe Familie Jung,
    wir wünschen einen wunderbaren Frühlingsbeginn mit Sonnenschein und warmen Temperaturen. Den portu-gieß-ischen Regen habe wir jetzt nachdem wir an Ostern knapp den Eiersuchen im Schnee entgangen sind!
    Herzliche Grüße und viel Geduld mit Petrus (der ja zum Glück katholisch ist) wünschen die
    Mayer-Jäcks

  3. Petrus der Fels… Petrus der Wettergott…
    …ja, die Reformfreude der Katholiken ließ schon immer ein wenig zu wünschen übrig…

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