20120926 6.Blogeintrag

Sonntag,der 23.09.2012
Acht Tage liegt die Abfahrt von Roskoff bereits hinter uns und wir warten immer noch auf günstiges Wetter für eine Biscaya-Überquerung. Günstige Ausgangshäfen wären Brest oder Camaret sur Mer. Wir entscheiden uns für Letzteren und legen am Samstag ab. Kaum haben wir uns durch den schmalen Kanal zwischen der Ile de Batz und Roscoff durchgeschlängelt, bekommen wir erstmals zu spüren, was man gemeinhin als Atlantikdünung bezeichnet. Das Tief der letzten Tage hat den Atlantik stark bewegt. Bei schwachem Wind trifft die Dünung in einem Winkel von 45° auf den Steuerbord-Bug… der hebt sich, der linke Rumpf schiebt nach, gefühlte Hanglage nach links, für den Bruchteil einer Sekunde annähernde Horizontale, dann gleitet der rechte Rumpf ins Wellental, der linke hinterher… Ohne Wind ist’s ein ziemliches Herumeiern und so mancher überlegt, ob er das Frühstücksei den Fischen opfern soll.
Über L’Aber Wrac’h, dem Hafenörtchen von Plouguerneau, geht’s weiter nach Camaret sur Mer. Der Sportboothafen vermittelt den Eindruck der Nebensaison; auch der Hafenmeister hat offensichtlich seinen gesamten Wörtervorrat in der Hauptsaison verbraucht und verweist uns – maulfaul – ans Hafenbüro. Das Örtchen wirkt fad und ausgestorben. Der erste Eindruck: na ja…


Mittags läuft die „Shahbanou“ ein, die wir bereits in Roscoff gesehen hatten. Wir lernen Hans und Danielle kennen, Schweizer in unserem Alter, die seit 5 Monaten unterwegs sind und insgesamt zwei Jahre Richtung Süden segeln wollen. Es ist Sympathie auf den ersten Blick und wir verbringen schöne Stunden miteinander.
Immer wieder schauen wir uns den Wetterbericht an, der keine günstigen Prognosen bietet. Peter lässt sich eine Törnberatung geben, die wir allerdings – aufgrund der fehlenden Internetverbindung – erst am nächsten Tag um 16.00h erhalten. Sie empfiehlt, um 18.00h abzulegen, da das Wetter am Freitag umschlagen soll und ab dem Wochenende, durch die Ausläufer des Hurrican Nadine, um La Coruna herum, mit starken Stürmen zu rechnen sei. Wir können uns einfach nicht so schnell auf diese neue Situation einstellen und beschließen, noch ein wenig an der bretonischen Küste zu bleiben, um auf eine nächste, günstige Gelegenheit zu warten.
Der nächste Tag bringt zwei Premieren: Peter steigt in den Tauchanzug, um die Gummifaden-Algen, die sich in der Schraube verfangen haben, zu lösen und ich werde von ihm in den Mast gezogen, um alle Schrauben und Nieten zu kontrollieren.

Nach einem geselligen Abendessen mit Hans und Danielle geht’s am nächsten Morgen zur Île de Sein. Herrliches Segeln – trotz trüben Himmels – und dann plötzlich Peters Ruf: “Delphine“!!!… Etwa 20 Tiere umspielen die beiden Rümpfe! Es macht Spaß, diesen flinken, geschmeidig und ungeheuer schnell durch das Wasser gleitenden Gesellen zuzusehen. Als wir nachmittags in der Île de Sein einlaufen ist Niedrigwasser und wir trauen uns nicht, unser Schiff in die hinterste Felsenecke dieses (zum Atlantik hin offenen) Minihafenbeckens zu manövrieren. Aber das Festmachen an einem großen, hohen Lastkahn erweist sich auch als fatal, da wir nach der Rückkehr von einem kurzen Inselrundgang erkennen müssen, dass es durch die heftige Dünung immer wieder zu starken Ruckbelastungen an den Festmachern gekommen ist und diese an manchen Stellen regelrecht geschmolzen sind. Mit einem etwas mulmigen Gefühl im Bauch legen wir ab, um an einer Stahltonne, die etwa 0,5sm von der Insel entfernt im Wasser treibt, festzumachen. Die herausgefischten Trossen, die durch den glitschig -hellgrünen Algenmantel doppelt so dick aussehen, halten uns aber gut und die Pia wird von der Dünung sanft gewiegt. Lange nach dem schönen Sonnenuntergang wundert Peter sich über den großen, hellen Stern, der plötzlich neben dem Seitenfenster auftaucht. Vom Cockpit aus entpuppt er sich aber als das Topplicht eines kleinen Seglers, der geradewegs auf uns zuhält. Ein hagerer – unter dem Licht seiner Stirnlampe ein wenig gespenstisch wirkender – Franzose fragt, ob er längsseits gehen dürfe, da sein Anker schlecht sei. Wir binden ihn am Heck an und verbringen eine ruhige Nacht. Als wir am nächsten Morgen um 8.00h ablegen, sitzt er bereits auf der Schiffskante und angelt. Er bedankt sich überschwänglich und unsere Wege trennen sich wieder.
Heute haben wir ein straffes Segelprogramm vor uns, das uns 60sm weiter nach Lorient bringen soll. Der Wind verheißt Gutes und wir rauschen mit 10-11kn dem Sonnenaufgang entgegen. So macht Segeln enorm Spaß. Nach 90min. ist der Spaß zu Ende. Der Wind wird ein wenig schwächer, dreht stattdessen auf die Nase und wir bekommen immer kräftiger werdenden Regen. Abends um 19.00h, auf der Höhe der Einfahrt nach Lorient entscheiden wir uns blitzartig, die gegenüber liegende Insel Île de Groix anzulaufen. ….und das ist gut so. Am nächsten Morgen zeigt sich ein wunderschönes Inselchen mit einer herrlichen Felsenküste, wunderschönen Stränden, vielen kleinen Ateliers, gemütlichen Restaurants… aber – wie so häufig in den letzten Tagen – ohne Sonne. Nachmittags geht’s weiter nach Lorient, wo wir unser Schiff für 14 Tage verlassen werden, um zu Hause nach dem Rechten zu sehen, aber auch in der Hoffnung auf einen goldenen Oktober, der das Erreichen der spanischen Küste noch möglich werden lässt.

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